# taz.de -- Nach dem Anschlag in Suruc: Polizei identifiziert Verdächtigen | |
> Die türkische Polizei verdächtigt einen 20-jährigen Türken als | |
> Attentäter. Am Mittwochmorgen wurden zwei Polizisten bei einem Anschlag | |
> getötet. | |
Bild: Protest gegen den Anschlag von Suruc in Istanbul am Dienstag | |
Istanbul/Suruc afp/dpa/reuters | In der Stadt Ceylanpinar im Südosten der | |
Türkei sind am Mittwoch bei einem Anschlag zwei Polizisten getötet worden. | |
Das berichtete der Sender NTV unter Berufung auf den Provinzgouverneur in | |
Sanliurfa. Vor zwei Tagen waren bei einem Selbstmordanschlag in Suruc an | |
der Grenze zu Syrien 32 Menschen getötet und 100 weitere verletzt worden. | |
Die türkische Regierung machte die sunnitische Extremistenorganisation | |
Islamischer Staat (IS) für das Suruc-Attentat verantwortlich. | |
## Polizei identifiziert Verdächtigen | |
Nach dem Anschlag in Suruc hat die Polizei einen Verdächtigen | |
identifiziert. Das teilte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Dienstag in | |
Sanliurfa unweit des Anschlagsortes mit. Mögliche Verbindungen ins In- und | |
Ausland würden zwar noch geprüft, es handle sich aber mit „größter | |
Wahrscheinlichkeit“ um einen Anschlag der Dschihadistenmiliz Islamischer | |
Staat (IS). Sollte sich dies bewahrheiten, wäre es der erste IS-Anschlag in | |
der Türkei. | |
[1][Bei dem Anschlag auf ein Kulturzentrum in Suruc waren am Montag mehr | |
als 30 Menschen getötet worden]. Knapp 30 der rund hundert Verletzten lagen | |
demnach am Dienstag noch im Krankenhaus. Zusammen mit seiner Frau Sare | |
besuchte Davutoglu einige von ihnen. Bei einer Trauerfeier im nahegelegenen | |
Gaziantep klammerten sich trauernde Angehörige in erschütternden Szenen an | |
die Särge der Todesopfer, die in verschiedenen türkischen Städten | |
beigesetzt werden sollen. | |
In Medienberichten war zunächst die Rede davon gewesen, dass eine Frau das | |
Attentat verübt haben könnte. Die Nachrichtenagentur Diha berichtete | |
jedoch, der Täter sei ein 20-jähriger Türke gewesen, der sich vor zwei | |
Monaten dem IS angeschlossen habe. Davutoglu wollte keine näheren Details | |
nennen. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach Davutoglu in einem Telegramm ihr | |
Beileid aus. Bundespräsident Joachim Gauck schrieb an seinen türkischen | |
Kollegen Recep Tayyip Erdogan, er sei zutiefst bestürzt über den | |
„menschenverachtenden und hinterhältigen Anschlag“. | |
Zu dem Anti-IS-Treffen, auf das der Anschlag verübt wurde, hatten sich in | |
Suruc rund 300 linksgerichtete und prokurdische TeilnehmerInnen versammelt, | |
die meisten von ihnen StudentInnen. Sie hatten vor, den Wiederaufbau der | |
kurdischen Stadt Kobane zu unterstützen, die auf der syrischen Seite der | |
Grenze liegt und durch wiederholte IS-Attacken weitgehend zerstört wurde. | |
In Suruc befindet sich zudem eines der größten Flüchtlingslager für Syrer, | |
die vor den Kämpfen in ihrem Land flohen. In dem im Januar eröffneten Camp | |
leben rund 35.000 Flüchtlinge. Insgesamt flohen seit dem Beginn des | |
Bürgerkriegs vor vier Jahren 1,8 Millionen Menschen aus Syrien in die | |
Türkei. Die beiden Länder haben eine 911 Kilometer lange gemeinsame Grenze. | |
## „Neue Sicherheitsmaßnahmen an der Grenze“ | |
Der Westen warf Ankara wiederholt vor, [2][die Grenze nicht genügend zu | |
schützen] und so Dschihadisten die Einreise nach Syrien zu ermöglichen. Die | |
türkische Zeitung „Hürriyet“ berichtete am Dienstag, der türkische | |
Geheimdienst habe die Regierung erst kürzlich gewarnt, dass sieben | |
IS-Mitglieder, darunter drei Frauen, in den vergangenen Wochen über die | |
Grenze gekommen seien und Anschläge planten. Zuletzt hatte die Türkei | |
allerdings ihre Kontrollen an Flughäfen und auch direkt an der Grenze | |
verschärft. | |
Davutoglu kündigte für Mittwoch eine Sondersitzung des Kabinetts an. | |
Beraten werden soll demnach über einen Aktionsplan, der unter anderem „neue | |
Sicherheitsmaßnahmen an der Grenze“ vorsieht. | |
Kobane war im vergangenen Jahr monatelang Schauplatz heftiger Kämpfe, | |
nachdem der IS dort eingerückt war. Im Januar zwangen kurdische Kämpfer mit | |
Unterstützung von US-geführten Luftangriffen die IS-Kämpfer zum Rückzug. | |
Ende Juni startete der IS eine neue Offensive, wurde aber nach nur zwei | |
Tagen wieder vertrieben. | |
Die Türkei beteiligt sich bislang nicht an den Luftangriffen gegen den IS | |
und will vor allem die Gründung eines Kurdenstaats im Norden Syriens | |
verhindern. Im Oktober waren bei landesweiten Protesten gegen die türkische | |
Syrien-Politik dutzende Menschen getötet worden. Die Kurdenpartei HDP rief | |
für das Wochenende zu einer Großdemonstration gegen „IS-Barbarei“ in | |
Istanbul auf. | |
## Türkei will Terrormiliz IS resolut bekämpfen | |
Nach dem Bombenanschlag will die Türkei die Terrormiliz Islamischer Staat | |
(IS) weiter unnachgiebig bekämpfen. „Der Kampf gegen Daesh (IS) wird mit | |
Entschlossenheit fortgeführt“, sagte Präsidentensprecher Ibrahim Kalin der | |
staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstagabend. Zugleich wies er | |
Vorwürfe der Opposition zurück, die Regierung unternehme zu wenig gegen die | |
Terrormiliz. | |
Kalin sagte weiter, seit der Aufnahme des IS in die Terrorliste im Oktober | |
2013 seien 1600 Ausländer mit Verbindungen zur Terrormiliz abgeschoben und | |
gegen mehr als 15.000 Einreiseverbote verhängt worden. Die Behörden hätten | |
zudem mehr als 500 Verdächtige festgenommen und gegen rund Hundert | |
Haftbefehl erlassen. | |
## Polizei geht gegen DemonstrantInnen in Istanbul vor | |
Nach dem Selbstmordanschlag in der türkischen Grenzstadt Suruc ist die | |
Polizei am Dienstag mit Tränengas und Wasserwerfern gegen hunderte | |
DemonstrantInnen in Istanbul vorgegangen. Rund 800 DemonstrantInnen gingen | |
aus Protest gegen den Anschlag in Kadikoy auf der asiatischen Seite der | |
Stadt auf die Straße und skandierten „Mörderstaat wird zur Rechenschaft | |
gezogen“, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Bei einer vorherigen | |
Demonstration in Sisli auf der europäischen Seite der Stadt nahm die | |
Polizei dutzende DemonstrantInnen fest, die regierungsfeindliche Slogans | |
riefen. | |
Auch in der mehrheitlich kurdischen Stadt Nusaybin an der Grenze zu Syrien | |
setzte die Polizei Tränengas ein, wie die private Nachrichtenagentur Dogan | |
berichtete. Eine 55-jährige Frau sei dabei verletzt worden. | |
Bei dem Anschlag auf ein Kulturzentrum in Suruc waren am Montag 32 Menschen | |
getötet und rund hundert verletzt worden. Bei den Opfern handelt es sich | |
überwiegend um jugendliche AktivistInnen. Die Tat ist nach türkischen | |
Regierungsangaben wahrscheinlich der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat | |
(IS) zuzuschreiben. Vor allem die Kurden in der Türkei kritisieren, dass | |
die Regierung bislang nicht den Vormarsch des IS an der unmittelbaren | |
Grenze zur Türkei gestoppt hat. Der IS hat weite Teile Syriens und des Irak | |
unter seine Kontrolle gebracht. | |
22 Jul 2015 | |
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