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# taz.de -- Kommentar Rücktritt von Niersbach: Lügen, zurücktreten, schwadro…
> Mit dem Rücktritt von DFB-Präsident Niersbach ist noch nichts gewonnen.
> Was nottut, sind klare Antworten zur Sommermärchen-Lüge.
Bild: Nach allen anderen hat auch Niersbach jetzt kein Amt mehr zu verlieren
Es ist wie so häufig, wenn ein Sportoberhaupt infolge eines Skandals sich
widerwillig von seinem heiß geliebten Amt löst. Seit Montagabend wird in
etlichen wohlfeilen Kommentaren von der Chance auf einen Neuanfang beim
Deutschen Fußball-Bund schwadroniert.
Dabei ist mit dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach nicht irgendetwas
abgeschlossen worden. Im Gegenteil: Mit der Aufarbeitung der dubiosen
Geldflüsse im Zusammenhang mit der WM 2006 in Deutschland stehen die
Ermittler erst am Anfang ihrer Arbeit. Zudem erhärtet sich der Verdacht,
dass obendrein im Vorfeld der WM-Bewerbung doch Fifa-Funktionäre bestochen
wurden.
Mit seinem Rücktritt hat Niersbach mit Beckenbauer, mit dem pensionierten
DFB-Funktionär Horst R. Schmidt und mit seinem Vorgänger Theo Zwanziger
gleichgezogen. Auch er hat jetzt kein Amt mehr zu verlieren.
Die kecken Aufklärungsankündigungen des scheidenden Präsidenten erwiesen
sich auch an seinem letzten Arbeitstag als reine Luftnummer.
Zuversichtlich, so der 64-Jährige, sei er, den Kollegen im Präsidium und
den Präsidenten der Landesverbände alle Fragen beantworten zu können.
Antworten, die auch von der Öffentlichkeit erwartet würden.
Bis heute hat Niersbach allerdings keine Antwort darauf gegeben, weshalb
die Anweisung, unter falscher Zweckangabe 6,7 Millionen Euro an die Fifa zu
transferieren, offenbar seine Handschrift trägt. Der Spiegel legte das
Papier von 2005 am Wochenende vor, das im Widerspruch zu seiner Aussage
steht, erst im Sommer von diesem Vorgang erfahren zu haben. Niersbach
wollte und konnte offenbar den schweren Vorwurf der Lüge nicht entkräften.
## Das Bild des nützlichen Idioten
Dass er seine Rücktrittserklärung ausdrücklich nicht als persönliches
Schuldeingeständnis verstanden wissen möchte, ist Ausdruck einer
Schizophrenie, die im Sportuniversum weit verbreitet ist. In einer Welt von
Lug und Trug kann man niemanden betrügen. Davon war schon der Radprofi Jan
Ullrich felsenfest überzeugt.
Zuletzt zeichnete das Umfeld von Niersbach und er selbst von sich das Bild
des nützlichen Idioten. Er, der aufstrebende DFB-Funktionär, war da in
etwas mit hineingezogen worden, das viel größer als er selbst war. Obwohl
die Staatsanwaltschaft mittlerweile gegen ihn persönlich ermittelt, hat
Niersbach die Traute, sich als selbstloses Unschuldslamm zu inszenieren,
das mit seinem Abgang auch noch die Verantwortung anderer auf sich lädt.
Niersbach hat sich schon allein deshalb schuldig gemacht, weil sein
Aufstieg vom Agenturjournalisten bis an den Schaltknüppel der Machtzentrale
des weltweit größten Sportverbandes auf dem Prinzip der devoten Kumpanei
beruhte. Bei ihm waren die wichtigen Funktionäre der Welt immer bei einem
Freund zu Gast. Das Motto der WM 2006, die Welt zu Gast bei Freunden, war
seine Geschäftsgrundlage. Fußballgrößen wie Michel Platini oder Franz
Beckenbauer konnte er nichts krummnehmen. Auch keine kriminellen
Machenschaften.
Wer jetzt wieder einmal von der Chance auf einen Neuanfang fantasiert,
sollte sich die Rücktrittserklärung von Niersbach noch einmal genau
anschauen. Gleich zu Beginn betonte er, niemand innerhalb des DFB habe ihm
das Vertrauen entzogen. Er geht sozusagen aus freien Stücken. Genau das ist
das Problem.
Trotz der bundesweit arg bespöttelten Aufklärungsarbeit von Wolfgang
Niersbach wagte es innerhalb des Verbandes keiner, sich gegen ihn zu
stellen. Stattdessen wurden immer wieder seine Qualitäten als Netzwerker
gelobt. Dieser Opportunismus verspricht nicht viel Gutes für die Zukunft
des Deutschen Fußball-Bundes.
Und die Bitte des DFB-Präsidiums an Niersbach, seine Ämter in den
Exekutivkomitees der Uefa und Fifa weiter auszuüben, setzt dem Ganzen noch
die Krone auf. Zumindest die Ethikkommission der Fifa wird das vermutlich
zu verhindern wissen. Wer hätte das gedacht, dass der DFB als Freund von
Kungeleien gar einmal den Weltverband übertrumpfen wird.
10 Nov 2015
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Wolfgang Niersbach
Rücktritt
Fußball-WM 2006
Deutscher Fußballbund (DFB)
Fifa
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Schwerpunkt Korruption
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