# taz.de -- Die Wahrheit: Ruckediguh, Blut ist im ... | |
> Wenn einen echten Sechzehntelandalusier erst einmal die Eifersucht | |
> gepackt hat, ist kein Schuh mehr vor ihm sicher. | |
Theo verzog das Gesicht, als Raimund ins Café Gum hereinkam. „Oh Gott!“, | |
schnaufte er und zeigte auf die Mütze, die unser Freund sich bis über die | |
Augenbrauen gezogen hatte: „Nimm das Ding ab, du machst dich zum Gespött | |
der ganzen Stadt!“ – „Phh!“, machte Raimund: „Diese ,Dinger‘ sind a… | |
hip, mein Lieber. Auf dem ganzen weiten Globus laufen junge Menschen damit | |
herum.“ – „Genau“, erwiderte Theo: “Junge Menschen. Ein alter, | |
fünfzigjähriger Knacker aber, der sich eine kreischgrüne Pudelmütze mit | |
Zopfmuster über den Dez zieht, sollte überprüfen, ob es in demselben nicht | |
ein paar Schrauben gibt, die dringend nachgezogen werden müssen.“ | |
In diesem Moment trat Dave durch die Tür. „Oha“, machte Theo, doch | |
eigentlich wunderte sich keiner von uns über sein Erscheinen, denn am Tag | |
zuvor war Iris, seine Frau, mit ihren Kränzchenladys im Gum gewesen und | |
hatte mit uns einen langen, lustigen Thekenabend verbracht, was bisher noch | |
jedes Mal dazu geführt hatte, dass Dave uns tags darauf mit den | |
grässlichsten Verdächtigungen konfrontierte, die seine überkandidelte | |
Eifersucht ihm eingab. „Mann, Dave“, hatte ich einmal zu ihm gesagt: | |
„Irgendwann wirst du noch mal jemandem die Kehle durchschneiden, bloß weil | |
er mit Iris drei Worte übers Wetter gewechselt hat.“ Doch Dave hatte nur | |
gesagt: „Was soll ich machen, es liegt mir im Blut: Ich bin | |
Sechzehntelandalusier, wie du weißt!“ | |
An diesem Abend kuckte er noch finsterer aus der Wäsche als sonst. „Diesmal | |
krieg ich den Mistkerl, denn er hat auf der Flucht etwas verloren“, knurrte | |
er und knallte einen Schuh auf die Theke. „Du hast tatsächlich jemanden | |
erwischt?“, staunte ich. „So ist es“, schnaubte er: „Kurz vor Mitternac… | |
unten im Garten. Ich hätte ihn um ein Haar gehabt, aber er ist durch die | |
Brombeerhecke entkommen. Heute Morgen hab ich dann den Schuh gefunden.“ | |
„Na dann“, kicherte Raimund, „ist wohl der Aschenpeter der Frevler!“ – | |
„Lass die Witze“, zischte Dave, „und probier den Schuh an!“ – „Wie … | |
willst“, sagte Raimund. Der Schuh indes war ihm viel zu klein, und auch | |
Theo und ich hatten keine Chance, unsere Quanten in die winzige Galosche zu | |
quetschen. „Tja“, grinste Raimund: „Ruckediguh, Blut ist im Schuh. | |
Anscheinend musst du deinen Mistkerl woanders suchen.“ – „Tja . . .“, s… | |
Dave, fixierte ihn mit einem prüfenden Blick und verschwand ohne ein | |
weiteres Wort. | |
„Endlich“, seufzte Raimund, „ich schwitze mich kaputt unter der kratzigen | |
Haube!“ Er nahm die Mütze ab und wir sahen, dass seine Stirn völlig | |
zerkratzt war. „Was . . .?“, stotterte ich. „Brombeerhecke!“, grinste e… | |
„Du . . .?“ – „Ich hab Iris nur nach Hause gebracht, Ehrenwort! Sonst w… | |
da nix. Nur ein Abschiedskuss, na ja: ein etwas längerer Abschiedskuss.“ | |
„Und der Schuh?“ – „Hab ich in der Hecke gefunden und Dave in den Garten | |
geworfen.“ – „Mann“, sagte ich, „du bist . . .“ – „. . . ein Mi… | |
hörten wir eine bekannte Stimme, und noch lange fragten wir uns, wie Dave | |
es geschafft hatte, sich lautlos ins Gum zurückzuschleichen. | |
29 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Joachim Schulz | |
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