# taz.de -- Kommentar: Der Skandal hinter dem Glos-Skandal | |
> Der Einfluss der PR auf den Journalismus wächst stetig. Koppelgeschäfte | |
> sind branchenüblich. Eine kritische Diskussion über gekaufte Redaktionen | |
> findet kaum statt. | |
Bild: Beim Goa-Rapper-Festival: Echt was los hier! | |
Eigentlich kaum der Rede wert: Eine Berliner Werbeagentur hat eine Kölner | |
Zeitung, die bei einer PR-Kampagne von Wirtschaftsminister Glos mithelfen | |
sollte, mit Anzeigenaufträgen des Ministeriums gelockt. Der Agenturchef | |
räumt einen "Fehler" ein, der Minister distanziert sich flugs, und die | |
Opposition ruft: "Missbrauch von Steuergeldern". Der Minister hat natürlich | |
von nichts gewusst, er wird die Agentur feuern, der Miniskandal dürfte bald | |
vergessen sein. | |
Doch der Skandal dahinter ist ein anderer: Die versammelte | |
Mediengesellschaft sieht darüber hinweg, wie der Einfluss der PR auf den | |
Journalismus stetig wächst. Derlei Koppelgeschäfte, bei denen mit Anzeigen | |
positive Berichterstattung über Unternehmen oder Produkte erkauft wird, | |
sind branchenüblich. Die PR-Agentur, der sich Minister Glos anvertraut hat, | |
war lediglich so dämlich, ihr unlauteres Angebot schwarz auf weiß zu | |
unterbreiten. Alle wissen aber: Die Verbraucher haben von konventioneller | |
Reklame und Werbeblöcken die Nase voll. Deshalb werden Product- und | |
Themen-Placement immer wichtiger. Und PR-Agenturen produzieren laufend neue | |
Ideen in der Grauzone zwischen Berichterstattung und Werbung. Der Presserat | |
weiß ein Lied davon zu singen, wie immer mehr Medien der Versuchung | |
erliegen, ihre von Anzeigenkunden bezahlten Verlagsbeilagen nicht mehr mit | |
einem eigenen Impressum auszuweisen, sondern sie verschämt als | |
"Sonderthemen" in den redaktionellen Teil zu integrieren. | |
Treibende Kraft ist heute das Internet. Dort existieren kaum noch | |
Geschäftsmodelle, die Redaktion und Werbeeinnahmen sauber voneinander | |
trennen. Doch vieles hat das Privatfernsehen schon vorgemacht: Nicht nur im | |
Auto- und Reisejournalismus finden Themen oft nur dann den Weg auf den | |
Bildschirm, wenn Unternehmen dafür zahlen - direkt oder indirekt. Eine | |
kritische Diskussion über gekaufte Redaktionen flammte hierzulande nur | |
einmal auf: nach dem "Marienhof"-Schleichwerbe-Skandal der ARD. Das | |
Privatfernsehen duckte sich dabei weg. Und machte derweil bei der EU in | |
Brüssel erfolgreich Lobbyarbeit für eine weitgehende Freigabe von | |
Product-Placement. | |
Und die Reise in den "Nutzwertjournalismus" geht weiter. Wohin, das war | |
kürzlich bei Sat.1 zu beobachten. Die Finanzinvestoren, die den Sender | |
gekauft haben, schrauben die Renditeerwartungen ganz offiziell auf 30 | |
Prozent. Informationssendungen, selbst Boulevardmagazine, sind zu teuer und | |
werden abgebaut. Am billigsten sind eben Sendungen, die gar nichts kosten. | |
13 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
Michael Rediske | |
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