# taz.de -- Lifestyle-Manager über kapitalbedingten Freizeitstress: „Bei Rei… | |
> Timo Daus ist Lifestyle-Manager und lebt davon, das Leben anderer zu | |
> organisieren. Diese anderen haben sehr viel Geld, aber nur wenig Zeit. | |
Bild: Empfindet keinen Neid auf seine reichen Klienten: Timo Daus | |
taz: Herr Daus, was haben Superreiche für Probleme? | |
Timo Daus: Bei Superreichen ist es so: Alles muss jetzt sein. Das ist nicht | |
immer einfach. Wenn sie heute von einem Araber-Hengst hören, der in einem | |
bestimmten Stall irgendwo auf der Welt steht, wollen sie ihn heute haben. | |
Und wenn sie nicht sofort eine Zusage bekommen, wollen, sie ihn morgen | |
nicht mehr. | |
Ach – sonst noch Wünsche? | |
Zum Beispiel: Ich bekomme ein Foto per Whatsapp geschickt und einen Anruf – | |
jemand sagt mir: „Ich stehe am Frankfurter Flughafen mit meinem | |
First-Class-Ticket, und die Dame auf dem Foto lässt mich nicht rein. Klären | |
Sie das bitte sofort.“ | |
Was machen Sie in so einem Fall? | |
Ich rufe jemanden bei Lufthansa an. Wir haben sehr gute Kontakte zu | |
Dienstleistern in vielen Städten. Wir haben also immer jemanden, den wir | |
anrufen können. Oft macht ein Kunde aus einer Mücke einen Elefanten, aber | |
die Person, die ihm gegenübersteht, empfindet die Sache gar nicht als | |
Problem. Außerdem: Wie du in den Wald rufst, so schallt es heraus. Unser | |
Job ist es, die Situation zu retten. | |
Wer sind Ihre Klientinnen und Klienten? | |
Die meisten sind Unternehmer. Einige arbeiten im Entertainmentbereich, | |
andere sind Musiker, Schauspieler, viele Sportler. Wir haben auch Kunden | |
aus der gehobenen Geschäftsführung, aus den Vorständen großer Unternehmen. | |
Haben solche Leute keine Sekretärinnen? | |
Viele unserer Kunden haben alleine privat zwei Sekretärinnen. Aber auch die | |
wissen nicht, wie sie in letzter Sekunde einen Tisch im Noma in Dänemark | |
oder im French Laundry kriegen, für das ausverkaufte Madonna-Konzert – sie | |
kennen die entsprechenden Leute nicht.. | |
Sie nennen sich „Fullservice-Agentur“. Wie weit reicht Ihr Service? | |
Illegale Sachen machen wir nicht. Einmal hat ein guter Kunde unseren | |
Kontakt an einen amerikanischen Kollegen vermittelt. Den hab ich dann beim | |
Oldtimerkauf begleitet. Dann wollte er Frauen und Drogen auf sein Zimmer. | |
Das machen wir natürlich nicht. | |
Prostitution ist nicht illegal. | |
Ja, aber das würden wir auch bei Kunden, die wir seit sieben Jahren | |
betreuen, nicht machen. Stellen Sie sich mal vor, was los wäre, wenn da was | |
schief geht. Und dann klopft da nachher irgend ein Lude an und fragt, was | |
mit seinem Mädel passiert ist ... | |
Kommen Ihnen die Probleme Ihrer Kunden manchmal absurd vor? | |
Das ist ganz unterschiedlich. Aber meine Ziele sind natürlich nicht die | |
Ziele meiner Kunden. Ich bin froh, wenn die Wohnung für meine Frau und | |
unser Kind passt. Wir streben nicht nach Reichtum. Es ist schon | |
erstaunlich, mit anzusehen, wie manche Menschen auf einen Schlag sehr viel | |
Geld ausgegeben. | |
Wie verkraften Sie es, ständig mit diesem Reichtum konfrontiert zu sein? | |
Wir versuchen, unsere Kunden zu bewegen, Gutes mit ihrem Geld zu tun. | |
Unsere Kunden und ihre Projekte zu vernetzen. Einer zum Beispiel hat ein | |
wunderschönes Projekt, wo er viele Behinderte integriert. Die Produkte, die | |
sie dort herstellen, versuchen wir dann bei anderen Kunden zu platzieren. | |
Betreibt Ihre Firma auch ein solches Projekt? | |
Wir haben mal Armbänder mit der Aufschrift „You just have one Life“ | |
hergestellt – als Gimmick für unsere Kunden. Die kamen so gut an, dass wir | |
mittlerweile über 1.000 Stück verkauft haben. Von dem Erlös gehen fünf Euro | |
an Dunkelziffer oder Leuchtfeuer e. V. Wir haben einfach Lust, was | |
zurückzugeben. Wie gesagt, es ist etwas absurd, wenn man, wie ich, nicht | |
aus einem reichen Haushalt kommt. Man ist mit dem ganzen Reichtum | |
konfrontiert und weiß, dass es an anderen Seiten fehlt. Da versucht man | |
natürlich, die Lücke ein bisschen zu schließen. | |
Wie wird man eigentlich „Fullservice-Agent“? | |
Ich habe an der Hamburger Stage School Schauspiel studiert. Danach bin ich | |
ein Jahr nach Berlin gegangen und in der Event-Branche gelandet. Da ist die | |
Idee schon gewachsen. Ich wusste, Service liegt mir, und ich hatte immer | |
viele Kontakte. Dann hat mich ein Freund aus London besucht, dessen Firma | |
eine ähnliche Leistung in Anspruch genommen hat. Der meinte: „Das ist | |
genau, was du machen willst!“ | |
Wie haben Sie Ihr Netzwerk aufgebaut? | |
Du bist immer drauf angewiesen, dass du jemanden kennst, der jemanden | |
kennt. Ich hatte am Anfang zwei, drei gute Kontakte, die mir geholfen | |
haben. Ich kannte Leute, die überallhin gereist sind: nach London, Paris, | |
in die Karibik. Dann habe ich ganz klassisch einen Businessplan | |
geschrieben, und angefangen. Über die Jahre ist es gewachsen. | |
Wie pflegen Sie die so wichtigen Kontakte? | |
Unser Geschäft basiert eins zu eins auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Es läuft | |
so: Hans geht mit Peter golfen. Hans sagt: „Ich brauche jemanden da und | |
da.“ Und Peter sagt „Du, da hab ich jemanden für dich.“ Dadurch, dass al… | |
auf Empfehlungen beruht, darf nie etwas schief gehen. Stellen Sie sich vor, | |
die Spieler sitzen in der Kabine: „Und wo warst du im Urlaub?“ „Da und da… | |
„Und mit wem hast du das gemacht? „Mit Timo.“ „Und wie war‘s?“ „F… | |
Nichts hat geklappt! Warum hast du mir den überhaupt empfohlen?“ Das geht | |
natürlich nicht. | |
Es geht also auch um Vertrauen. | |
Ja. Es dauert manchmal lange, eine Beziehung aufzubauen. Klar, bei den | |
Fußball-Nationalspielern wünscht sich jeder, eine Handynummer von denen zu | |
haben, oder mal mit ihnen zu chillen. Das dauert manchmal, bis die | |
verstehen, dass wir alles zu hundert Prozent diskret halten. Es dringt nie | |
ein Name aus unserer Agentur. Wir gehen auch nicht abends aufs | |
Schulterblatt und posaunen rum: Mensch guck mal, der und der hat mir ein | |
Foto geschickt! | |
Ist Ihre Agentur rund um die Uhr erreichbar? | |
Klar. Aber das nutzt keiner. Wir haben nicht wenig Klientel in Kalifornien | |
und in Südafrika. Aber die wissen auch, wie spät es hier ist und schreiben | |
dann lieber eine E-Mail. Aber natürlich ging auch schon mal nachts um drei | |
das Telefon, wenn es gebrannt hat. | |
Bieten Sie auch banalen Service an – das Warten auf den Telekom-Menschen | |
zum Beispiel? | |
Nein. Dafür gibt es Concierge-Agenturen. Die gehen für Frau Schneider auf | |
dem Isemarkt einkaufen und tragen ihr den Einkauf hoch. So etwas machen wir | |
gar nicht. Wir wollen den Leuten zeigen, was sie mit ihrem Budget Tolles | |
erleben können. Wir versuchen, Erlebnisse zu schaffen und das Beste aus den | |
Menschen rauszuholen. | |
Fehlt einem besonderen Erlebnis nicht die Qualität, wenn es jemand anders | |
organisiert hat? | |
Ein Problem, das fast alle unsere Kunden haben ist: Sie haben keine Zeit. | |
Die meisten haben sich das, was sie haben, auch hart erarbeitet. Klar, | |
manche Leute sind mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden. Die sagen | |
dann im Befehlston: Wir wollen die Yacht in St. Tropez und Champagner – und | |
kennt ihr irgendwelche Mädels da unten? Dann sagen wir: „Da können wir dir | |
leider nicht helfen.“ Das macht keinen Spaß, und die haben das Herz nicht | |
am richtigen Fleck. | |
Kann man auch mit diffusen Problemen kommen nach dem Motto: „Meine Work | |
Life Balance stimmt nicht“. | |
Theoretisch schon. Das hat aber noch keiner gemacht. Meistens kommen unsere | |
Kunden mit konkreten Anliegen. Aber wir haben eine pralle Datenbank und | |
fragen etliche Sachen ab, kleine Details. Wir kennen das Lieblingsmagazin, | |
das Lieblingsmineralwasser, das Lieblingsweingut, den Lieblingsjahrgang. | |
Der Kunde weiß also, wenn er eine Flugreise macht, dass wir wissen, dass er | |
am liebsten im hinteren Drittel sitzt, immer am Fenster, wir haben seine | |
Miles-and-more-Karte. Und wenn wir wissen, dass er am liebsten | |
asiatisch-vegetarisch isst, wird das natürlich alles sofort gemacht. | |
Wie verbringen Sie selbst Ihre Freizeit? | |
Sehr intensiv. Jeder der selbstständig ist, ist ja sehr eingebunden. Vieles | |
begleitet einen in den Abend oder in den Urlaub hinein. Meine Frau und ich | |
stehen uns sehr nahe, dadurch ist unsere Zweisamkeit sehr intensiv. Das | |
macht mich zum glücklichsten Mann, der ich sein kann. Da finde ich viel | |
Ruhe. | |
Wo machen Sie Urlaub? | |
Keinen Luxus-Urlaub. Meine Frau und ich haben dreieinhalb Monate Südamerika | |
bereist, in Wellblechhütten geschlafen und solche Geschichten. Wir waren | |
auch in der Karibik und haben festgestellt, dass es am Ende immer um den | |
Menschen geht, und um den Ort. Nicht darum, ob die Armaturen von Dornbracht | |
sind oder aus den 1960er-Jahren oder was weiß ich. | |
Verraten Sie, was Sie verdienen? | |
Nein. Aber unsere Leistung kostet 100 Euro pro Stunde. Oder 600 Euro | |
Tagespauschale. Wenn es kreative Arbeit ist, berechnen wir 800 Euro. Aber | |
vieles läuft auch über Provisionen. | |
Was ist zum Beispiel kreative Arbeit? | |
Wir überlegen uns etwas für die Hauseinweihung, den 30. oder 40. | |
Geburtstag. Vor zwei Wochen waren wir auf Ibiza, da haben wir eine | |
komplette Hochzeit organisiert. Für einen anderen Kunden haben wir einen | |
Heiratsantrag in Venedig gemacht. | |
Fühlt sich die Frau nicht verarscht, wenn jemand anders sich den Antrag | |
überlegt hat? | |
Naja, ganz ehrlich: Wie emotional-kreativ sind denn die meisten? Vielen | |
fehlt es an Ideen. Die wenigsten überlegen sich etwas Spektakuläres. Wenn | |
ich dann höre: „Ich schenke meiner Frau ihr Lieblingsparfüm zu Weihnachten | |
und für ihren Geburtstag hat sie sich einen neuen Satz Sommerreifen | |
gewünscht“, dann kümmern wir uns. Es ist natürlich Sache des Mannes, ob er | |
ihr das hinterher erzählt oder nicht. Mir reicht es, wenn er berichtet, | |
dass es wunderbar war. | |
Werden Sie manchmal neidisch? | |
Nie. Es ist schon Wahnsinn, mit wie vielen schönen Orten und Unterkünften | |
wir uns beschäftigen. Aber Neid ist noch nie aufgekommen. Ich weiß auch | |
nicht, warum. | |
Was macht den fähigen Lifestyle-Manager aus? | |
Du musst eine gewisse Portion Empathie mitbringen, um zwischen den Zeilen | |
lesen zu können. Du willst die Leute ja begeistern und auf neue Wege | |
bringen. Du musst gut mit Menschen umgehen können und verstehen, was die | |
gerne wollen, um sie dann überraschen zu können. Man muss ein positiver Typ | |
sein, Leute überzeugen und inspirieren können. Und Organisationstalent | |
braucht man auch: Du musst schnell Wege finden, die andere nicht finden. | |
Die Leute brauchen die Sachen jetzt, und du musst die Probleme jetzt lösen. | |
Da kannst du nicht um drei Ecken denken. Die Leute sind oft ganz aufgeregt, | |
und man selber ist überhaupt nicht aufgeregt, weil man schon weiß, welches | |
der direkte Weg zum Ziel ist. | |
Ihr Motto ist „Work hard and be nice to people“. Was meinen Sie damit? | |
„Work hard“ ist klar: Wir geben alles für unsere Klientinnen und Klienten. | |
Wir wollen unseren Job perfekt machen. Aber wir wollen auch das | |
Familiengefühl, wollen alle in ein Boot holen. Am Ende ist der Weg zum Ziel | |
immer, nice zu Menschen zu sein. Wenn du Gutes gibst, bekommst du Gutes | |
zurück. | |
14 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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