# taz.de -- Derby in der Dritten Fußball-Liga: Kollektives Stadionverbot | |
> Fußballfans aus Osnabrück und Münster werden wegen Ausschreitungen bei | |
> Derbys ausgesperrt. Ultras protestieren gegen den Ausschluss. | |
Bild: Randale mit Folgen: Beim den nächsten Derbys zwischen Osnabrück und Mü… | |
OSNABRÜCK taz | „Auf den Rängen wird munter gerauft, Bierflaschen fliegen | |
herum, mit einem Satz: Es herrscht eine Prachtstimmung.“ So beschrieb der | |
Münchner Merkur vor 50 Jahren das erste Derby zwischen dem FC Bayern und | |
dem TSV 1860 in der Bundesliga. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute | |
werden drastische Maßnahmen getroffen, um die „Rabauken“, wie sie der | |
Merkur nannte, aus dem Stadion auszuschließen. So sind am Mittwoch beim | |
Derby der Drittligisten VfL Osnabrück und Preußen Münster keine Gästefans | |
im Osnabrücker Stadion an der Bremer Brücke zugelassen. Faktisch sei das | |
ein Stadionverbot, kritisiert der Rostocker Fananwalt Michael Noetzel. | |
Anfang September hatten der VfL Osnabrück und Preußen Münster zusammen mit | |
der Polizei und dem DFB in einer Art Selbstkasteiung beschlossen, die | |
Gästefans von den Hin- und Rückspielen auszuschließen. In der Vergangenheit | |
hat es bei den Derbys in Osnabrück und Münster immer wieder Ausschreitungen | |
und Verletzte gegeben. Bisheriger Höhepunkt war der Wurf eines Böllers im | |
September 2011, der über 30 Menschen verletzte. Der Münsteraner Ultra, der | |
den gefährlichen Böller im Osnabrücker Stadion warf, wurde zu einer | |
fünfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Wegen der Randale bei den Derbys | |
und anderen Spielen wurden beide Vereine zu mehreren Geldstrafen vom DFB | |
verurteilt. | |
Noetzel ist Mitglied in dem bundesweiten Zusammenschluss „Fananwälte“. „… | |
sind zwölf Anwälte, die leidenschaftlich die Interessen von Fans | |
vertreten“, erzählt er. Noetzel sagt, es liege im Ermessen der Vereine, ob | |
sie Tickets für Auswärtsfans anbieten oder nicht. Juristisch gesehen falle | |
dies unter das Zivilrecht, genauer gesagt unter das Hausrecht. „Es ist | |
schwierig, dagegen juristisch vorzugehen“, sagt Noetzel. | |
Faktisch sei der Ausschluss der Gästefans ein kollektives Stadionverbot, | |
das allerdings zeitlich begrenzt sei, sagt Noetzel. Er merkt an, dass es in | |
diesem Jahr eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geben soll, ob | |
Stadionverbote rechtens sind oder nicht. Ein Fan habe Verfassungsbeschwerde | |
gegen ein gegen ihn ausgesprochenes Stadionverbot eingelegt. Die | |
Entscheidung werde noch in diesem Jahr erwartet. | |
Glücklich ist der VfL mit dem Ausschluss der Gästefans nicht, sagt | |
Pressesprecher Sebastian Rüther. Der Verein habe sich zunächst gegen die | |
Kollektivstrafe ausgesprochen, sagt er. Bis Montag seien lediglich 7.500 | |
Tickets verkauft worden. Das über 16.000 Zuschauer fassende VfL-Stadion war | |
bei den Derbys regelmäßig ausverkauft. Nun werden die Tickets lediglich an | |
VfL-Dauerkartenbesitzer, Mitglieder, Crowdfunder und vor dem 1. September | |
2015 registrierte User im Online-Ticketshop verkauft. | |
Die Osnabrücker Ultras reagieren mit einem Stimmungsboykott. Für sie ist | |
das Spiel kein Derby mehr. „Zum Fußball, generell und ganz speziell | |
natürlich zu Derbys, gehören Fans – auf beiden Seiten“, sagt ein Sprecher | |
der Osnabrücker Ultra-Gruppe Violet Crew. Am Mittwoch werden die Ultras | |
schweigen, es wird keine Choreographie zu sehen sein und es werden keine | |
Fahnen geschwungen. Münsteraner Fans wollen am Mittwoch in Osnabrück mit | |
einer Kundgebung gegen den Ausschluss protestieren. Die ist jedoch noch | |
nicht genehmigt. | |
„Um zu zeigen, dass hier etwas im Argen liegt, haben wir uns auf den | |
Stimmungsboykott geeinigt“, so der Ultra-Sprecher weiter. Dem Fußball | |
drohe, das Elementarste zu verlieren, seine Fans. Der Boykott richte sich | |
nicht gegen die Mannschaft, sagt er. Vielmehr wolle die Violet Crew auch in | |
Zukunft das Team unterstützen. Das sei aber nur möglich, „wenn | |
Kollektiv-Ausschlüsse nicht zur Regel werden“, so der Osnabrücker Ultra. | |
Der Ausschluss vom Derby sei ein „Scheißgefühl“, sagt er. Den DFB nähme … | |
der Szene jedoch niemand mehr ernst „mit seinen Fantasie-Urteilen und | |
kruden Regelungen“. | |
Zusätzlich zu den Derbys hat der Deutsche Fußball-Verband beschlossen, dass | |
die Ostkurve im Osnabrücker Stadion, Heimstatt der Ultras, auch in den | |
Heimspielen gegen den VfB Stuttgart II und Rot-Weiß Erfurt leer bleiben | |
muss. Dies ist die Konsequenz aus dem nach einem Feuerzeugwurf | |
abgebrochenen Pokalspiel gegen RB Leipzig. | |
Doch nicht allein den DFB trifft der Zorn der Ultras, sondern auch das | |
niedersächsische Innenministerium. Dass die Behörde „beim Fan-Ausschluss in | |
den Derbys mitspielt, und zudem eine Kollektivstrafe teilt, die eigentlich | |
jedem Demokratieverständnis widerspricht, ist nur noch bedenklich“, sagt | |
der Fußballfan. Die Strafe werde die Gruppe nicht befrieden. „Ultras sind | |
immer auch Rebellion, ein ständiger Kampf mit den Zuständen, in denen wir | |
leben“, sagt er. Repression werde den Widerstand eher befeuern. | |
22 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Thomas Wübker | |
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