# taz.de -- Aufgeschreckte Couchpotatoes: Nichts Neues nirgends? | |
> Während die Reisefeuilletons dünner werden, wächst die Zahl der | |
> Reiseblogger. Unbelastet von jeder Recherche beschreiben sie ihre | |
> Erlebnisse. | |
Bild: Beim Goa-Rapper-Festival: Echt was los hier! | |
Es wird gereist, Tendenz steigend. Und es wird darüber geschrieben, Tendenz | |
fallend, zumindest was die Reisefeuilletons der Zeitungen betrifft. Die | |
werden schmaler oder wie jetzt bei der Zeit für höhere Einschaltquoten in | |
ein spannendes Umfeld eingemeindet, nämlich ins Ressort „Z“, die | |
Erfahrungswelt der Zeit-Leser. „ ‚Z‘ ist ein Ressort, das alles darf, | |
überraschend ist“, schreibt die Zeit. | |
Viele Reisen von der Stange sind in der Tat nicht wirklich überraschend, | |
schon gar nicht als Thema. Die bereisten Länder interessieren oft ohnehin | |
nur als sportliches Ziel, das abgehakt werden will und über das man aus dem | |
Pocketreiseführer schon genug weiß, als dass man noch neugierig darauf sein | |
könnte und mehr darüber sehen möchte. Vom klimatisierten Bus ins | |
standardisierte Hotel, als Höhepunkt das vegane Restaurant in Athen oder | |
Singapur – reisen ist langweilig geworden, die Länder sind austauschbar. | |
Nichts Neues nirgends. | |
Kein Wunder, dass inzwischen Reiseblogger mit ihrer bauchgespiegelten Sicht | |
der Welt den Reisejournalisten den Rang ablaufen. Sie werden geklickt; von | |
Veranstaltern und Destinationen, die auf sich aufmerksam machen wollen, | |
hofiert. Reiseblogs versprechen frische Themen und Authentizität. Und in | |
der Tat: Nicht die geringste journalisitsche Recherche trübt sie, keine | |
journalistische Distanz stört die Euphorie. | |
Sie sind Erlebnis pur, genau das, was wir beim Reisen so suchen: „Die | |
Toiletten bestehen, gerade in ländlicheren Gegenden, meistens aus einem | |
Loch im Boden, dem man sich mit einem Blick durch die Tür schon nicht | |
weiter als auf drei Meter nähern möchte. Darauf solltest Du Dich also vor | |
Deiner Reise einstellen. Beim Reisen überraschten mich dann vor allem die | |
Entfernungen. Marokko ist groß und sehr lange Busfahrten können ein | |
Abenteuer sein.“ | |
Da diese beispielhafte Unmittelbarkeit oft nicht nur naiv daherkommt, | |
sondern banal, wünscht man sich schon ab und zu einen gut recherchierten | |
Reisebericht und manchmal sogar einen staubtrockenen Baedecker mit echten | |
Fakten. | |
15 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
## TAGS | |
Blogger | |
Reisen | |
Schreiben | |
Reisen | |
Christian Lindner | |
Costa Rica | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Live-Touren im Internet: Was haben wir uns da eingebloggt | |
Reiseblogger locken mit Live-Berichten über ihre Touren Millionen | |
Leserinnen und Leser auf ihre Webseiten. Wie unabhängig sind sie von den | |
Anbietern? | |
Neue Software für Regionalzeitung: Zu wenig Leute, zu viele Geschichten | |
Die „Rheinische Post“ bekommt einen Algorithmus, der Storys in sozialen | |
Netzwerken aufstöbert. Konzerne nutzen ihn als Shitstorm-Alarm. | |
Reiseschriftsteller in Mittelamerika: Ein begnadeter Reisender | |
Durch den Dschungel und fremden Kulturen, Städten, Revolutionen sehr nah: | |
John Lloyed Stephens war Forscher, US-Gesandter und Reiseschriftsteller. | |
Kommentar: Der Skandal hinter dem Glos-Skandal | |
Der Einfluss der PR auf den Journalismus wächst stetig. Koppelgeschäfte | |
sind branchenüblich. Eine kritische Diskussion über gekaufte Redaktionen | |
findet kaum statt. |