| # taz.de -- Booker-Prize für Jamaikaner: „Eine kurze Geschichte von 7 Morden… | |
| > Zum ersten Mal geht der renommierte Preis nach Jamaika. Marlon James gab | |
| > das Schriftstellertum beinahe auf, bevor er sein Werk schrieb. | |
| Bild: Camilla, Duchess of Cornwall, überreicht den Preis an Marlon James. | |
| Berlin taz | Als erster jamaikanischer Schriftsteller erhält Marlon James | |
| den Booker Prize. Die wichtigste Auszeichnung für Literatur im | |
| angloamerikanischen Raum gewinnt er für seinen Roman „A Brief History of | |
| Seven Killings“. Das an sich ist schon überraschend – literarische | |
| Erzeugnisse aus der Karibik schaffen es so gut wie nie auf das Radar der | |
| westlichen Welt. Umso schöner, dass mit James’ Buch ein packender und | |
| formal experimentell angelegter Roman den Preis einheimsen kann. | |
| Im Stile einer Oral History versammelt der 44-Jährige darin eine Reihe von | |
| Akteuren aus dem Jamaika der mittleren siebziger Jahre und bringt sie – als | |
| wären es Verhörprotokolle – zum Sprechen. Zwischen Pidgin-English und | |
| US-Dialekten, Slangausdrücken aus dem Kingstoner Ghetto und dem | |
| protokollarischem Verhaltenskodex der politischen Bühne entsteht ein | |
| vielstimmiger, teils drastischer, immer äußerst musikalischer Chor. | |
| Erzählt wird die Geschichte teils von realen historischen Figuren, teils | |
| von erfundenen Charakteren. Mit diesen Politikern, Dealern, Schaffnerinnen | |
| und CIA-Agentinnen stellt James das Geschehen während des blutigen | |
| jamaikanischen Wahlkampfes 1976 dar. Damals sollte verhindert werden, dass | |
| Premierminister Manley unter kubanischen Einfluss geriet. Jamaika wurde von | |
| Kokain überschwemmt, eine Welle der Gewalt forderte hunderte Opfer. Die | |
| Verrohung der Gesellschaft hält bis heute an. | |
| Marlon James, der wie viele Angehörige der jamaikanischen Diaspora in die | |
| USA emigriert ist, unterrichtet Creative Writing in Minnesota. „Vor der | |
| Gegenwart bringe ich mich schreibend in Sicherheit“, hat er in einem Essay | |
| in der New York Times formuliert. Als Kind verschlang James die Werke von | |
| Charles Dickens und Mark Twain. | |
| Den Mut, selbst mit dem Schreiben zu beginnen, fasste er nach der Lektüre | |
| von Salman Rushdies „Scham und Schande“. James schmiss seinen Job in der | |
| Werbung und ging nach New York. Seinen Studenten bringt er bei, wie sie die | |
| Charaktere erfinden, die ihre Geschichten benötigen. Was Erfindung ist, was | |
| Realität, verschwimmt dagegen in seinem ausgezeichneten Roman. | |
| 14 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Julian Weber | |
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