# taz.de -- Barack Obamas Grundsatzrede in Afrika: „Niemand steht über dem G… | |
> Der US-Präsident verteidigt in Addis Abeba das Recht die Menschenwürde | |
> einzufordern und kritisiert seine Amtskollegen in Afrika. Die Menge tobt. | |
Bild: Es ist eine kuriose Stimmung des gegenseitigen Abtastens: Barack Obama in… | |
BERLIN taz | Kurz vor dem Ende nimmt Barack Obamas Grundsatzrede zu Afrika | |
doch noch Fahrt auf. Tosender Applaus und jubelndes Gejohle steigen aus der | |
riesigen Mandela-Halle der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba auf, als | |
der US-Präsident mit afrikanischen Amtskollegen ins Gericht geht, die | |
länger regieren wollen als erlaubt. Erst hat er allgemein gesprochen. Dann | |
fällt unvermittelt der Satz: „Demokratie ist auch dann gefährdet, wenn | |
Führer sich weigern, zum Ende ihrer Amtszeiten abzutreten.“ | |
Kein Thema zerreißt Afrika derzeit so wie das Streben nach | |
verfassungswidrigen dritten Amtszeiten – und zu nichts anderem bezieht | |
Obama zum Ende seiner Afrikareise so klar Stellung. „Ich verstehe es | |
nicht“, erklärt er. „Ich bin in meiner zweiten Amtszeit. Es war ein | |
außergewöhnliches Privileg... Aber unter meiner Verfassung kann ich nicht | |
wieder antreten! Übrigens glaube ich, dass ich ein ziemlich guter Präsident | |
bin. Ich glaube, wenn ich antreten würde, würde ich gewinnen. Aber ich kann | |
nicht. Das Gesetz ist das Gesetz. Und keine Einzelperson steht über dem | |
Gesetz! Nicht einmal der Präsident.“ Die Menge tobt. | |
Obama sagt Dinge, für die in vielen Ländern Afrikas Menschen ins Gefängnis | |
wandern. Er genießt den Jubel, der Applaus lädt ihn förmlich auf. Den | |
Höhepunkt erzielt er mit der lapidaren Bemerkung: „Ich verstehe nicht, | |
warum Leute so lange bleiben wollen. Vor allem, wenn sie viel Geld haben.“ | |
Es sind natürlich keine Präsidenten, die da klatschen und jubeln. Es sind | |
ausgewählte Gäste, Jugendliche, Studenten, Unternehmer, Vertreter eines | |
Afrika in Bewegung, das Obama in Kenia beschworen hatte. Vor Obama hatte | |
AU-Kommissionspräsidentin Nkosazana Dlamini-Zuma in einer scheinbar | |
endlosen Willkommensrede den Saal fast in den Schlaf geredet. | |
## „Ich stehe vor euch als Sohn eines Afrikaners“ | |
Als Obama endlich ans Rednerpult tritt, ist das Publikum schon dafür | |
dankbar. Er bedankt sich für die Gastfreundschaft und große Ehre und wird | |
beklatscht. „Ich stehe vor euch als Sohn eines Afrikaners“ sagt er und wird | |
noch stärker beklatscht. Aber sein zentrales Thema – Würde, die für jeden | |
Menschen gelten muss – löst kaum Reaktionen aus. | |
Immer wieder, nach Sätzen wie „Menschen überall verdienen die Würde eines | |
Lebens ohne Not“, pausiert Obama erwartungsvoll, und nichts passiert. Dann | |
sagt er: „Ich glaube, wir können über 60 Millionen Haushalten und | |
Unternehmen in Afrika Strom liefern und sie an die Weltwirtschaft | |
ankoppeln“, und plötzlich rühren sich doch Hände zum Beifall. Es ist eine | |
kuriose Stimmung des gegenseitigen Abtastens. | |
Das ändert sich erst mit dem Thema Demokratie. Obama kritisiert seine | |
äthiopischen Gastgeber, tadelt die Inhaftierung von Journalisten und | |
verteidigt das Recht auf Kritik von außen: „Wenn Bürger ihre Rechte nicht | |
ausüben dürfen, hat die Welt eine Verantwortung, die Stimme zu erheben – | |
und das wird Amerika tun!“ ruft er. „Ihr werdet uns nicht los. So sind wir. | |
Wir werden diese Dinge immer wieder sagen!“ | |
Obama verweist auf seine afrikanische Abstammung. „Wir wissen, wie es ist, | |
Opfer zu sein. Wir wissen, wie es ist, wenn die Justiz einen diskriminiert. | |
Wir wissen, wie es ist, eingesperrt zu sein. Alle unsere Nationen müssen | |
ihre Stimmen erheben, wenn Würde versagt wird.“ | |
Erst damit ist das Eis gebrochen. Und als dann die Präsidentenschelte | |
kommt, ist Obama endlich da angelangt, wo er hinwollte: Er kann Afrika | |
erhobenen Hauptes verlassen. Wenn er nicht mehr Präsident ist, werde er | |
öfter kommen, sagt er. Es klingt wie eine Drohung. Die Menge jubelt. | |
28 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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