# taz.de -- Finnischer Journalist verärgert Erdoğan: Sind Sie ein Diktator? | |
> Wenn ein rosa Elefant im Raum steht, muss man manchmal einfach sagen, | |
> dass da ein rosa Elefant im Raum steht. | |
Bild: Zum Staatsbesuch ihres Präsidenten bei Erdoğan reisten auch einige finn… | |
Manchmal bringt es einfach nichts, um den heißen Brei herumzureden. Und bei | |
manchen Menschen kann einen nicht einmal die gebotene Höflichkeit davon | |
abhalten, die Dinge beim Namen zu nennen. Schon gar nicht einen | |
Journalisten. Das dachte sich wohl auch Tom Kankkonen. Er arbeitet für den | |
finnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk YLE und nahm vor einigen Tagen | |
an einer Pressekonferenz in Ankara teil. Anlass war der Staatsbesuch von | |
Sauli Niinistö, dem Präsidenten Finnlands. | |
Der Besuch galt dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan und auf der | |
Agenda standen Wirtschaft, Sicherheit und politische Fragen – aber auch die | |
[1][Anschläge vom 10. Oktober.] | |
Niinistö versuchte im Vorfeld den Besuch mit Humor zu nehmen und gab sich | |
gegenüber Erdoğan mit kleinen Seitenhieben zufrieden – er sagte etwa, dass | |
es aufgrund der Größe äußerst schwierig sei, sich im Präsidentenpalast | |
zurechtzufinden. „Ich hoffe, dass ich dort nicht verloren gehe“, sagte er | |
im [2][Interview mit der türkischen Zeitung Hürriyet] kurz vor dem Treffen. | |
Der letztes Jahr fertiggestellte Palast wurde wegen seiner Größe und der | |
Kosten [3][vielfach kritisiert]. | |
## Verwickelt in die Attentate? | |
Kankkonen, der beim finnischen TV-Sender YLE arbeitet, wollte sich aber | |
nicht mit derlei diplomatischem Geplänkel abgeben. Er nannte das Kind beim | |
Namen und fragte Erdoğan gerade heraus, ob er ein Diktator sei. In | |
fließendem Türkisch, wie [4][Hürriyet Daily News berichtete] sagte er: „Ich | |
hatte die Möglichkeit durch Ihr schönes Land zu reisen. Unglücklicherweise | |
haben manche Bürger Angst vor Ihnen. Sie sagen, dass Sie das Land wie ein | |
Diktator regieren. Gleichzeitig, was noch extremer ist, sagen manche Leute, | |
dass der Staat in die Terroranschläge in Ankara verwickelt ist. Was denken | |
Sie über diese Anschuldigungen?“ | |
Erdoğan war not amused. Erst fragte er für welchen Sender er arbeite und | |
antwortete dann: „Sie sollten selbst sehen, dass Sie so eine Frage im Land | |
eines Diktators gar nicht stellen könnten.“ Er sei letztes Jahr mit 52 | |
Prozent legitim zum Präsidenten gewählt worden, fügte er noch hinzu. | |
Außerdem wäre es in einer Diktatur gar nicht möglich einen Staatschef oder | |
seine Familie zu beleidigen, ohne dass das Konsequenzen hätte. Ein | |
Treppenwitz – ist doch bekannt, das Erdoğan alle naselang [5][versucht, die | |
Presse] oder [6][die Kunstszene einzuschüchtern]. | |
Für Tom Kankkonen hatten seine Fragen natürlich keine Konsequenzen. Nur auf | |
Twitter scheint es jetzt teilweise unangenehm für den Journalisten zu sein. | |
Erdoğan-Anhänger nennen ihn etwa [7][einen Terroristen] und dass das | |
[8][dumme Fragen] gewesen seien. Er wird aber auch vielfach für seine | |
offenen Fragen gelobt. | |
16 Oct 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-Terroranschlag-in-der-Tuerkei/!5243704/ | |
[2] http://www.hurriyet.com.tr/gundem/30298451.asp | |
[3] /Kommentar-Erdogans-Weisser-Palast/!5201113/ | |
[4] http://www.hurriyetdailynews.com/erdogan-rebuffs-finnish-journalist-over-di… | |
[5] /Pressefreiheit-in-der-Tuerkei/!5233884/ | |
[6] /Kuenstler-in-der-Tuerkei/!5019344/ | |
[7] http://twitter.com/okkesh/status/654194490345955328 | |
[8] http://twitter.com/okkesh/status/654194490345955328 | |
## AUTOREN | |
Saskia Hödl | |
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