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# taz.de -- Nach der Trennung von Kermit und Piggy: Wirklich frei zusammen sein
> In der Möglichkeit der Trennung kommt ein Paar erst ganz zu sich. Wer das
> nicht versteht, versteht die ganze Gesellschaft falsch.
Bild: Wir können jederzeit gehen, wenn wir wollen.
Wenn Paare sich trennen, bekommen Gesellschaftsanalytiker traurige Augen.
Das Ende der Liebe ist gekommen. Individualisierung macht einsam. Der
Kapitalismus lässt uns zu Egoisten werden. Solche Thesen sind schnell bei
der Hand. Dabei ist es in Wirklichkeit ganz anders. Von der Tatsache, dass
es Trennungen gibt, lässt sich nämlich gar nicht auf ein Ende des
Paarmodells schließen. Vielmehr kann dieses Modell, wenn es vom Zwang
befreit ist, Norm sein zu müssen, erst richtig zu sich kommen.
Der Punkt ist: Erst wenn Paare sich auch jederzeit trennen können, können
sie auch wirklich zusammen sein. Denn erst dann hängt es nur von seinen
Mitgliedern ab, ob das Paar zusammenbleibt – und nicht vom kirchlichen
Segen oder gesellschaftlichem Druck, von Konventionen oder wirtschaftlichen
Notwendigkeiten. Die Mitglieder moderner Paare müssen sich so nahekommen –
und dabei häufig narzisstische Selbstentwürfe überwinden –, dass sie aus
sich heraus Stabilität herstellen. Das heißt aber: Paare sind heute viel
intensiver zusammen, als sie es je zuvor waren. Und das können sie nur
deshalb sein, weil sie nicht zusammen sein müssen.
Es wird Zeit, dass sich diese Erkenntnis weiter herumspricht. Man versteht
unsere gesamte Gesellschaft falsch, wenn man diesen Punkt nicht versteht.
Auch wenn sie es nicht mehr offen aussprechen, wittern Kirchenvertreter bei
Trennungen immer noch Sittlichkeitsverfall.
Und linke Theoretiker schließen auf Konsumdenken innerhalb von Beziehungen
oder auf einen selbst- und paarzerstörerischen Hang zur Selbstoptimierung.
Individualisierung – das hat für sie etwas Defizitäres. Dabei ist es die
Voraussetzung allen geglückten Lebens, ob nun als Single oder als Paar. Das
bedeutet nun nicht, dass man sich freuen soll, wenn sich Paare trennen.
So wichtig die Möglichkeit dazu ist, so traurig ist es auch, wenn eine
Liebe endet. Und so schwierig ist es. Mittlerweile muss man sich so stark
auf den Partner einlassen, dass man sich nach dem Ende ernsthafter
Beziehungen oft von Grund auf neu erfinden muss. Anstrengend? Ja. Niemand
hat gesagt, dass Paarmodelle etwas für Feiglinge sind.
Aber man kann sich eben auch neu erfinden, während man früher nach
Trennungen mit Makeln (als Frau) oder unter Wiederholungszwang (als Mann)
leben musste.
5 Aug 2015
## AUTOREN
Dirk Knipphals
## TAGS
Liebe
Beziehung
Freiheit
Sex
Michel Houellebecq
Hippies
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