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# taz.de -- Urteil zu Polizei-Razzien: Strafermittler sollen warten
> Das Bundesverfassungsgericht hat den Richtervorbehalt bei
> Hausdurchsuchungen gestärkt. Hintergrund waren Razzien in Hamburg.
Bild: Müssen weiterhin auf einen Richter warten: Polizisten beim Hausbesuch.
Hamburgs Staatsanwaltschaft verstößt schon mal gegen das Grundgesetz: So
lässt sich die jetzt ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
lesen, wonach die Strafverfolgungsbehörde nicht einfach eine
Hausdurchsuchung anordnen kann, bloß weil ein Gericht nicht schnell genug
entscheidet (taz berichtete). Die Neigung der Hamburger Staatsanwälte, in
so einem Fall selbstständig eine durchsuchen zu lassen, verstößt demnach
gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Ist ein
Ermittlungs- oder Eilrichter eingeschaltet, endet die mögliche
„Eilkompetenz“ der Behörden.
Zugrunde liegen dem Urteil drei Hamburger Verfahren aus den Jahren 2009 und
2010. Dabei ging es um den Verdacht des illegalen Waffenbesitzes, dann um
das Anfertigen eines politischen Bekennerschreibens sowie um den Verdacht
des illegalen Medikamenten-Handels. Im zweiten Fall hatte eine Zeugin am
25. August 2009 die Polizei informiert, sie habe in einem Internetcafé eine
Frau dabei beobachtet, wie diese ein „Selbstbezichtigungsschreiben“ zu
einem geplanten Brandanschlag auf Fahrzeuge der Firma DHL sowie der
Deutschen Post AG erstellt habe.
Als die so Bezichtigte das Lokal verlassen wollte, wurden sie von
Polizisten festgenommen. Bei der Durchsuchung ihres Rucksacks fanden die
Ermittler dann einen doppelseitig per Hand beschriebenen Zettel sowie den
Ausdruck einer Internetseite, die weitgehend textidentisch waren.
Um 16.30 Uhr informierten die Polizeibeamten die Staatsanwaltschaft über
den Verdacht und die Funde, diese leitete ein Ermittlungsverfahren gegen
die Frau ein und wollte deren Wohnung durchsuchen, um weitere Beweismittel
sicherzustellen sowie Hinweise auf etwaige Mittäter bei der angeblich
geplanten Sachbeschädigung zu erhalten. Um 16.42 Uhr fragte die
Staatsanwaltschaft daher telefonisch beim Amtsgericht wegen eines
Durchsuchungsbeschlusses an. Da der für die Entscheidung zuständige
Ermittlungsrichter nicht erreicht werden konnte, erklärte sein Vertreter,
ohne Vorlage der Ermittlungsakte könne er am Telefon nicht die erbetene
Entscheidung treffen.
Die Erstellung und Übersendung der angeforderten Akte hätte nach
Einschätzung der Staatsanwaltschaft etwa zweieinhalb Stunden gedauert – zu
lange, befand die Behörde und ordnete um 16.50 Uhr bei den ermittelnden
Beamten eine Durchsuchung wegen Gefahr im Verzug an. Es könne nicht auf die
Erstellung der Papierakte und deren Übermittlung an den Ermittlungsrichter
gewartet werden, so hieß es damals, denn die Verdächtige müsse nach
Beendigung der da noch ausstehenden erkennungsdienstlichen Behandlung
wieder entlassen werden und könnte dann Beweismittel verschwinden lassen.
Ihre Wohnung wurde noch am selben Tag zwischen 19 Uhr bis 19.25 Uhr
durchsucht.
Die Hamburger Gerichte beurteilten dieses Vorgehen der Ankläger
widersprüchlich, zuletzt sah das Landgericht es wegen Gefahr in Verzug aber
als begründet an. Die Karlsruher Richter dagegen stärkten jetzt, nach
Auswertung aller Gesichtspunkte, ausdrücklich den Richtervorbehalt bei
Hausdurchsuchungen: Ist ein Richter erreichbar und schon mit dem jeweiligen
Vorgang befasst, entfällt „die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden zur
eigenständigen Anordnung der Durchsuchungsmaßnahmen“, erklärten die
Richter. Die Verfahren werden zur neuen Bewertung an das Landgericht
zurückverwiesen.
Und Hamburgs Staatsanwaltschaft? Verspricht Besserung: „Wir werden“, sagt
Sprecherin Nana Frombach der taz, „das Urteil künftig beachten.“
17 Jul 2015
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Hausdurchsuchung
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
BGH-Urteil
Staatsanwälte
BGH-Urteil
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