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# taz.de -- Hamed Abdel-Samad bei der AfD: Narziss zu Gast bei Freunden
> Die AfD hat Hamed Abdel-Samad eingeladen. Er gibt vor, die Debatte zu
> suchen, liefert aber Steilvorlagen für rechte Wutbürger.
Bild: Vermarktet Todesdrohungen gegen sich geschickt: Autor Hamed Abdel-Samad (…
Man muss das verstehen. Einen arabischen Namen nimmt Hugh Bronson wohl eher
selten in den Mund. Deshalb kommt der stellvertretende Sprecher der
Berliner AfD mehrmals ins Schleudern, als er den Mann ankündigt, der heute
das Abendland retten soll. Einmal sagt er: „Herr, Herr, ähh ... also, unser
Gast ...“ Betretenes Schweigen. Bronson sagt entschuldigend, das sei ja
wohl auch ein „sehr ungewöhnlicher Name“.
Er spricht von Hamed Abdel-Samad. Der Mann, der mit Büchern wie „Mohamed.
Eine Abrechnung“ und „Der islamische Faschismus“ die Bestsellerlisten rauf
und runter triumphiert und als Islamexperte gefeiert wurde. Der Auftritt,
den er an diesem Abend in den „Tegeler Seeterrassen“ hinlegt, dürfte aber
niemanden mehr bezweifeln lassen, dass er sich nicht länger
wissenschaftlicher Betrachtung, sondern emsigem Islam-Bashing verschrieben
hat.
Nach mehreren anderen AfD-Ortsverbänden hat ihn nun die AfD
Charlottenburg-Wilmersdorf als Redner eingeladen. Dass das Ganze nicht in
Charlottenburg, sondern in Tegel stattfindet, liegt an der kurzfristigen
Absage des ursprünglich gewählten Restaurants, das sich über den
politischen Charakter der Veranstaltung getäuscht sah. Bronson zitiert
genüsslich aus dem Anwaltsschreiben. Die Menge johlt.
Abdel-Samad jedenfalls ist gern gekommen. Zwar sei er weder AfD-Mitglied
noch AfD-Wähler, aber gerade deshalb müsse man miteinander reden. Er sieht
das Land und seine Debattenkultur von Angst gelähmt – zum einen vor
Überfremdung, zum anderen vor der Rückkehr des „kleinen Manns mit dem
Schnurrbart“ – es dauert einen Moment, bis man versteht, dass er offenbar
Hitler meint. Die niedliche Umschreibung wird er an diesem Abend nicht nur
einmal verwenden, und jedes Mal bereitet er seinem Publikum offenkundig
große Freude. Was er damit eigentlich sagen will, ist unklar.
## Guck mal, pädophil war der auch!
Deutlicher wird er beim Thema Zuwanderung. „Wir haben viel zu lange
zugesehen“ – für solche Sätze gibt es ekstatischen Applaus. Dieses Thema
wird hier ganz selbstverständlich mit Abdel-Samads Lieblingsthema
verknüpft: dem Islam und seiner „narzisstischen Störung“, resultierend
wiederum aus der Gestörtheit seines Gründers. Aus einem Mutterkomplex
heraus habe Mohamed etwa erst eine viel ältere Frau und dann eine
Sechsjährige geheiratet, erklärt er.
Die blumigen Schilderungen dieser Beziehung, die Abdel-Samad zufolge bis
heute das Heiratsverhalten der muslimischen Welt beeinflusse, lässt die
geschätzt hundert Menschen im Saal ebenso fasziniert wie angewidert
lauschen. Der Begriff fällt nicht, und trotzdem schwingt stumme Genugtuung
in den Reihen: Guck mal an, pädophil war der also auch!
Abdel-Samad wird niemals laut. Dumpfbackige Parolen mag er nicht: „In der
Sache“ führe uns das nicht weiter. Er spricht salbungsvoll und
eindringlich. Damit hebt er sich von den anderen Wortbeiträgen ab –
ausschließlich von Männern, die zum Beispiel schimpfen, man müsse von
einwandernden Muslimen erst eine Distanzierung vom radikalen Islamismus
verlangen. Immer wieder kommt die Sprache auf seine Bedrohungslage: Vor der
Saaltür, vor den Fenstern, neben dem Podium stehen Polizeibeamte. Der
Redner selbst trägt schusssichere Weste.
Um Details macht er betont ein Geheimnis, was die Stimmung im Raum nur noch
mehr in eine bestimmte Richtung lenkt: Radikale Muslime bedrohen unsere
Meinungsfreiheit, und der da auf der Bühne ist der personifizierte Beweis.
Ein Märtyrer des Grundgesetzes quasi, so stellt Abdel-Samad sich an diesem
Abend dar – und wird dafür gefeiert. Ein Narziss zu Gast bei Freunden.
27 Oct 2015
## AUTOREN
Johanna Roth
## TAGS
Hamed Abdel-Samad
Schwerpunkt AfD
Rechtspopulismus
Islam
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Verfassungsschutz
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