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# taz.de -- Neugründung Wohnungsbaufirma: Dresden baut staatlich
> Vor zehn Jahren verkaufte Dresden den städtischen Wohnungsbestand. Jetzt
> gründet die Stadt wieder eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft.
Bild: Bald öffentlich gefördert: Wohnungsbau in Dresden
BERLIN taz | Was für ein Déjà-Vu: Dresden setzt auf kommunalen Wohnungsbau.
Zwar ist die Situation in der sächsischen Hauptstadt nicht mit Berlin oder
München vergleichbar, aber die Stadt wächst und die Preise bei
Neuvermietungen steigen. „Wir haben in einigen Bereichen Wohnraummangel“,
sagt André Schollbach, Fraktionschef der Dresdener Linken. Laut einem
Antrag von SPD, Grünen, Piraten und Linkspartei, der am Donnerstag im
Stadtrat angenommen wurde, soll im kommenden Jahr eine kommunale
Wohnungsbaugesellschaft gegründet werden.
Kommunaler Wohnungsbau in Dresden? Da klingelt doch was. Richtig, 2006
hatte die Stadt den gesamten öffentlichen Wohnungsbestand in einem Rutsch
verkauft. 48.000 Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBA
gingen für knapp eine Milliarde Euro über den Tisch, an den
US-amerikanischen Hedgefonds Fortress.
Die Aktion wurde damals von vielen als Befreiungsschlag betitelt. Dresden
konnte von heute auf morgen seinen Schuldenberg von 740 Millionen Euro
tilgen und war die erste deutsche Großstadt ohne Schulden, aber auch die
erste ohne eigenen Wohnungsbestand. Den Preis dafür hielten schon vor zehn
Jahren viele für zu hoch. Der Mieterbund bezeichnete den Verkauf als
„falsch und kurzfristig“. Bundesweit war die Privatisierung der WOBA der
zweitgrößte Verkauf kommunalen Wohneigentums. Als die Berliner GSW an
Cerberus und Goldman Sachs veräußert wurde, wechselten 66.000 Wohnungen den
Besitzer.
Ermöglicht wurde der Ausverkauf in beiden Fällen auch durch die
Linkspartei. Neun von 17 Abgeordneten stimmten in Dresden für den Deal. Das
sorgte für Zoff in der Partei, weit über die Stadt hinaus, der schließlich
im Zerwürfnis der Stadtratsfraktion endete.
## Die CDU zögert noch
An vorderster Front der linken Befürworter standen Christine Ostrowski und
Ronald Weckesser. Nachdem sie Drohungen erhielten und von der Parteispitze
als Verräter bezeichnet wurden, trat 2008 Ostrowski, ein Jahr später dann
Weckesser aus der Partei aus. Ostrowski sieht auch zehn Jahre später keinen
Fehler. Rückblickend sei der WOBA-Verkauf ihre beste Entscheidung gewesen,
sagte sie kürzlich.
In Dresden heißt es nun: Alles auf Anfang. Diesmal sind die Linken auf
Linie. Sie bezeichnen den Verkauf einhellig als Fehler. Das große
Zerwürfnis droht nun einer anderen Partei: der CDU. Auch im konservativen
Lager gibt es Befürworter des kommunalen Wohnungsbaus. Die Fraktion hatte
sogar an dem Antrag für eine neue WOBA mitgearbeitet und den anderen
Parteien einige Zugeständnisse abgerungen. In letzter Sekunde zog sie ihre
Unterstützung zurück.
Man wolle das nochmal mit der gesamten Partei besprechen, sagte
CDU-Fraktionschef Jan Donhauser. „Es gibt einen Parteibeschluss von 2012,
der eine neue WOBA ausschließt.“ Schollbach findet: „Dass die CDU lieber
interne Machtkämpfe austrägt, statt mit uns zusammenzuarbeiten, ist
bedauerlich.“
## Grundstücke bilden das Kapital
Der am Donnerstag angenommene Antrag bedeutet, dass Oberbürgermeister Dirk
Hilbert (FDP) nun Finanzierung und die rechtliche Form der WOBA 2.0 prüfen
muss. Er selbst ist Gegner des öffentlichen Wohnungsbaus. Das Kapital der
neuen Gesellschaft soll aus städtischen Grundstücken kommen, auch mit dem
Freistaat soll über finanzielle Förderung und den Verkauf landeseigener
Flächen verhandelt werden. Erste kommunale Wohnungen könnten bereits im
kommenen Jahr entstehen. In den nächsten 15 bis 20 Jahren sollen es rund
10.000 Wohneinheiten werden.
8 Aug 2015
## AUTOREN
Josephine Schulz
## TAGS
Dresden für alle
Sozialer Wohnungsbau
Die Linke
Deutsche Wohnen
Schwerpunkt Antifa
Sozialer Wohnungsbau
Mieten
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