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# taz.de -- Maccabi Games in Berlin: Der Optimismus ist wieder da
> Die 14. European Maccabi Games finden in Berlin statt. Bei der jüdischen
> Sportbewegung ging es von Anfang an um den Kampf gegen Ausgrenzung.
Bild: Vor dem Bundeskanzleramt gibt es eine Ausstellung über jüdische Sportle…
Berlin taz | „Die Makkabi-Geschichte ist eine Berliner Geschichte“, sagt
Alon Meyer, der Präsident von Makkabi Deutschland. Meyer meint nicht nur
den jüdischen Sport in Deutschland, sondern weltweit. Hier hat Makkabi
derzeit zwar nur etwa 4.000 Mitglieder – 400.000 hat die Maccabi World
Union. Dennoch ist Berlin bedeutsam für den jüdischen Sport.
Nicht nur, dass derzeit große Teile der jüdischen Community auf die
European Maccabi Games (EMG) in Berlin schauen. Schon 1929 war die
Makkabiwelt hier vertreten. Da zog nämlich die Geschäftsstelle des
Verbandes nach Berlin um. Im Jahr 1935 musste der Sitz der Maccabi World
Union nach London verlegt werden, seit 1946 sitzt sie in Ramat Gan, einer
Stadt bei Tel Aviv.
Nun also die EMG in Berlin. Die meisten Wettkämpfe finden im Olympiapark
statt, dort, wo 1936 die Nazis Olympia für ihre Propaganda inszenierten und
vielen jüdischen Sportlern die Teilnahme verweigert wurde. „Wir wollen aber
keine Holocaust-Gedenkspiele“, sagt Oren Osterer, Organisationschef der
EMG. Dabei weiß er, dass es an diesem Ort, 70 Jahre nach der Befreiung der
letzten KZs in Berlin, auch darum geht. „Es gab Bedenken in der jüdischen
Gemeinschaft, ob es richtig ist, die Spiele hier zu veranstalten“, sagt
Osterer. „Das ist aber eine Generationenfrage.“ Jüngere hätten damit kein
Problem.
Der Optimismus im jüdischen Sport ist wieder da. Alon Meyer sagt: „Von den
Zahlen, Daten, Fakten werden es die größten Europäischen Makkabi-Spiele,
die es seit 1929 gegeben hat.“ Die größten überhaupt also, denn 1929 fanden
in Prag die ersten statt, 1932 gab es die erste Makkabiade, das Weltfest.
## Gegen das antisemitische Stereotyp
Warum gibt es überhaupt jüdischen Sport? Rebecca Landshut, Hockeyspielerin
beim Münchner SC und eine der wenigen Weltklassesportlerinnen, die in
Berlin antreten, hat der taz die Frage im Scherz so beantwortet: „Wir
wollen halt auch mal gewinnen.“ Schließlich gebe es ja nicht allzu viele
jüdische Weltklasseathleten.
Ganz weit weg ist Landshut mit ihrer Erklärung nicht von Max Nordau, dem
Arzt und Vordenker jüdischen Sports, der 1898 auf dem zweiten Baseler
Zionistenkongress die Losung vom „Muskeljuden“ ausgab: Gegen das
antisemitische Stereotyp, Juden seien schwächlich und durchgeistigt, wollte
Nordau kräftige Vertreter jüdischen Sports setzen.
Religiöse Begründungen für Sport sind nicht selten. Im deutschen Sport gibt
und gab es auch immer christliche Vereine. Doch bei der jüdischen
Sportbewegung ging es von Anfang an um den Kampf gegen Ausgrenzung. Viele
Sportvereine, gerade in Deutschland, hatten schon früh „Arierparagrafen“ in
ihren Satzungen, am schlimmsten waren die Turner und der Alpenverein, die
weit vor der Machtergreifung der Nazis 1933 „judenrein“ waren.
Einen Aufschwung erlebte der jüdische Sport in Deutschland nach 1933:
Gerade der Ausschluss aus den bürgerlichen deutschen Sportvereinen bewirkte
eine Verzehnfachung der Mitgliederzahlen. Auf einmal kamen
Weltklassesportler wie Lilli Henoch, eine der besten Leichtathletinnen der
zwanziger und dreißiger Jahre, die immer für den bürgerlichen Berliner SC
angetreten war, in einen jüdischen Sportverein. Die scheinbare Blüte
dauerte exakt bis zum November 1938. Nach den Pogromen der
„Reichskristallnacht“ war auch dieser Teil jüdischen Lebens zerschlagen und
zerstört. Der Boden für die Schoah war bereitet.
Doch der Aufschwung, den der jüdische Sport in Deutschland seit den
neunziger Jahren genommen hat – seit aus der früheren Sowjetunion viele
Juden kamen – hat mit der Scheinblüte der dreißiger Jahre nichts zu tun.
Die Makkabi-Vereine nehmen, anders als in den dreißiger Jahren, teil am
allgemeinen Meisterschafts- und Ligabetrieb. Die Fußballer von TuS Makkabi
Berlin kicken in der Landesliga, Maccabi Düsseldorf hat Basketballer in der
Oberliga, und ein paar deutsche Jugendschachmeister stellt Makkabi auch.
## Verhaltenstipp 2015: Nicht mit Kippa durch Berlin
Selbstbewusst war der jüdische Sport in Deutschland aber schon vor 1990.
Als die Makkabi-Bewegung 1988 ihr neunzigjähriges Jubiläum feiern wollte,
kam der Gedanke auf, die European Maccabi Games in Berlin auszurichten.
Doch die Makkabi-Verbände in den Nachbarländern wollten nicht. Makkabi
Deutschland lud dann zu den Internationalen Deutschen
Makkabi-Meisterschaften nach Westberlin ein, die Eröffnungsfeier im Stadion
des SC Siemensstadt erinnerte an die Eröffnungsfeier von „richtigen“
Makkabi-Spielen.
Was Berlin 2015 wirklich anders macht als die bisherigen EMGs, ist die
Präsenz, die man in der Stadt einnimmt. Der Eintritt zu den
Sportveranstaltungen ist frei, in der ganzen Stadt werden sie beworben.
„Die Berliner Polizei sagt, sie habe noch nie so einen Spagat zwischen
Sicherheit und Offenheit hinlegen müssen“, sagt Organisationschef Osterer.
Untergebracht sind die Sportler im Estrel – im größten Hotel Europas.
Alle Teilnehmer haben einen Verhaltenskatalog bekommen, dass sie nicht mit
Kippa oder Davidstern etwa durch den Bezirk Neukölln mit seinem hohen
Anteil an arabischstämmigen Bewohnern gehen sollen. Die etwa 600 Sportler,
die noch nicht 18 Jahre alt sind, haben ein generelles Ausgehverbot
ausgesprochen bekommen. Allein, das Hotel Estrel liegt in Neukölln.
27 Jul 2015
## AUTOREN
Martin Krauss
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