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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Schafft endlich den Kaiser ab!
> Im Skandal um die WM 2006 zeigt sich, wie undemokratisch der Fußball
> derzeit ist. Nun aber ist die Zeit der Kaiserschonung vorbei.
Bild: Franz „der Kaiser“ Beckenbauer (r.) und Goleo (das ist der Löwe mit …
Wenn man von der offensichtlichen Botschaft absieht, dass Wolfgang
Niersbach nicht mehr allzu lange Chef des größten Sportverbands der Welt
bleiben dürfte, so hat uns die Pressekonferenz des DFB-Präsidenten am
Donnerstag, bei der er bei allen Fragen zur WM-Vergabe 2006 stammelte, doch
noch ein paar Erkenntnisse gebracht.
Wer Auskunft geben könnte über die Schiebereien rund um die
Sommermärchenfinanzen, so haben wir bei Niersbach gelernt, ist entweder tot
(Robert Louis-Dreyfus und Robert Schwan) oder leidet unter dramatischem
Gedächtnisverlust (Wolfgang Niersbach, Wolfgang Niersbach und Wolfgang
Niersbach) oder er ist Kaiser, also ein unangreifbarer Beckenbauer.
So etwa haben sich der DFB und sein Präsident die Story zurechtgelegt, mit
der sie als die Veranstalter eines von keinerlei Kommerz und Korruption
getrübten Fußballfestes in die Weltgeschichte eingehen wollen. Es wird
ihnen aber nicht gelingen, glauben kann man das, was uns am Donnerstag
vorgetragen wurde, nämlich nicht.
Jeder Fußballfan, der schon mal einen „Tatort“ gesehen hat, verfügt über
größere Expertise, als sie vom Noch-DFB-Präsidenten,
Ex-DFB-Generalsekretär, Ex-DFB-Direktor, Exvizepräsidenten des
WM-Organisationskomitees, Expressechef des WM-OK und Ex-DFB-Pressesprecher
Wolfgang Niersbach vorgetragen wurde: Dass die Fifa, ehe sie ganz viel Geld
gibt, erst mal ein bisschen Geld kassiert, ist eine abenteuerliche
Konstruktion, die ja von der Fifa auch gleich dementiert wurde. Dass sich
das OK, in Erwartung einer sicher zugesagten Summe von 250 Millionen
Franken, nicht an eine Bank wenden mag, um einen Kredit zu erhalten,
sondern Privatpersonen anbettelt, ist noch abenteuerlicher.
Es ist an der Zeit, im deutschen Fußball den Sturz der Monarchie anzugehen.
Bislang trug Franz Beckenbauer seinen Beinamen „Kaiser“ sehr zu recht –
nämlich stark an Wilhelm II. erinnernd: So ist er halt, unser Kaiser, sagt
das Fußballvolk, nicht allzu helle, immer jedes Problem weglächelnd, und
schließlich hat sich der arme Mann doch auch nie um irgendetwas kümmern
müssen, alles wurde ihm abgenommen.
## Wurde Niersbach verarscht?
Für diese Kaiserschonung darf kein Platz mehr sein. Franz Beckenbauer war
immerhin Präsident des WM-OK und als früherer Aufsichtsratvorsitzender des
FC Bayern müsste er schon an so etwas wie Verantwortung gewöhnt sein. Bei
all den Schiebereien, von denen wir gerade erfahren, ist Franz Beckenbauer
die zentrale Figur.
Zentraler vermutlich als Wolfgang Niersbach, auch wenn der sich derzeit
noch Präsident nennt. Denn natürlich ist es bei der jeder demokratischen
Kontrolle entzogenen Organisation des Fußballs und seiner
Weltmeisterschaften nicht unrealistisch, dass es Vieraugenabsprachen über
ach so kleine Summen wie dreistellige Millionenbeträge zwischen ach so
wichtigen Männern wie Sepp Blatter und Franz Beckenbauer gab, bei denen
eine Funktionärsfigur wie Wolfgang Niersbach rausgeschickt wurde.
Halten wir fest. Mag sein, dass auch einer wie Wolfgang Niersbach verarscht
wurde. Wir aber sollten uns nicht mehr verarschen lassen.
23 Oct 2015
## AUTOREN
Dietrich Schulze-Marmeling
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Fußball-WM 2006
Franz Beckenbauer
Fifa
Deutscher Fußballbund (DFB)
Wolfgang Niersbach
Sepp Blatter
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