# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Floskeln hoch auf die Hebebühne! | |
> Alle Zeitungen verlieren an Auflage. Die Mittel, mit denen sich Verleger | |
> und Chefredakteure an ihre Leser ranwanzen, sind peinlich. | |
Bild: „Weniger Tam-Tam und Glitzer“: Der Henri-Nannen-Preis wird wieder ver… | |
Hallo taz-Medienredaktion! | |
Ich mache mir ja so meine Gedanken. Nicht, ob ich wie Bild.de das | |
Sommerloch mit auf zur Wichsvorlage reduzierten Frauen fülle, sondern was | |
ich tu, wenn das mit den Honoraren im Journalismus so beschissen | |
weitergeht. | |
Am Dienstag hatte ich eine tolle Geschäftsidee. Ich hatte mich via Twitter | |
daran gestoßen, dass turi2 im Zusammenhang mit den Auflagenverlusten im | |
Print von einem „IVW-Blutbad“ schrieb, während im Nachbarland der IS | |
Dutzende Menschen zerfetzt. Bums hieß es, Burmester fordere „Metaphern auf | |
den Prüfstand“. Da dachte ich: „Ja, das tu ich! Ich mache einen | |
Phrasen-TÜV!“ Ich werde einen schnieken Blaumann tragen und eine Hebebühne | |
haben, mit der ich Floskeln hochfahre und sie mit allerlei Gerät prüfe. | |
Hach, ich bin so froh, dass ich so viele Ideen habe und mir um meine | |
Zukunft keine Sorgen zu machen brauche! Zumal ich es doch sehr peinlich | |
finde, mit welchen Mitteln die Chefredakteure und Herausgeber sich an ihre | |
Leser heranwanzen. Es hat was von Würdelosigkeit, wenn die wie Aale-Dieter | |
auf dem Hamburger Fischmarkt ihr Zeug raushauen, auf dass bitte, bitte | |
irgendjemand ihre Zeitungen kaufe. | |
Diese Woche vertraut Gabor Steingart nicht länger seinem Produkt und legt | |
den Lesern seines „Morning Briefings“ – Obacht, mein Wort hat Gewicht, wo… | |
dem, der mit einer Extraportion schon am frühen Morgen beglückt wird! – | |
noch etwas Exklusives bei: ein Interview aus dem kostenpflichtigen Magazin | |
Berliner Republik. Ja, was kommt als nächstes? Angelgutschein, | |
Slipeinlagen? „Ein Abend mit mir und meiner Frau“? Immerhin funktioniert | |
es. Das Handelsblatt ist eines der wenigen mit Zuwachs bei den | |
Verkaufszahlen. Neben Laviva und Lego Chima. | |
## Proporz-Potenz-Gekungel | |
Gruner & Jahr, der Hamburger Verlag, der eine neue Bleibe am Stadtrand | |
sucht, hat nun endlich bekanntgegeben, dass der Henri-Nannen-Preis wieder | |
verliehen werden wird. Die Preisvergabe war im Zuge der Sparmaßnahmen | |
ausgesetzt worden. Infos dazu gibt es im Oktober. Oder auch hier: Der | |
Preis, dessen Neukonzeption vom Stern-Chefredakteur Christian Krug erdacht | |
wird, soll „näher an den Stern heranrücken“, sagt Sabine Grüngreiff aus … | |
Pressestelle. „Das Handwerk wird mehr im Fokus stehen“ und die Verleihung | |
werde eher eine kleine, exklusive Veranstaltung sein, mit „weniger Tam-Tam | |
und Glitzer“. | |
Auch werde es nicht länger eine „Smokingveranstaltung“ sein. Ich analysiere | |
und fange mit dem Guten an: Die unnützen Prominenten, die mit Journalismus | |
soviel zu tun haben wie ein Hering mit Tanzmusik, könnten wegbleiben. Wenn | |
Handwerk eine größere Rolle spielt, könnte das Proporz-Potenz-Gekungel | |
zwischen Spiegel, Gruner und Die Zeit geringer werden. | |
KollegInnen anderer Verlage, die auch gut schreiben, könnten eine größere | |
Chance bekommen. Es könnte wieder mehr um Inhalte gehen. Stichwort: kein | |
Schauspielhaus als Austragungsort, Pommes nur noch ohne Trüffelmajo – da | |
redet man automatisch über Inhalte. | |
Und nun das Fragwürdige, das durch „näher am Stern“ allen Schrecken in | |
Worte gefasst findet: Wer will schon einen Preis haben, der aus der Sphäre | |
einer publizistisch mittlerweile völlig irrelevanten Zeitschrift kommt? Wer | |
will schon einen Preis, an dem der Geruch eines sterbenden Blattes klebt, | |
das durch den Henri-Nannen-Preis versucht, eine Bedeutung darzustellen, die | |
es für niemanden mehr hat? Auch keine schöne Folge: Die Auszeichnung | |
verliert für die Preisträger die Bedeutung. Dann doch lieber in das | |
TÜV-Wesen wechseln. | |
Hoch motiviert zurück nach Berlin! | |
22 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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