# taz.de -- Umweltfreundliches Einweggeschirr: Und zum Nachtisch gibt‘s den L… | |
> Ein indisches Unternehmen stellt essbares Besteck aus Hirse her. | |
> Umweltschützer in Deutschland sind nicht begeistert. | |
Bild: Einen Teller voll Hirse könnte man zukünftig mit einer Hirsegabel von e… | |
BERLIN taz | Alles begann im Flugzeug. Nach einem Seminar saß Narayana | |
Peesapaty im Flieger von Ahmedabad nach Hyderabad und verspeiste einen | |
servierten Snack – mit Plastikbesteck, wie das in vielen Flugzeugen üblich | |
ist. Da kam ihm die Idee: Was, wenn man das umweltbelastende Plastik | |
ersetzen würde, und zwar durch essbare und schnell verrottende Hirse? | |
Kurz zuvor hatte der Wissenschaftler bei einer Forschungsreise ein Jowar | |
Roti bestellt, eine Art Fladenbrot aus Hirse. „Das Brot war so hart, dass | |
ich es auseinanderbrechen musste und es wie ein Spachtel benutzte, um mein | |
Curry zu essen“, berichtet Peesapaty. Damit war die Idee geschaffen für | |
Peesapatys Unternehmen Bakey’s, das seit letztem Jahr essbares Besteck aus | |
Hirse herstellt. | |
Der Wunsch, mit Hirse zu arbeiten, kam Peesapaty aber schon früher. Als | |
stellvertretender Forschungsleiter hatte er in einem | |
Marktforschungsunternehmen im Bereich der Agrarindustrie gearbeitet. Später | |
war er im Bereich der Ernteforschung tätig und beschäftigte sich mit dem | |
Grundwasserspiegel, der in Indien dramatisch sinkt. | |
Das liege vor allem an der Landwirtschaft und deren hohem Wasserverbrauch, | |
erklärt Peesapaty. In Indien seien Getreidesorten, die wenig bewässert | |
werden müssen, immer mehr durch wasserverschlingende Sorten wie Reis | |
ersetzt worden. „Je mehr Reis angebaut wird, desto schneller sinkt der | |
Grundwasserpegel.“ Deswegen will er die indischen Landwirte dazu bringen, | |
wieder mehr traditionelles Getreide anzubauen – wie Hirse, die wenig Wasser | |
benötigt. | |
## Keine Konservierung nötig | |
Hergestellt wird Peesapatys Besteck hauptsächlich aus Sorghum, einer | |
Hirsesorte. Dazu kommen noch Reis und Weizen. Der Teig wird bei 200 Grad | |
gebacken, wobei der Flüssigkeitsgehalt auf weniger als 2 Prozent reduziert | |
wird. Auf Konservierungsstoffe kann darum verzichtet werden. Außerdem | |
werden die Löffel dadurch so hart, dass man damit problemlos Suppe essen | |
könne, so Peesapaty. | |
Der Vorteil: Der Löffel ist komplett essbar. Darum bietet Peesapaty sein | |
Besteck auch in drei Geschmacksrichtungen an: neutral, süß und würzig. Wenn | |
das Besteck statt im Magen auf der Straße landet, verrottetet es innerhalb | |
weniger Tage – im Gegensatz zu Plastikbesteck. | |
Seit November 2014 hat Peesapaty nach eigener Aussage eineinhalb Millionen | |
Löffel verkauft. 4 US-Dollar muss man derzeit für 100 Löffel hinlegen. | |
Peesapaty hofft, bald auch international Abnehmer für sein essbares Besteck | |
zu finden. | |
In Deutschland stößt das Vorhaben bei Umweltschützern allerdings nicht auf | |
Begeisterung. Auch mit umweltfreundlicheren Alternativen bleibe | |
Einweggeschirr ein Problem, meint Katharina Istel vom Naturschutzbund. „Man | |
kann sich damit nicht freikaufen. Mehrweg ist immer die bessere | |
Alternative.“ Schließlich werden auch bei umweltfreundlichen Alternativen | |
Ressourcen genutzt, die bei Mehrwegprodukten nicht notwendig sind. | |
Ein weiteres Problem: Wenn man keine Lust hat, das harte Hirsebesteck nach | |
dem Essen aufzuessen, landen Lebensmittel auf der Straße. Aus diesem Grund | |
hat Peesapaty auch nicht vor, Teller oder Schüsseln aus Hirse herzustellen: | |
„Zunächst einmal wäre es ungerecht den Mägen der Leute gegenüber, wenn sie | |
nach dem Essen noch den ganzen Teller essen müssten. Wahrscheinlich würden | |
sie im Müll landen. Aber da es sich dabei um Essen handelt, will ich aus | |
ethischen Gründen nicht für noch mehr Lebensmittelabfall verantwortlich | |
sein“, stellt Peesapaty klar. | |
14 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Hannah Kappenberger | |
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