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# taz.de -- Tote Flüchtlinge in Österreich: Massengrab Lastwagen
> Nachdem 71 tote Flüchtlinge in Österreich gefunden wurden, sind drei
> Tatverdächtige in Haft. Strikte Grenzkontrollen soll es nicht geben.
Bild: An der Fundstelle der Leichen wurden Blumen und Süßigkeiten niedergeleg…
Wien taz | Die Dimensionen des Verbrechens erwiesen sich als noch größer,
als anfangs befürchtet. Aus einem Kühlwagen, den die österreichische
Polizei am Donnerstag auf der Ostautobahn in einer Parkbucht entdeckt
hatte, wurden in der Nacht auf Freitag 71 Leichen im Zustand der Verwesung
geborgen. Ursprünglich war man von 20 bis 50 Toten ausgegangen. Konkret
seien es vier Kinder, acht Frauen und 59 Männer, so Hans Peter Doskozil,
Polizeichef des Burgenlandes.
Da ein syrisches Reisedokument sichergestellt wurde, liegt die Vermutung
nahe, dass es sich bei den Toten zumindest zum Teil um syrische Flüchtlinge
handle. Vor einer Autopsie durch die Gerichtsmedizin in Wien wird davon
ausgegangen, dass die Flüchtlinge in dem hermetischen Kühlraum erstickt
sind. Die Polizei hat eine Hotline eingerichtet, bei der Menschen anrufen
sollen, die etwas zur Identifizierung der Toten beitragen können.
Die anfangs ungenauen Angaben über die Opferzahlen erklärt die Polizei
damit, dass der Kühlraum gleich wieder geschlossen wurde, nachdem sich die
Beamten überzeugt hatten, dass alle tot waren. Doskozil konnte bei einer
Pressekonferenz im Innenministerium mit „tausendprozentiger Sicherheit“
ausschließen, dass noch jemand zu retten gewesen sei. Nähere Details wollte
er den Presseleuten ersparen. Die Obduktion werde sicher „einige Tage
dauern“, vertröstete Staatsanwalt Johann Fuchs: „Das ist ein logistischer
Aufwand, um diese Anzahl der Leichen zu obduzieren.“
Über die näheren Todesumstände kann man nur spekulieren. Schäden an den
Fahrzeugwänden lassen jedenfalls darauf schließen, dass die Verzweifelten
noch versucht haben, sich ins Freie zu kämpfen. Es könnte sich aber auch um
Unfallspuren handeln. Das Bewegungsprofil des Fahrzeugs deutet darauf hin,
dass sie schon tot waren, als der Lkw von Budapest losfuhr.
Wegen der elektronisch überwachten Lkw-Maut auf den Autobahnen liegen über
Abfahrt und Grenzübertritt relativ genaue Daten vor. Deswegen weiß man
auch, dass der Lkw mindestens 24 Stunden in der Parkbucht 50 Kilometer vor
Wien gestanden hatte, bevor er die Aufmerksamkeit der Polizei erregte.
## Quotenregelung für Europa durchsetzen
Überraschend schnell meldete die Polizei auch schon einen ersten
Fahndungserfolg. In Ungarn seien am Donnerstag acht Männer festgenommen
worden, von denen drei als Hauptverdächtige in Haft blieben. Es handle sich
um einen Bulgaren und zwei Ungarn, einer davon libanesischer Herkunft.
Die Ermittlungen konzentrieren sich jetzt auf einen bulgarisch-ungarischen
Schlepperring, der für die ungarischen Behörden offenbar kein Unbekannter
ist. Mit Informationen, warum die Verdächtigen so schnell gefasst wurden,
hält man sich aber zurück.
Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wiederholte auf der
Pressekonferenz ihre Ablehnung der von der rechten FPÖ geforderten strikten
Grenzkontrollen. Viel wichtiger sei die Sicherung der EU-Außengrenzen, wo
sichere Anlaufstellen geschaffen werden sollen. Eine Aussetzung des
Dublin-Verfahrens für Kriegsflüchtlinge kommt für sie nicht infrage.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kam im Ö1 Radio auf die gerechte
Aufteilung von Asylsuchenden „auf alle 28 Mitgliedsstaaten“ der EU zurück.
Auf dem Westbalkangipfel am Donnerstag habe er Kanzlerin Angela Merkel
entschlossener als zuvor gesehen, diese Quotenregelung durchzusetzen.
Faymann kann sich vorstellen, dass die Auszahlung von Förderungen an die
Erfüllung der Asylquote geknüpft wird.
28 Aug 2015
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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