# taz.de -- Ostvereine in der Dritten Liga: Treffen der Sitzenbleiber | |
> Acht ehemalige DDR-Oberligavereine schüren im Osten die Vorfreude auf die | |
> Dritte Liga. Dabei verfehlen die Klubs seit Jahren ihre Ziele. | |
Bild: Sven Köhler im Trikot des FC Karl-Marx-Stadt wirft sich in einen Schuss … | |
Bei knapp 6.000 war Schluss – zumindest vorerst. Wegen der großen Nachfrage | |
nach Karten fürs Eröffnungsspiel gegen Rot-Weiß Erfurt hat | |
Drittliga-Neuling 1. FC Magdeburg den Verkauf von Dauerkarten am Dienstag | |
für eine Woche ausgesetzt. Knapp 18.000 Tageskarten waren zu diesem | |
Zeitpunkt bereits verkauft, das Stadion drei Tage vor dem Anpfiff bereits | |
zu zwei Dritteln ausgelastet. | |
Es ist nur eine Episode, die aber zeigt, wie groß die Euphorie vor der | |
achten Saison der eingleisigen Dritten Liga ist – vor allem im Osten der | |
Republik. Eine Mitverantwortung dafür trägt auch der 1. FC Magdeburg. Durch | |
seinen Aufstieg und den gleichzeitigen Abstieg des FC Erzgebirge Aue aus | |
der Zweiten Liga spielen nunmehr acht Vereine in der Dritten Liga, Klubs, | |
die einst Dauergast in der ehemaligen DDR-Oberliga waren: neben Aue und | |
Magdeburg auch Dresden, Erfurt, Chemnitz, Halle, Cottbus und Rostock. | |
Im gesamtdeutschen Profifußball hat es solch eine Häufung nach dem Ende der | |
DDR noch nicht gegeben. Insgesamt 56 Ostduelle wird es in der neuen Saison | |
geben. Nur vier Spieltage kommen ohne aus. Scherzhaft macht bereits der | |
Begriff „DDR-Oberliga 2.0“ die Runde. | |
Die Fußballbegeisterung im Osten und Nordosten ist groß. Bereits in der | |
vergangenen Saison fanden sich alle Ex-DDR-Vereine mit Ausnahme des | |
Chemnitzer FC in der ersten Hälfte der Drittliga-Zuschauertabelle wieder. | |
Mit Magdeburg und Aue kommen weitere Vereine mit ansehnlicher Kulisse | |
hinzu. Unangefochtener Publikumskrösus der Dritten Liga wird weiterhin | |
Dynamo Dresden sein. Knapp 23.000 Fans wollten die Heimspiele der Sachsen | |
im Schnitt sehen. Da können selbst in der Zweiten Liga nur wenige Vereine | |
mithalten. | |
## Nostalgie und Realität | |
Über das „Klassentreffen“ in Liga 3 freuen sich die Fernsehsender. Der MDR | |
hat angekündigt, jede Woche mindestens ein Spiel live im Fernsehen | |
übertragen zu wollen, auch der RBB und der NDR wollen regelmäßige Spiele | |
ihrer Regionalteams Cottbus und Rostock zeigen. | |
So reizvoll die Aussicht auf eine Vielzahl spannender Derbys ist – die | |
aufkeimende Nostalgie kaschiert den negativen sportlichen Trend, der sich | |
für viele Ostvereine in den vergangenen Jahren abzeichnete. Noch vor zehn | |
Jahren waren vier Vereine mit DDR-Oberliga-Vergangenheit in der Zweiten | |
Liga vertreten, heute findet man da nur den 1. FC Union Berlin. Der | |
Anspruch ist freilich ein anderer, aber die Wirklichkeit hat viele Vereine | |
eingeholt. | |
Besonders ein Mangel an finanzkräftigen überregionalen Geldgebern | |
verhindert höhere sportliche Ambitionen. Torsten Traub, Sportlicher Leiter | |
von Rot-Weiß Erfurt, hofft, dass sich wegen der größeren medialen Präsenz | |
bald auch ein paar finanzkräftige Sponsoren bei seinem Klub melden. Auf | |
diesen indirekten Effekt sind die Vereine auch angewiesen. Gerade einmal | |
rund 750.000 Euro erhält jeder Drittligist aus dem TV-Vertrag zwischen dem | |
DFB und der ARD; Zweitligisten erhalten dagegen einen Betrag im mittleren | |
Millionenbereich. | |
Der Verband hat es bisher verpasst, einen lukrativeren Fernsehdeal | |
einzufädeln. Das Potenzial dazu ist anscheinend vorhanden. Der Bezahlsender | |
Sky hinterlegte Ende Juni sein Interesse an einer Übertragung der Dritten | |
Liga, dabei spielte auch die gestiegene Attraktivität durch die Ostvereine | |
eine Rolle. Ein Sky-Einstieg ist jedoch frühestens ab der Saison 2018/2019 | |
möglich. Bis dahin läuft der Vertrag zwischen DFB und ARD. | |
## Zurückgehaltene Aufstiegsträume | |
Die Etats der Ostvereine liegen unterdessen im Mittelfeld der Dritten Liga. | |
Viele der Teams suchen deshalb bevorzugt in unteren Ligen oder den | |
Ausbildungsteams der Erst- und Zweitligisten nach Verstärkungen. Neben der | |
Drittliga-Konkurrenz fischen aber auch viele höherklassige Teams in diesem | |
Becken. Die finanziellen Mittel sind begrenzt, der Konkurrenzdruck ist | |
groß. Das hat Auswirkungen auf die sportliche Planungssicherheit. Vor zwei | |
Jahren hat Rot-Weiß Erfurt die „Mission 2016“ ausgerufen. | |
Zum 50-jährigen Vereinsjubiläum 2016 wollte der Verein ein neues Stadion | |
präsentieren und den Aufstieg in die Zweite Liga geschafft haben. Mit der | |
Multifunktionsarena liegt der Verein im Plan, vom sportlichen Ziel hat man | |
sich mittlerweile wieder verabschiedet. „Das Projekt 2016 ist noch in | |
gewisser Weise da, aber ohne den Druck, aufsteigen zu müssen“, sagt Torsten | |
Traub. | |
Den hat sich vor der neuen Saison einzig Dynamo Dresden auferlegt. Sie | |
gelten als Favorit dieser Dritten Liga. Alle anderen Ostvereine halten sich | |
mit Aufstiegsträumen zurück, denn sie wissen ja, wie oft die in den | |
vergangenen 20 Jahren zerplatzt sind. | |
24 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Ronny Müller | |
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