# taz.de -- Jüdisches Museum erfindet sich neu: Alles frisch hinter der Fassade | |
> Das Jüdische Museum Berlin soll eine neu konzipierte Dauerausstellung | |
> erhalten. | |
Bild: Die Fassade wird bleiben, das ist sicher: Das Jüdische Museum in Berlin. | |
Das Jüdische Museum im Libeskindbau soll eine komplett neu gestaltete | |
Dauerausstellung und ein neues Kindermuseum erhalten. Die Museumsleitung | |
und Mitarbeiter des Hauses seien dabei, ein Konzept für die zukünftige | |
Dauerausstellung und die inhaltlichen Schwerpunkte zu erarbeiten, sagte | |
Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museums Berlin, zur taz: „Wir sind | |
dabei, uns neu zu erfinden.“ | |
Die bestehende „gute und überaus erfolgreiche Dauerausstellung“, betonte | |
der Direktor, sei nach 14 Jahren im Libeskindbau an ihre Grenzen gestoßen. | |
Besucher, wissenschaftliche Nutzer aber auch das Museum selbst erwarteten | |
heute andere Präsentationsformen, Themen und Schwerpunkte. Zugleich gebe es | |
Defizite in der aktuellen Schau, welche korrigiert werden müssten. Schäfer: | |
„Nicht gut sind wir im Mittelalter und in der Neuzeit.“ Vier Jahre lang | |
will sich das Museum mit Wissenschaftlern und Museumsleuten Zeit für die | |
Neukonzeption lassen. | |
Der Libeskindbau gehört zu den spektakulärsten und erfolgreichsten Museen | |
der Stadt. Rund 700.000 Besucher im Durchschnitt zählt das Museum jährlich. | |
2001 wurde der silbern glänzende Zickzackbau des Architekten Daniel | |
Libeskind (USA) neben dem barocken Altbau an der Lindenstraße eröffnet. | |
Seither ist die Dauerausstellung von der Handschrift des damaligen | |
Direktors W. Michael Blumenthal geprägt. Exponate zu 2.000 Jahre jüdische | |
Geschichte in Berlin, Deutschland und Europa werden neben zahlreichen | |
Wechselausstellungen zum jüdischen Leben, zu Kunst und Kultur, der | |
Verfolgung und des Widerstands der Juden in Deutschland gezeigt. Natürlich | |
liegt ein Schwerpunkt der Schau auf der NS-Zeit und der Ermordung der | |
europäischen Juden durch die Nazis. 2009 wurde die Akademie des Jüdischen | |
Museums in der einstigen Großmarkthalle gegenüber dem Libeskindbau | |
eröffnet. | |
## Neue Schwerpunkte und Inhalte | |
Die neue Dauerausstellung, soviel wollte Schäfer verraten, werde ebenso wie | |
die alte Schau „die jüdische Geschichte chronologisch erzählen“. „Aber … | |
wird an vielen Orten sogenannte Unterbrechungen mit thematischen | |
Schwerpunkten geben: etwa zum Thema Musik, zum Thema Kabbala und der | |
jüdischen Mystik oder mit dem Beispiel einer großen deutsch-jüdischen | |
Familiengeschichte.“ Darüber hinaus ist geplant, die Exponate besser „mit | |
der Architektur des Libeskindbaus in einen Dialog treten zu lassen“. Dafür | |
müsse ebenfalls ein neues Konzept erarbeitet werden, die Objekte und der | |
Bau seien nicht gut aufeinander abgestimmt. | |
Während sich andere jüdische Museen wie etwa in Frankfurt hauptsächlich der | |
Betrachtung des jüdischen Lebens – und Sterbens – vor Ort annehmen, will | |
das Jüdische Museum Berlin die Gesamtheit jüdisch-deutscher Geschichte im | |
Fokus behalten und erweitern. | |
Zu den neuen inhaltlichen Aspekten sollen nach Auskunft Schäfers einmal | |
„die Anfänge der europäischen Juden“ zählen. Ebenso hinzu kämen Kapitel… | |
„NS-Zeit aus jüdischer Sichtweise“ sowie die Geschichte der Emigration. | |
Schließlich werde man sich in der Dauerausstellung den Themen „deutsches | |
Judentum in der Nachkriegszeit“ und „Antisemitismus“ annehmen. Welche | |
Kosten die Neuausrichtung verursachen wird, konnte Schäfer nicht sagen. | |
Während der Umbauphase – wohl 2019/20 – werde das Museum teilweise | |
geschlossen werden müssen, wie Katharina Schmidt-Narischkin, Sprecherin des | |
Museums, ergänzte. Der Altbau und die Akademie blieben davon allerdings | |
unberührt, sagte sie. | |
27 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Rolf Lautenschläger | |
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