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# taz.de -- Wirtschaftswachstum in Griechenland: Wundersames Wachstum
> Die griechische Wirtschaft scheint in den vergangenen Monaten stärker
> gewachsen zu sein als die deutsche. Doch das ist nur eine Illusion.
Bild: In der Deflationsfalle: In Griechenland sinken die Preise immer weiter.
Berlin taz | Wie viel Geld wird Griechenland am Ende benötigen? Dies weiß
im Augenblick niemand. Der Bundestag hat am Mittwoch zwar ein europäisches
Kreditpaket von 86 Milliarden Euro abgesegnet – aber dies ist nur eine
vorläufige Zahl. Finanzminister Schäuble hat bereits angedeutet, dass noch
ein weiteres Programm nötig werden könnte.
Letztlich hängt der Finanzbedarf Griechenlands von einem einzigen Umstand
ab: Wann wächst die griechische Wirtschaft endlich wieder? Solange die
Wirtschaftsleistung schrumpft, werden sich ständig neue Defizite auftun –
weil die Steuereinnahmen sinken und immer mehr Griechen ihre Kredite nicht
bedienen können. Staat und Banken sind dann permanent vom Bankrott bedroht.
Doch Rettung scheint nah zu sein. Das Statistikamt in Athen meldete in der
vergangenen Woche, dass die griechische Wirtschaft im zweiten Quartal real
um 0,8 Prozent gewachsen sei, wenn man es mit dem ersten Quartal 2015
vergleicht. Das klingt sensationell – denn damit hätten die Griechen sogar
das reiche Deutschland überrundet, das im zweiten Quartal nur auf ein Plus
von 0,4 Prozent kam.
Das wundersame Wachstum in Griechenland wirkt besonders erstaunlich, weil
die Zeit von April bis Juni extrem chaotisch war. Die linke
Syriza-Regierung und die Eurogruppe hangelten sich von Gipfel zu Gipfel,
ohne dass die Verhandlungen vorankamen – und ständig war von einem
möglichen „Grexit“ die Rede. Niemand investierte mehr, stattdessen räumten
die Griechen ihre Konten leer. In dieser turbulenten Zeit soll es zu
Wachstum gekommen sein?
Wahrscheinlich handelt es sich nur um eine statistische Illusion.
Bekanntlich dringt die Troika darauf, dass die Schattenwirtschaft in
Griechenland zurückgedrängt wird. Restaurants und Geschäfte müssen jetzt
ihre Einnahmen verbuchen und Kassenzettel ausgeben, Handwerker müssen
Rechnungen schreiben. Diese Maßnahmen sind richtig, haben aber einen
statistischen Effekt: Hotelumsätze, die früher schwarz kassiert wurden,
tauchen jetzt in den offiziellen Zahlen auf. Die griechische Wirtschaft
wächst nicht, sondern wird nur etwas besser erfasst.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Griechenland befindet sich in einer
Deflationsfalle. Die Preise sinken rasant, wie sich in der Statistik zeigt.
Fallende Preise sind jedoch tödlich für eine Wirtschaft, weil dann
Investitionen kaum noch zu finanzieren sind. Die Höhe eines Kredits bleibt
immer gleich – und diese fixierten Darlehen lassen sich nicht zurückzahlen,
wenn gleichzeitig die Umsätze sinken. Also wird kein Unternehmer neue
Schulden aufnehmen. Noch schlimmer: Wer auf alten Krediten sitzt, kann
diese auch nicht mehr bedienen, wenn die Umsätze wegbrechen, weil die
Preise fallen. Wenn eine Deflation länger anhält, sind alle Banken pleite.
Trotz der scheinbar guten Zahlen: Der Bundestag sollte sich darauf
einstellen, dass er nicht zum letzten Mal über Kredite für Griechenland
abgestimmt hat.
21 Aug 2015
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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