# taz.de -- Polizei und Pfefferspray: Polizisten dürfen weiter sprühen | |
> Pfefferspray darf von der Polizei weiterhin bei Demonstrationen | |
> eingesetzt werden. Gegenteiliger Antrag der Opposition gescheitert. | |
Bild: Demonstrantin - von Pefferspray ausgeknockt. | |
Manche urteilen vom Schreibtisch aus. Andere verschaffen sich auf der | |
Straße ein Bild. Polizeipräsident Klaus Kandt gehört zu Ersteren. | |
Pfefferspray werde bei Demonstrationen nur „sehr gering“ eingesetzt, | |
erklärte er am Montag im Innenausschuss. Die Abgeordneten der linken | |
Oppositionsparteien haben vor Ort anderes beobachtet: Immer wieder würden | |
ganze Gruppen von Demonstranten von Polizisten mit Pfefferspray | |
abgespritzt. | |
Piraten, Linke und Grüne beantragten deshalb am Montag, der Polizei den | |
Einsatz von Pfefferspray bei Versammlungen zu untersagen. Es sei | |
unstrittig, dass es zu schweren gesundheitlichen Folgen kommen könne. Nicht | |
umsonst gebe es detaillierte Dienstvorschriften, dass handelnde Polizisten | |
Erste Hilfe zu leisten beziehungsweise Sanitäter anzufordern hätten. Wenn | |
ganze Gruppen betroffen seien, seien die Polizisten zu einer | |
Sofortbetreuung aber gar nicht in der Lage, sagte Christopher Lauer | |
(Piratenfraktion). | |
## Für 45 Minuten ausgeknockt | |
In der Praxis sind es zumeist Organisationen wie die Autonomen Sanitäter, | |
die sich vor Ort um Pfefferspray-Opfer kümmern. 45 Minuten lang sind | |
Betroffene regelrecht ausgeknockt. Und immer wieder sei zu beobachten, dass | |
unbeteiligte Dritte das Gas abbekämen, sagte Benedikt Lux (Grüne). | |
Polizeipräsident Kandt indes blieb dabei: Die Polizei gehe nicht | |
leichtfertig mit Pfefferspray um. In fast allen Fällen verlaufe der Einsatz | |
rechtmäßig. Sofern dies einmal nicht so sei, würden zumeist Ermittlungen | |
gegen die Beamten eingeleitet. „Ein Schlagstockeinsatz ist deutlich | |
brachialer“, führte Kandt aus. Da könne es Tage oder sogar noch länger | |
dauern, bis die Wirkung abklinge. Beim Pfefferspray gehe das deutlich | |
schneller. | |
Elke Breitenbach (LINKE) konterte empört. Am Samstag bei der | |
Gegendemonstration gegen die AfD in Berlin habe sie Polizisten beobachtet, | |
die „außer Rand und Band“ Spraydosen in die Menge gehalten hätten, so | |
Breitenbach. Polizeivideotrupps hätten danebengestanden, die Kameras aber | |
weggehalten, damit solche Szenen nicht ins Bild kommen. „Da waren alte | |
Menschen, die hat man richtig abgespritzt.“ Der Pfeffersprayeinsatz bei | |
Demonstrationen laufe aus dem Ruder“, ereiferte sich Breitenbach. „Das ist | |
keine Alternative, über Knüppel zu reden“. Direkt an Kandt gewandt, | |
donnerte die Abgeordnete: „Sie haben die Verantwortung sich darum zu | |
kümmern. Stattdessen reden Sie hier alles schön.“ | |
Dass mit dem „ ‘außer Rand und Band‘ weise ich mit Nachdruck zurück“, | |
ergriff schließlich Innensenator Frank Henkel (CDU) das Wort. Breitenbach | |
gab zurück: „Waren Sie vor Ort oder ich?“ | |
Wie zu erwarten, wurde der Antrag von der SPD-CDU-Regierungsmehrheit | |
abgelehnt. | |
9 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
## TAGS | |
Frank Henkel | |
Klaus Kandt | |
Abgeordnetenhaus | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Berlin Alexanderplatz | |
Hausbesetzung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar zur AfD-Demonstration: Bis auf die Knochen blamiert | |
Viele zu wenige stellten sich am Samstag der rechten AfD entgegen. Die | |
Stadt hat einen Ruf zu verlieren. | |
Video-Überwachung: Henkels Kehrtwende | |
CDU-Innensenator spricht sich für Videoüberwachung am Alexanderplatz aus. | |
Die SPD von Mitte fordert das schon seit langem. | |
Film über die Hamburger Besetzerszene: Schlagstock mit Smiley-Aufkleber | |
Die Haare waren länger, die Überzeugungen idealistischer. Unser Autor | |
erinnert sich an seine erste Hausbesetzung – und an Krawalle mit der | |
Polizei. |