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# taz.de -- Beginn der Grizzly-Jagdsaison: Töten mit Lizenz
> In Kanada fängt wieder die Jagd auf Grizzlybären an. Neben Tierschützern
> protestieren auch kanadische Ureinwohner gegen den blutigen Sport.
Bild: Noch können die Bären ungestört durch die Landschaft ziehen. Am 1.10. …
VANCOUVER taz | Wenn es in den Wäldern Kanadas zum Showdown kommt, dann
streifen sich Männer wie Vernon Brown ihre Uniformen über. Sie stecken ihre
Gewehre und Patronen ein und kreuzen mit ihren Patrouillenbooten durch die
Küstengewässer nördlich von Vancouver. Immer auf der Hut, dass ihnen und
ihren Schützlingen, den Grizzlybären, nichts passiert.
Brown gehört zum Volk der Kitsaoo-Xai‘Xais und unterstützt die „Coastal
Guardian Watchmen“, eine Art freiwillige Tierschutzpolizei der kanadischen
Ureinwohner, die bedrohte Bären vor Trophäenjägern und Wilderern schützen
will. „Wir tun alles, um das sinnlose Abschlachten der Bären in unserer
traditionellen Heimat zu verhindern“, sagt er.
„Wenn nötig drohen wir den Jägern auch oder blockieren ihre Boote.“ Eile
ist geboten. Am 1. Oktober beginnt in der kanadischen Westküstenprovinz
British Columbia wieder die Trophäenjagd auf Grizzlybären, die jeden Herbst
und jedes Frühjahr Jäger aus dem In- und Ausland in die Wildnis lockt.
Neun von zehn Kanadiern sind laut Umfragen gegen die Jagd. Trotzdem ist sie
legal. Die Regierung hat in diesem Jahr 3.500 Abschusslizenzen zur
Verfügung gestellt. Im Land der Trapper ist die Jagdlobby traditionell
einflussreich und will sich das lukrative Geschäft nicht vermiesen lassen.
## 350 tote Tiere pro Jahr
Bis zu 20.000 Dollar zahlen Jagdtouristen aus den USA oder Europa für eine
geführte Grizzlyjagd, die in laut Gesetz auf etwa zwei Dritteln der Fläche
British Columbias möglich ist. Manchen Jägern geht es um den Grizzlypelz,
anderen um seinen Kopf. Manchen um den „Kick“ des Tötens.
Schätzungen zufolgen werden in der Provinz durchschnittlich 350 Tiere pro
Jahr legal erschossen, dazu kommt die illegale Jagd. „Die Trophäenjagd ist
ethisch abstoßend und wird auch von unserer traditionellen Kultur nicht
gedeckt“, erklärt Brown, der in Klemtu im Herzen des Great Bear Rainforest
lebt, einem einsamen Wildnisgebiet größer als die Schweiz. Mit 14
verbündeten Stämmen haben die Kitsaoo-Xai‘Xais ihr Territorium vor einigen
Jahren symbolisch zu einem Sperrgebiet für Trophäenjäger ernannt. „Da die
Regierung nichts unternimmt, müssen wir selbst für den Schutz der Grizzlys
sorgen“, erklärt Stammes-Häuptling Doug Neasloss.
Mit dem Widerstand wollen die Ureinwohner ihre Traditionen bewahren. Nach
ihrem Selbstverständnis ist die Jagd nur zu Beschaffung von Nahrung
erlaubt. Es geht aber auch um wirtschaftliche Gründe, denn einige Stämme
betreiben im Great Bear Rainforest gut geführte Hotels, die sich auf
Bärenbeobachtung spezialisiert haben.
## Regierung hält die Jagd für vertretbar
Laut kanadischem Fremdenverkehrsverband spült der naturnahe Tourismus in
British Columbia inklusive Bärenbeobachtung jedes Jahr rund 1,5 Milliarden
Dollar in die Kassen der Provinz – die Bärenjagd nur 116 Millionen Dollar.
Um die Bestände der Grizzlys zu schützen, kaufen viele Tourismusunternehmen
selbst die teuren Abschusslizenzen auf, um sie danach verfallen zu lassen.
Die Regierung hält die Jagd für vertretbar und die Aktionen der Ureinwohner
für illegal. Sie beruft sich auf Studien, wonach es in British Columbia
rund 15.000 Grizzlybären gibt. Kritiker ziehen die Studien in Zweifel. Die
Zahlen der Behörden seien oft zu hoch gerechnet, sagt Ian McAllister von
der Umweltgruppe Pacific Wild. Unabhängige Experten gehen von einem Bestand
von 6.000 Tieren auf und verweisen darauf, dass Grizzlys in einigen
Regionen als bedroht gelten. In der Nachbarprovinz Alberta ist die Jagd auf
die Tiere seit 2006 verboten.
29 Sep 2015
## AUTOREN
Jörg Michel
## TAGS
Jagd
Kanada
Tierschutz
Bären
Alberta
Jäger
Schwerpunkt Atomkraft
Wild
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Rumänien
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