# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
> Der IS ist jetzt vollwertiger Kriegsgegner, die Kanzlerin braucht Schutz | |
> und Schäuble bekommt 100 Punkte auf der Käßmann-Skala. | |
Bild: Grund zur Sorge: Die irrlichternde Kanzlerin vor ihrer eigenen Partei zu … | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Die klammunheimliche Vorfreude aller derer, die nun | |
auftrumpfen. | |
Und was wird besser in dieser? | |
De Maiziére hat bereits den „Besonnenheits“-Textbaustein vom | |
Charlie-Hebdo-Massaker wieder vorgeholt. In solchen Momenten möchte man den | |
Innenminister wieder loben. | |
Am Freitag haben islamistische Attentäter mindestens 129 Menschen in Paris | |
getötet. Uns fehlen die Worte. Können Sie uns helfen? | |
Beim Schweigen? Gern. Wollen wir noch kurz [1][Herrn Söder das Smartphone | |
wegnehmen]? | |
Was wird sich verändern? | |
Was sich bereits verändert hat: Hollande erkennt [2][IS als vollwertigen | |
Kriegsgegner an]. Auch bisher mögen die französischen Kriegsflugzeuge über | |
Syrien und Irak von unten nicht wie Stimmungskanonen ausgesehen haben. | |
Frankreichs postkoloniales Desaster in Libyen und seine Rolle als Teil | |
westlicher Allianzen waren Kriegshandlungen, bevor man es so nannte. Die | |
Infamie der gegnerischen Strategie lässt sich, schlimm genug, auf die | |
Anwendung humanoider Drohnen gegen technologische reduzieren. | |
In Paris starb auch die selbstgerechte Lüge von westlichen Kriegseinsätzen | |
als gutgemeinte Heilsarmee. Und die Henne-oder-Ei-Debatte steht bevor und | |
ergibt nur den einen Sinn: keinen. Auf internationaler Ebene also liegt die | |
Einladung zur Eskalation vor. Wohin will Hollande, wohin „der Westen“ seine | |
Armeen schicken? In Konzertsäle, in Straßencafés? Auf nationaler Ebene wird | |
es eng, die irrlichternde Kanzlerin [3][vor ihrer eigenen Partei zu | |
beschützen]. | |
Helmut Schmidt ist tot. Wer erklärt uns denn jetzt die Politik? | |
Das liegt tragisch beieinander dieser Tage: Die große Anhänglichkeit der | |
deutschen Bevölkerung [4][an einen „starken Mann“]. Bis hin zu ohnmächtig… | |
Gesten wie dem „Autofreien Sonntag“ und dem „Haarschnitterlass“ beim Bu… | |
verpackte Schmidt die vordemokratische Sehnsucht in die Hülle des | |
verantwortlichen demokratischen Politikers. Der Hardcorepreuße verkörperte | |
den einsam entscheidenden ersten Diener des Staates. Das Moderne an ihm war | |
die frivole Selbstherrlichkeit, mit der er für sich selbst ein paar punkige | |
Flegeleien monarchisch auslebte. | |
Grob kann man die deutschen Regierungschefs in die Lager der gestaltenden | |
und die verwaltenden unterteilen. Und nur, wenn Veränderung notzutun | |
scheint, neigen die gemütlichen Deutschen zu Handlungspolitikern wie | |
Brandt, Schmidt, Schröder. Mit Merkel stand bisher eine | |
Beharrungskünstlerin in der Tradition des „Keine Experimente“-Adenauer | |
vorn, eine Mikadokönigin vom Schlage Kohls. Genau das – und darin liegt die | |
berührende Koinzidenz mit dem Tod Schmidts – kann nun ihr Nachteil werden: | |
Je hysterischer die Stimmung wird, desto eher wendet sich die Stimmung | |
gegen genau das, was die Gesellschaft jetzt braucht: Mediation, Vermittlung | |
– statt Aktionismus. | |
Nach Wellen, Anstürmen und Schwemmen habe wir es jetzt mit einer | |
Flüchtlingslawine zu tun, glaubt man Schäuble. Ist das rhetorisch noch zu | |
toppen? | |
Ich will nun auch nicht der Klugscheißer mit Kassenbrille sein, der | |
fingerschnippend besserweiß. Ach komm, auch egal. Also. „Wir müssen der | |
Herausforderung Herr werden“ kann man auch formulieren als „wir wollen der | |
Hereinforderung Mensch werden“. Für so etwas gibt es guillotinensicher 100 | |
Punkte auf der nach unten offenen Käßmann-Skala. Doch auch Pomadenprinz | |
Guttenberg wurde seinerzeit bejubelt, als er den Einsatz der Bundeswehr in | |
Afghanistan „Krieg“ zu benennen forderte. | |
Nun södern manche bereits beides zusammen, „Flüchtlinge“ und „Krieg“ … | |
spätestens da ist es dann nicht mehr der Sprachhygienekreis des | |
Kirchentags, wenn man dreinhaut. Nehmen wir etwa den Totalausfall der | |
Vertriebenenverbände zu Protokoll: Wenn 800.000 neue Autofahrer kämen, | |
würde der ADAC sie an der Grenze feiern. Unsere Steinbachsekte dagegen | |
feuert drauf und schafft sich damit ab. Es sind Vertriebene, es gibt eine | |
Flüchtlingschance, eine Aufgabe gewiss. Risiken auch. Und was etwa Schäuble | |
da über Lawinen redet, verhält sich zu den Ausschreitungen der Zukunft wie | |
Sarrazin zu Pegida. | |
Und was machen die Borussen? | |
Es wird ein ewiges Geheimnis der ARD bleiben, warum sie die | |
Berichterstattung in der Horrornacht von Paris den heillos geschockten | |
Sportkollegen überließ, die hilflos noch ein paar Spielzusammenfassungen | |
ins Programm erbrachen. BVB-Präsident Rauball, kommissarischer DFB-Chef, | |
machte seine Sache gut und sprach wenig und gut. Dann war ARDaktuell wach | |
und übernahm endlich. | |
Fragen: PWE, HDL, JÜK | |
15 Nov 2015 | |
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## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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