# taz.de -- Spät-Folgen der Sparpolitik: Jugendhilfe in der Klemme | |
> Im Bezirk Harburg fehlt Geld für Spielangebote der offenen Kinder- und | |
> Jugendarbeit. Die Sozialbehörde prüft nun eine Etat-Erhöhung, aber erst | |
> für 2017/18. | |
Bild: Loch im Budget: Für das Spielmobil „Falkenflitzer“ wird Geld gebrauc… | |
Der scheidende Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hat die unter ihm | |
erfolgten Kürzungen bei der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) kurz | |
vor seinem Abgang in die Spitze der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg | |
bedauert. Die rot-grüne Koalition habe eigentlich gelobt, diesen Bereich zu | |
stärken. Seit Jahren aber werden wichtige Projekte nur noch durch | |
bezirkliche Restmittel erhalten. | |
Im Bezirk Harburg scheint dieser Weg jetzt ausgeschöpft. In dem Etat für | |
Bauspielplätze, Mädchentreffs, Spielmobile und Jugendclubs klafft für 2016 | |
ein Loch von rund 116.000 Euro. | |
Für den „Falkenflitzer“ zum Beispiel, ein mobiles Spielangebot in Form | |
eines Lastwagens mit Pädagogen-Team, das öffentliche Plätze besucht, | |
zuletzt häufig auch vor Flüchtlingsunterkünften stand, gibt es kein Geld | |
mehr. Ebenso für das Spielhaus Außenmühle, das Sportangebot Op de Bünte und | |
das Nachmittagsangebot im Margaretenhort in Sandbek. | |
Weitere 66.000 Euro fehlen dem bezirklichen Jugendhilfe-Etat, weil wegen | |
der Schuldenbremse Lohn- und Betriebskostensteigerungen nicht mehr | |
refinanziert werden. Das Geld fehlt selbst dann noch, wenn Harburg die vom | |
Senat eigens für solche Engpässe reservierten „Verstärkungsmittel“ von | |
88.000 Euro voll erhält. | |
Am Mittwochabend tagte der Jugendhilfeausschuss Harburg, um über die | |
Mangel-Verteilung zu entscheiden. Doch die Sache wurde auf Anregung der | |
Verwaltung auf November vertagt, wie Sahbattin Aras berichtet, der für die | |
Linke im Ausschuss sitzt. Denn es gibt etwas Geld: Um auf die Bedarfe von | |
jungen Menschen in Flüchtlingsunterkünften zu reagieren, gibt der Senat | |
eine Millionen Euro, von denen die Sozialbehörde 330.000 Euro behält und | |
den Rest auf die sieben Bezirke verteilt. Harburg bekommt davon | |
voraussichtlich rund 65.000 Euro. | |
Doch die Lücke ist damit nur halb gefüllt. Außerdem, sagt Aras, sei dies ja | |
Geld für die zusätzliche Aufgabe der Flüchtlingsbetreuung. Es sei | |
„eigentlich nicht Sinn und Zweck“, dies für die bestehenden Angebote | |
auszugeben, findet auch der CDU-Jugendpolitiker Florian Klein. Einstimmig | |
verabschiedete deshalb der Jugendhilfeausschuss den Antrag der Linken, der | |
Senat möge die „Rahmenzuweisung“ an den Bezirk für 2016 um 116.000 Euro | |
erhöhen. Das sei „nicht viel Geld, wenn die Olympia-Bewerbung allein 70 | |
Millionen Euro kostet“, sagt der Linke-Bezirkspolitiker Florian Muhl. | |
Es ist nicht der erste Appell dieser Art. Aber er wird erstmals erhört. | |
Angesichts immer mehr zu versorgender Kinder und Jugendlicher „prüft die | |
Sozialbehörde eine Aufstockung der Rahmenzuweisung für die Kinder- und | |
Jugendarbeit“, teilt Behördensprecher Marcel Schweitzer mit. | |
„Unser Ziel ist, die OKJA zu stärken“, sagt auch der | |
SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Frank Schmidt. Ihm werde von Sozialarbeitern | |
berichtet, dass es „jede Menge mehr Leute“ in den offenen Angeboten für | |
Jugendliche gebe. Das Thema habe man erkannt, was das in Zahlen heißt, | |
könne man noch nicht sagen. | |
Eine Erhöhung der Rahmenzuweisung „wäre ein Traum“, sagt CDU-Politiker | |
Klein. Allerdings greift dies wohl erst im Doppelhaushalt 2017/18. Für das | |
Loch im Harburger Jugend-Etat hilft das jetzt nicht. | |
Die Linken-Fraktionschefin der Bürgerschaft, Sabine Boeddinghaus, warnt vor | |
Flickschusterei. „Es wäre abstrus, den Falkenflitzer allein mit Geld für | |
Flüchtlingskinder zu retten.“ Nötig sei eine gesund ausfinanzierte soziale | |
Infrastruktur und zusätzliche Angebote. | |
8 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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