# taz.de -- Protest an der UdK: Ein Geizen in der Kunst | |
> Um auf die prekäre Situation in ihrer Fakultät aufmerksam zu machen, | |
> halten sich Kunststudenten beim diesjährigen UdK-Rundgang mit der Kunst | |
> zurück. | |
Bild: Befristete Verträge sind in vielen Unis ein Problem. | |
Ist das Kunst oder Boykott? Wer sich am Wochenende auf dem Rundgang durch | |
die Universität der Künste (UdK) in den Raum 117 verirrte, kam ins Grübeln. | |
Das weißgetünchte Atelier war leer, bis auf einen in der Mitte platzierten | |
Stapel Flugblätter. „Das Nicht-Ausstellen ist das Ausstellen einer | |
Haltung“, war darauf zu lesen. Und darunter: „Es gibt Dinge, mit denen wir | |
nicht zufrieden sind.“ | |
Ein Teil der Studierenden an der Fakultät Bildende Kunst stellte beim | |
diesjährigen Rundgang – den Tagen der offenen Tür an der UdK – keine | |
Kunstwerke aus. Aus Protest gegen nicht besetzte Lehrstühle, unterbezahlte | |
Vertretungen und eine Hochschulleitung, die sich trotz dieser Umstände im | |
besten Licht präsentieren will. | |
„Wir lassen uns nicht für das Gartenfest des Präsidenten | |
instrumentalisieren“, sagt eine Studentin, die die Proteste unterstützt und | |
darauf verzichtet, eigene Arbeiten auszustellen. Und so die Möglichkeit | |
verstreichen lässt, Galeristen oder Sammler auf sich aufmerksam zu machen. | |
„Wir wissen, dass wir uns auch ins eigene Fleisch schneiden.“ Eine | |
Konsequenz, die bereits am Donnerstagabend sichtbar wurde, als der | |
Präsident der Kunsthochschule den Rundgang traditionell mit dem Sommerfest | |
eröffnete: Auf Beschluss der Studierenden blieben die Ateliers dabei | |
geschlossen. Selbst dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller und | |
anderen geladenen Gästen war der Blick in die Ateliers untersagt. Das hatte | |
es noch nie gegeben. Nur die Werke der diesjährigen Absolventen waren im | |
Foyer zu sehen. | |
## Wechselnde Betreuer | |
Monatelang diskutierten die Studierenden der Fakultät Bildende Kunst, ob | |
und wie sie am Rundgang auf ihre Situation aufmerksam machen sollten. Die | |
Hälfte ihrer Professoren ist unterbezahlt und nur von Semester zu Semester | |
angestellt. Manche Lehrstühle sind seit Jahren nicht besetzt. Mit Folgen | |
für die Studierenden: Üblicherweise begleiten die Kunstprofessoren ihre | |
Klassen bis zum Abschluss. Wechselnde Betreuer könnten jedoch keine | |
Entwicklung beobachten, sagt ein Student im 8. Semester, der bereits bei | |
vier verschiedenen Professoren lernte. Und schlecht bezahlte Professuren | |
kämen für renommierte Künstler nicht infrage. Damit fielen für Absolventen | |
aber wichtige Kontakte in die Kunstszene weg. | |
Schließlich entschieden sich die Kunststudenten zum „konstruktiven Dialog“. | |
Einmal am Tag wurden am Wochenende alle Ausstellungsräume geschlossen. | |
Möglichst viele Rundgang-Besucher sollten an einer Gesprächsreihe | |
teilnehmen, die die wiederbelebte Fachschaft auf die Beine gestellt hatte. | |
Runder Tisch statt Rundgang. Nur bekam das entweder kaum jemand mit, oder | |
der Großteil der Besucher weilte lieber mit einem Glas Prosecco im | |
Innenhof, anstatt sich mit den Belangen der Studierenden | |
auseinanderzusetzen. Als am Freitag vier Gastprofessorinnen und | |
Gastprofessoren im offenen Gespräch über ihr Anstellungsverhältnis | |
aufklärten, waren gerade mal 50 Studierende und nur eine Handvoll Externe | |
gekommen. Auch die Hochschulleitung blieb dem Roundtable fern. Wer sich das | |
Programm oder die Aushänge an den Ateliers nicht genau durchlas, konnte den | |
diesjährigen Rundgang sogar für gänzlich unpolitisch halten. | |
Außer, er verirrte sich in einen der wenigen Ausstellungsräume, die wie das | |
weißgetünchte Atelier mit den Flugblättern zu Protestzwecken umgebaut | |
worden waren. In einem wurden die Besucher im Zickzack durch einen | |
Holztunnel geschleust, wo ihnen der Blick auf die Kunst verstellt war. Ein | |
Versuch, die „hochschulpolitische Situation“ abzubilden. Hätte es nicht auf | |
einer Erklärtafel neben dem Eingang des Atelierraums gestanden, hätte man | |
den Tunnel für Bildende Kunst halten können. | |
19 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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