# taz.de -- Flüchtlingsschiff sinkt im Mittelmeer: Und wieder sterben Hunderte | |
> Vor der Küste Libyens sinkt ein überladenes Flüchtlingsschiff, etwa 230 | |
> Menschen sterben. Vertreter der EU geben sich betroffen. | |
Bild: Hilfsorganisationen fordern mehr Schiffe zur Rettung von Bootsflüchtling… | |
BERLIN taz | Im Mittelmeer haben Rettungsmannschaften am Donnerstag nach | |
Hunderten Vermissten eines gesunkenen Flüchtlingsschiffs gesucht. 367 | |
Überlebende wurden nach Palermo auf Sizilien gebracht. | |
Das stark überladene Fischerboot kenterte am Mittwoch etwa 15 Seemeilen vor | |
der Küste Libyens. Die Menschen hatten sich auf eine Seite bewegt, als | |
ihnen der irische Marine-Aufklärer „LE Niamh“ zu Hilfe kam, nachdem die | |
Fahrt schon nach Stunden gestoppt hatte, weil Wasser in den Frachtraum | |
eingedrungen war. Nach Angaben von Geretteten waren etwa 100 Migranten im | |
Frachtraum des Schiffes, als es kenterte. Das Schiff sei „binnen zwei | |
Minuten“ gesunken, sagte der irische Verteidigungsminister Simon Coveney. | |
Die meisten Menschen an Bord stammten nach Angaben der italienischen | |
Behörden aus Syrien. Erst war von rund 700 Flüchtlingen die Rede, nach der | |
Befragung von Überlebenden senkten die Behörden am Donnerstag ihre | |
Schätzung auf etwa 600. Etwa 230 Menschen wären demnach gestorben, 25 | |
Leichen wurden geborgen. | |
Das Schiff „Dignity I“ der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) traf | |
unmittelbar nach dem Unglück ein, die MSF-Schiffe „Bourbon Argos“ und „MY | |
Phoenix“ fuhren zum Unglücksort. Gemeinsam mit der italienischen und | |
irischen Marine suchten sie in der Nacht zum Donnerstag vergeblich nach | |
weiteren Leichen, sichteten aber am Donnerstagmorgen zwei weitere | |
Flüchtlingsboote in dem Gebiet. | |
## Lieber ertrinken, als in Libyen bleiben | |
„Es war ein grauenhafter Anblick,“ sagte Juan Matías, | |
MSF-Projektkoordinator auf der „Dignity I“. Menschen hätten sich | |
„verzweifelt an Rettungsringe, Boote und allem, was sie erreichen konnten, | |
geklammert und um ihr Leben gekämpft, inmitten von Menschen, die ertranken, | |
und jenen, die schon gestorben waren.“ | |
MSF-Mitarbeiter berichten, sie hätten Überlebende gefragt, warum sie die | |
lebensgefährliche Überfahrt gewagt hätten. „Wir haben immer die gleiche | |
Antwort bekommen: Es gab keine Alternative.“ Die Migranten hätten erklärt, | |
lieber zu ertrinken, als in Libyen zu bleiben oder wieder nach Syrien zu | |
gehen. | |
Die Organisation kritisierte die unzureichende Präsenz der internationalen | |
Gemeinschaft in dem Seegebiet: „Die Tatsache, dass wir als Erste zu Hilfe | |
gerufen und dann gleich zu einem anderen Notfall weiter geschickt wurden, | |
zeigt die schweren Mängel an Ressourcen für Rettungseinsätze“, sagte | |
Matías. | |
Ähnlich äußerte sich Amnesty International (AI): „Dieses furchtbare | |
Schiffsunglück macht erneut deutlich, dass die europäischen Regierungen | |
umgehend sichere und legale Routen für schutzbedürftige Menschen einrichten | |
müssen“, sagte Denis Krivosheev, stellvertretender Europa-Direktor von AI. | |
Es sei „zwingend erforderlich, den Rettungsmissionen auf See höchste | |
Priorität zu geben“. | |
Vertreter der Brüsseler EU-Kommission schrieben am Donnerstag von „großer | |
Trauer“. „Schon ein einziges verlorenes Leben ist eines zu viel“, schrieb… | |
die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, Kommissionsvizepräsident Frans | |
Timmermans und EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos in einer gemeinsamen | |
Erklärung. | |
6 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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