# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
> Lafontaine haidert, Wagenknecht gibt die Coverversion, Deutschland ist | |
> verzagt und das Saarland langmütig. | |
Bild: Sahra Wagenknecht: gegen die USA, den Euro und Flüchtlinge. | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Schon wieder irgendwas mit Plasberg. | |
Was wird besser in dieser? | |
Manche Medien finden, „Hart aber dings“ tut’s auch. | |
Sahra Wagenknecht stellt den Euro infrage, Oskar Lafontaine sagt, eine | |
weitere Übertragung von Zuständigkeiten auf die europäische Ebene sei | |
gleichbedeutend mit dem Abbau von Demokratie und Sozialstaat. Ist Anti-Euro | |
das neue Links? | |
Lafontaine hat ein Talent zu oraler Verdauung: deutsche „Familienväter und | |
Frauen“, haiderte er 2005, müssten davor geschützt werden, „dass | |
Fremdarbeiter ihnen zu Billiglöhnen die Arbeitsplätze wegnehmen“. | |
Wagenknechts Coverversion 2013: Die damalige Ausbildungsoffensive für | |
Jugendliche aus Südeuropa lehnte sie ab als „Ohrfeige für Hunderttausende | |
junge Menschen in Deutschland“. Man mag mit Wohlwollen eine linke Deutung | |
hineinlegen, doch – warum sollen wir die Arbeit von Leuten machen, die | |
hinreichend rhetorisches Rüstzeug hätten, sich NPD-unverträglich | |
auszudrücken? Lafontaine hat seine Chance verwirkt, SPD und Linke durch | |
Programmarbeit zusammenzubringen. Und er nimmt seinen Drall zum billigen | |
Jubel wichtiger als die unausweichliche Aufgabe, ein besseres Europa zu | |
formulieren. | |
„Wir nehmen jetzt 40 Prozent aller Flüchtlinge in der EU auf. In diesem | |
Jahr müssen und werden wir es verkraften. Auf Dauer allerdings sind 800.000 | |
für ein solches Land wie Deutschland zu viel.“ Was meint Innenminister de | |
Maizière mit „ein solches Land wie Deutschland“? Zu arm? Zu klein? Zu | |
rassistisch? | |
Zu verzagt. Deutschland hat einen eigenwilligen Optimismus, Probleme auf | |
Ingenieurleistungen von morgen zu verschieben: Atomkraft, Klima, | |
Verkehrsinfarkt. Traditionell verweist das Land der Schrauber und Macher | |
auf potente Patente voraus. In dieser Perspektive ist die neue Lust am Nein | |
frappierend: „Die volle Härte des Rechtsstaates“ mag de Maizière | |
demonstrieren, zu Recht, gegen Fremdenfeinde; doch eben auch gegen | |
Zuwanderer. Die Debatte über das weltweite Flüchtlingsproblem wird geführt | |
als eine des zu viel, zu schnell, zu groß. Kurz: Wir werden von | |
Zukunftsverweigerern regiert, von Neinsagern, dagegen waren die Grünen in | |
ihren besten Zeiten geschmeidige Kuschelrocker. Es fehlt an Optimismus, es | |
fehlt an Sozialingenieuren. Helmut Schmidt : „Wer Visionen hat, soll zum | |
Arzt gehen.“ Wer also keine hat, ist austherapiert. | |
Gewalttaten aus Fremdenhass werden überproportional in den östlichen | |
Bundesländern verübt. In Dortmund also alles ruhig? | |
Zur Reichsgründung 1871 hatte Dortmund 44.000 Einwohner, Anfang der | |
Neunziger über 600.000 – dazwischen lag ein Großversuch an Migration und | |
Integration durch Stahl und Kohle. Wir sind halt zu doof und auch zu | |
pessimistisch, mit der Leistung als Labor und Vorbild zu prahlen. Ein Nazi | |
sitzt im Rat, ein NSU-Mord fand wohl nicht zufällig hier statt. Und zwar im | |
Bereich Innenstadt-Nord, wo 40 Prozent der Einwohner „keine deutsche | |
Staatsbürgerschaft“ vorzuweisen haben. Sowenig das heillos unterfremdeten | |
Städten im Osten helfen mag: Was denen fehlt, sind Migranten. | |
Nordkorea versetzte seine Truppen in Alarmbereitschaft, weil Südkorea den | |
Nachbarn per Lautsprecher an der Grenze mit Propaganda beschallt. Da kann | |
man schon mal durchdrehen, oder? | |
So gesehen bis heute ein Wunder, dass es zu Zeiten der „vier fröhlichen | |
Wellen von Radio Luxemburg“ zu keinem Angriff des Saarlandes kam. | |
In England streikten die Polen, um darauf hinzuweisen, wie wichtig ihre | |
Arbeit für die britische Wirtschaft ist. Brauchen wir bei uns auch einen | |
Generalstreik der Migranten? | |
Wenn in Deutschland alle streiken, die vielleicht einen nicht ganz | |
rassegeflügelfesten Großvater haben, wird das ein Generalstreik. Die | |
polnische Zuwanderung nach Großbritannien – und – auch aus gut katholischem | |
Heimatsinn – nach Irland ist viel jünger, resultierte aus der | |
EU-Freizügigkeit. Supermärkte dort räumten Regale mit polnischen Waren ein. | |
Da mag noch Trennendes sein. Wir hingegen müssten uns selbst bestreiken. | |
Wir haben ja Erfahrung damit, eine Minderheit umzubringen und hinterher | |
festzustellen, dass es Selbstmord war. | |
Egon Bahr ist tot. Rufen Sie ihm bitte noch etwas nach? | |
Lieber Herr Bahr. Vielleicht tritt eines Tages die SPD wieder in sie ein. | |
Das wäre gut. Sie haben ihr die Chance hinterlassen. | |
Und was machen die Borussen? | |
Sorry, Bielefeld. Doch wenn das Mkhitaryan-Wunder so weitergeht, planen wir | |
eine Umbenennung in Armenier Dortmund. | |
Fragen: MAHA, AW, Y. Al-Gannabi | |
23 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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