# taz.de -- Protest gegen Giftlaster: Gefährliche Wässer | |
> Der Energiekonzern Exxon-Mobil will mit Chemikalien belastetes | |
> Lagerstättenwasser aus unterschiedlichen Sonden in Walsrode verpressen. | |
Bild: Hände weg von unser Wiese: Anwohner wehren sich gegen Gasförderung. | |
Walsrode hat keinen Bock auf Exxons Tanklaster: Eine Sondergenehmigung für | |
die 35 Großlaster pro Woche, die auf dem Weg zur Versenkbohrung H1 durch | |
die Ortschaften Schneeheide und Fulde donnern würden, will die parteilose | |
Bürgermeisterin Helma Spöring nicht ohne weiteres erteilen. Das hat sie | |
angekündigt. | |
„Es müssen Wirtschaftswege genutzt werden, die für LKW baulich nicht | |
ertüchtigt sind“, erläutert sie der taz.nord. „Es besteht somit keine | |
Erschließung zu der Versenkbohrung Walsrode H1 in Fulde“. Falls das | |
[1][Landesamt für Bergbau Energie und Geologie] (LBEG) allerdings den | |
Antrag genehmige und Exxon die Straßen ertüchtige, habe die Stadt rechtlich | |
wenig Möglichkeiten die Zufahrt zu verweigern. | |
Exxon will an H1 Wasser verpressen, Lagerstättenwasser. So wie bisher | |
schon. Nur, laut einem am 2. Juni beim Landesamt für Bergbau, Energie und | |
Geologie eingereichten Nachtragsantrag 60.000 statt 24.000 Kubikmeter. Der | |
Clusterplatz H1 solle ,, die Abwässer „auch aus anderen Produktionssonden“ | |
aufnehmen, sagt Unternehmenssprecher Klaus Torp. | |
Die Genehmigung für die nötige Tankkraftwagen-Verladung habe man schon, | |
versichert Torp. Die [2][bergbaurechtlichen] Fragen befinden sich nach | |
Auskunft des LBEG in der Prüfung. Sie habe gegenüber der zuständigen | |
Behörde „erhebliche Bedenken angemeldet“, sagt Bürgermeisterin Spöring, | |
„und gefordert, den Antrag nicht zu genehmigen“. Das Vorhaben müsse | |
gestoppt werden, fordert auch die [3][äußerst umtriebige Bürger-Ini | |
Uelzen]. | |
Lagerstättenwasser tritt bei der Erdölgewinnung zu Tage. Eine | |
wasserrechtliche Definition fehlt noch. Und doch ist es ein besonderer | |
Saft. Laut Bundesanstalt für Risikobewertung (BFR) steht fest, dass er | |
hochmineralisiert und mit natürlichen radioaktiven Materialien versetzt | |
ist, zudem mit Kohlenwasserstoffen und, je nach Verfahren auch noch | |
Frackfluid. | |
Mehr aber weiß man nicht: „Lückenhafte Kenntnis der Beschaffenheit“ | |
resümiert das BFR. „Kein Stand der Technik für Behandlung und Entsorgung | |
definiert“. Lagerstättenwasser zu analysieren – darauf war lange keiner | |
gekommen. Einerseits: Weil Analysen teuer sind. Andererseits, weil es lange | |
hieß, dass der Flowback ja in Schichten, in denen die in ihm enthaltenen | |
Umweltgifte natürlich vorkommen, weit, weit unterhalb des Grundwassers | |
verbracht werde – und es gar nicht verunreinigen könnten. | |
So erwähnt auch [4][die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung] | |
im Bergbau das Lagerstättenwasser mit keiner Silbe. Künftig wird sich das | |
laut Landesumweltministerium ändern, aber „die Regelung dafür ist noch im | |
Gesetzgebungsverfahren“. | |
Möglich, dass Exxon genau deshalb jetzt seinen Antrag stellt: Bei der | |
aktuellen Gesetzeslage hat der Konzern vermutlich einen Anspruch darauf, | |
sein Bohrloch stärker als zuvor zu beanspruchen. Der Konzern freilich | |
stellt das Vorhaben als Teil eines Ausstiegsszenarios dar: Man wolle die | |
als bedenklich eingestufte Verpressung in Kalkarenit überwinden. Künftig | |
werde Lagerstättenwasser nur in Gesteinsformationen versenkt, die | |
ursprünglich auch Gas oder Erdöl enthielten. | |
Klingt widersprüchlich: Denn H1 ist ein Kalkstein-Bohrloch. Doch wäre | |
dessen Zusatzlast nur „zeitlich begrenzt“, kontert Exxon-Sprecher Torp. | |
Ziel bleibe es, bis zum Jahr 2020 sämtliche Kalkarenit-Bohrungen zu | |
verfüllen, „auch diese Bohrung“. | |
Keine Rolle spielt nach Einschätzung des Landesamtes für Bergbau, Geologie | |
und Energie, dass Wasserverpressungen [5][seismische Aktivitäten auslösen | |
können]: In der Region Walsrode haben die Behörden in der Vergangenheit | |
zwar neun schwache Erdbeben registriert – fast alle unterhalb der | |
Wahrnehmungsschwelle. Diese Ereignisse seien jedoch wahrscheinlich durch | |
die Erdgasförderung verursacht: Angesichts der Herdtiefe – also dem genauen | |
Ort der Erschütterung sei „ein Zusammenhang mit der Versenkung von | |
Lagerstättenwasser eher unwahrscheinlich“, lautet die Auskunft. | |
21 Jul 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.lbeg.niedersachsen.de | |
[2] http://www.gesetze-im-internet.de/bbergg/BJNR013100980.html | |
[3] http://www.bi-uelzen.de/2015/07/exxonmobil-beantragt-erhoehung-der-lagersta… | |
[4] http://www.gesetze-im-internet.de/uvpbergbv/BJNR014200990.html | |
[5] http://www.katiekeranen.com/2014/06/17/links-between-wastewater-injection-a… | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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