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# taz.de -- Streit ums Prostituiertenschutzgesetz: Von Ländern und Liebesdiens…
> Im Prostituiertenschutzgesetz ist die zwangsweise Gesundheitsberatung für
> SexarbeiterInnen vorgesehen. Muss der Bundesrat zustimmen?
Bild: Fickt der Bundesrat mit? Bett in einem Berliner Bordell.
Freiburg taz | Prostitution ist ein heißes Eisen in der Koalition. Über ein
Jahr wurde um einen Kompromiss gerungen, der jüngst in einen Gesetzentwurf
von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) mündete. Doch nun wollen
grüne Landesministerinnen mitreden, weil das Gesetz im Bundesrat
zustimmungspflichtig sei. Möglicherweise scheitert das Gesetz am Ende ganz.
Wer ein Bordell oder Ähnliches betreibt, braucht demnach künftig eine
Erlaubnis, die er aber nur bekommt, wenn er als „zuverlässig“ gilt.
Ausgeschlossen ist dies, wenn jemand in den letzten fünf Jahren wegen eines
Verbrechens oder eines Sexualdelikts verurteilt wurde. Auch baulich werden
anspruchsvolle Regeln definiert, etwa muss es in jedem Raum ein
„Notrufsystem“ geben.
Prostituierte sollen sich außerdem künftig vor der Arbeitsaufnahme bei den
Behörden anmelden müssen. Die Anmeldung gilt zwei Jahre, aber nur für
bestimmte Orte. Eine reisende Prostituierte muss sich deshalb an jedem Ort
neu anmelden. Die Anmeldebescheinigung muss bei der Arbeit mitgeführt
werden.
Außerdem müssen Prostituierte künftig jährlich eine Gesundheitsberatung
absolvieren. Dabei werden sie nicht untersucht, sondern erhalten
Informationen über Krankheiten, Verhütung und gesunde Ernährung.
Anmelde- und Beratungspflicht dienen dazu, mit den Prostituierten ins
Gespräch zu kommen, ihnen Angebote zu machen und Informationen zu
übergeben. Sie sollen immer wieder Gelegenheit haben, eine eventuelle
Zwangslage zu offenbaren.
## „Stigmatisierung und Ausgrenzung“
Nach einer Länderumfrage des Berliner Tagesspiegel sind derzeit nur fünf
der 16 Bundesländer für das Gesetz, aber sieben dagegen. Vor allem grün
mitregierte Länder kritisierten eine „Stigmatisierung und Ausgrenzung“ der
Prostituierten und den Aufbau einer Prostitutionsbürokratie. Laut Spiegel
lehnen alle Länder außer Bayern die geplante Gesundheitsberatung ab. Falls
das Gesetz zustimmungspflichtig ist, hätte die Regierung also wohl ein
Problem.
Seit der Föderalismusreform 2006 benötigen Bundesgesetze, die den Ländern
Kosten verursachen, die Zustimmung des Bundesrats. Konkret geht es um
Gesetze, die die Länder „zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten
Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten“
verpflichten (Artikel 104a Grundgesetz).
Als ein Beispiel wurde einst die Einführung einer Schuldnerberatung
genannt. Dementsprechend spricht viel dafür, dass der Bundesrat auch
zustimmen muss, wenn die Länder eine Gesundheitsberatung für Prostituierte
aufbauen müssen.
## Emanzipationsministerin kompromissbereit
Die Bundesregierung sieht das allerdings anders. „Zum jetzigen Zeitpunkt
gehen wir davon aus, dass der Entwurf eines Prostituiertenschutzgesetzes
nicht zustimmungsbedürftig ist“, sagte eine Sprecherin von
Familienministerin Schwesig auf Anfrage.
Relevant ist die Zustimmungsbedürftigkeit freilich nur, wenn am Ende im
Bundesrat die nötige Mehrheit für das Gesetz nicht zusammenkommt und das
Gesetz dennoch in Kraft tritt. Dann können übergangene Länder das
Bundesverfassungsgericht anrufen. Auch Bordellbetreiber und Prostituierte,
in deren Rechte eingegriffen wird, könnten reklamieren, dass das Gesetz
nicht ordnungsgemäß zustande kam.
Um zu verhindern, dass das Gesetz am Ende in Karlsruhe ganz scheitert,
könnte die Große Koalition also durchaus noch mit widerspenstigen Ländern
verhandeln. Die grüne NRW-Emanzipationsministerin Barbara Steffens ist
durchaus kompromissbereit. Eine Genehmigungspflicht für Bordelle würde sie
mittragen, wenn zugleich auf Anmeldepflicht und Zwangsberatung für
Prostituierte verzichtet wird.
8 Oct 2015
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Prostituiertenschutzgesetz
Bundesrat
Manuela Schwesig
Prostitutionsgesetz
Prostituiertenschutzgesetz
Sexarbeit
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