# taz.de -- Kommentar Asyldebatte: Flüchtlinge in der Nebenrolle | |
> In der Flüchtlingsdebatte geht es um die Machtkämpfe in der Union und die | |
> prinzipienlose SPD. Da muss die Bevölkerung standfest bleiben. | |
Bild: Flüchtlinge in einer hessischen Sporthalle: Um sie selbst geht es gar ni… | |
„Würdelos“ nennt ein Flüchtling die Stadt, in der er untergekommen ist: S… | |
sei ein „Schauhaus des Easygoing“. Und ein anderer schreibt: „Wo ich bin, | |
ist Afghanistan. Ich trage meine afghanische Kultur in mir.“ Man darf sich | |
nichts vormachen: Solche Äußerungen sprechen nicht für den Willen zur | |
Integration, sondern deuten auf künftige Probleme hin, die mit der Aufnahme | |
von Flüchtlingen einhergehen. | |
Das erste Zitat stammt übrigens von Bertolt Brecht, dem es in seinem Exil | |
in Hollywood in Kalifornien nicht gefiel, das zweite ist leicht abgewandelt | |
und vom Schriftsteller Thomas Mann. Der hatte seine Heimatliebe | |
selbstverständlich nicht mit einem Bekenntnis zu dem weit entfernten und | |
ihm unbekannten Afghanistan, sondern zu Deutschland ausgedrückt. | |
Niemand hat daraus seinerzeit den Schluss gezogen, er habe das Recht auf | |
Flucht vor dem nationalsozialistischen Regime verwirkt. Und das, obwohl er | |
sich Taxifahrten leisten konnte und – so weit bekannt – sogar eigenmächtig | |
über seinen Speiseplan entschied. Der konnte sich was rausnehmen! Und es | |
gibt die USA trotzdem immer noch. | |
Genug des Sarkasmus. Es ist verführerisch, sich über die platten, | |
populistischen Argumente von Unionspolitikern lustig zu machen, mit denen | |
derzeit Stimmung gegen Flüchtlinge – und somit auch gegen die allzu lange | |
unangreifbar scheinende Parteifeindin Angela Merkel – gemacht wird. | |
Verführerisch ja, aber es führt nicht recht weiter. | |
## Die Tage der Kuscheltiere gehen zu Ende | |
Denn nichts von alledem, was in diesen Tagen geschieht und was gesagt wird, | |
ist überraschend. Es war abzusehen, dass die Tage der Kuscheltiere zu Ende | |
gehen würden, es war abzusehen, dass es bald die ersten Probleme geben | |
würde. Ist irgend jemand wirklich überrascht, wenn Schlägereien unter | |
frustrierten jungen Männern ausbrechen, die auf engstem Raum | |
zusammengepfercht sind? Nein, niemand ist davon überrascht. Wer etwas | |
anderes behauptet, lügt. | |
Bei der Flüchtlingsdebatte geht es längst nicht mehr um die Flüchtlinge. Es | |
geht, unter anderem, um Diadochenkämpfe innerhalb der Union: Wer bringt | |
sich für die Nachfolge der Kanzlerin am besten in Stellung? Und es geht um | |
eine verzweifelte SPD, die – wieder einmal – nicht weiß, wie sie ihre | |
politischen Grundsätze möglichst geschmeidig an die jeweilige Stimmung | |
anpassen kann und darf. Und es geht, wie immer, auch um Medien. | |
Die Medien können dieselbe Geschichte stets nur über einen begrenzt langen | |
Zeitraum hinweg erzählen. Dann muss etwas Neues kommen. Wenn dann lange | |
genug Freude verbreitet wurde, dann muss irgendwann Schrecken verbreitet | |
werden. So ist halt das Geschäft. | |
Gefragt ist deshalb jetzt: Standfestigkeit. Seitens der Bevölkerung. Sie | |
muss gar nicht weiter und weiter spenden. Sie soll einfach auch künftig den | |
Wunsch deutlich machen, dass Notleidenden geholfen werden möge. Das wäre | |
schon viel. Es wäre – vermutlich – genug. | |
5 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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