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# taz.de -- UN-Entwicklungsziele: Gutes Leben ist bezahlbar
> Um die Entwicklungsziele zu erreichen, werden zusätzliche Mittel von
> 1.000 Milliarden Dollar jährlich benötigt. Klingt viel – ist aber
> machbar.
Bild: Eines der Ziele: Alle Menschen sollen Zugang zu sauberem Wasser und vern�…
Chiang Mai/Berlin taz | Für die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks
ist es nicht weniger als ein „historischer Meilenstein“: An diesem
Wochenende wollen die Vereinten Nationen die „Nachhaltigen
Entwicklungsziele“ (englisch: Sustainable Development Goals, kurz SDGs)
verabschieden – laut Präambel ein „Plan für die Menschen, den Planeten und
Wohlstand“, der in dem Versprechen gipfelt: „Niemand wird zurückgelassen.�…
Die SDGs beinhalten viele extrem lukrative Maßnahmen: Für jeden Euro, der
in Kindergärten und Grundschulen oder den Kampf gegen Malaria, Tuberkulose
und Aids investiert wird, erhält man einen Ertrag von rund 30 Euro, hat der
dänische Think-Tank Copenhagen Consensus Center ausgerechnet. Anfangs sind
aber auch erhebliche Investitionen erforderlich, um die 17 Ober- und 169
Unterziele zu erreichen.
Eine Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam und der Beratungsfirma
Development Finance International beziffert den Bedarf: Die
Entwicklungsländer müssen jedes Jahr 800 bis 1.500 Milliarden Dollar
zusätzliche Ausgaben tätigen, um die Ziele zu erreichen. Dies entspricht 3
bis 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts dieser Länder. Die Weltbank kommt
daher zum Schluss: „Im Prinzip hat die Menschheit die Mittel, um die SDGs
zu erreichen.“ Sie warnt aber auch: „Es braucht einen Paradigmenwechsel bei
der Entwicklungsfinanzierung, um die erforderlichen Mittel zu
mobilisieren.“
Die Entwicklungshilfegelder der reichen Länder reichen dafür nicht. Sie
betrugen letztes Jahr 135 Milliarden Dollar, ein Allzeitrekord. Dazu kamen
rund 65 Milliarden Dollar aus Spenden und von Stiftungen sowie von anderen
Entwicklungsländern. Selbst wenn die reichen Länder ihre Ausgaben für
Entwicklungshilfe auf den internationalen Zielwert von 0,7 Prozent ihrer
Wirtschaftsleistung erhöhen würden, käme man nur auf 400 Milliarden Dollar.
Dazu kämen im besten Fall die 100 Milliarden Dollar, die die
Industriestaaten mobilisieren wollen, um die Entwicklungsländer beim
Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Doch
selbst dann sind rund zwei Drittel der 1.500-Milliarden-Rechnung nicht
gedeckt. Die gute Nachricht ist: Der von der Weltbank angemahnte
„Paradigmenwechsel“ wurde bei einer Konferenz in der äthiopischen
Hauptstadt Addis Abeba im Juli dieses Jahres bereits eingeleitet.
Die 1.000-Milliarden-Dollar-Lücke soll mit Mitteln aus drei Quellen
geschlossen werden: durch höhere Steuereinnahmen der Entwicklungsländer,
durch eine Reduktion von Schwarzgeldflüssen und durch private
Investitionen. In allen drei Bereichen sind bereits Maßnahmen in Arbeit.
Die Industriestaaten-Organisation OECD kümmert sich um die Steuereinnahmen:
Viele multinationale Konzerne reduzieren ihre Steuerlast, indem sie Gewinne
in Länder mit sehr niedrigen Unternehmensteuern wie Luxemburg oder Irland
verschieben. Dies soll verhindert werden, indem man diese Firmen zwingt,
ihre Gewinne und ihre Steuerzahlungen Land für Land auszuweisen.
Um Schwarzgeldflüsse einzudämmen, sollen Firmen und Stiftungen offenlegen,
wem sie gehören und wem die Gewinne zufallen. Private Investitionen spielen
derweil insbesondere in den Bereichen Energie und Infrastruktur eine
wichtige Rolle. Hier hat sich in den letzten Jahren etwa ein wachsender
Markt für grüne Anleihen entwickelt, um Investitionen in erneuerbare
Energien zu finanzieren.
Für die ärmsten Länder der Welt reichen diese Maßnahmen aber nicht aus. Die
potenziellen Steuereinnahmen sind zu gering, und für ausländische
Investoren sind diese Staaten meist unattraktiv. Das macht auch dem
Entwicklungsökonomen Jeffrey Sachs Sorgen. „Wir brauchen neue Initiativen,
damit die Länder mit niedrigem Einkommen die SDGs für Gesundheit, Bildung
und Hunger erreichen können“, sagt er.
In Addis Abeba hat man sich einzig darauf geeinigt, dass die ärmsten Länder
der Welt nicht wie bislang ein Drittel, sondern die Hälfte der
Entwicklungshilfe bekommen sollen. Ob das reicht, wird sich zeigen. Klar
ist aber: Die Ziele sind durchaus bezahlbar. Und auch Barbara Hendricks ist
optimistisch. „Mit der Verabschiedung der Ziele verpflichten wir uns auch,
für die notwendigen Mittel zu sorgen.“
23 Sep 2015
## AUTOREN
Christian Mihatsch
## TAGS
SDG
Entwicklungshilfe
Schwerpunkt Armut
Wissenschaft
Entwicklungsziele
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Schwerpunkt Angela Merkel
Nachhaltigkeit
Brasilien
Entwicklungsziele
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