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# taz.de -- NSU-Prozess in München: Der vergessliche Verfassungsschützer
> Im NSU-Prozess wird ein Geheimdienstler zu einem berüchtigten V-Mann
> befragt. Er sagt nur einen Satz: „Daran kann ich mich nicht erinnern.“
Bild: Zeuge einer Farce: Richter Manfred Götzl
München taz | Der Geheimdienstmann legt Wert auf Diskretion, auch im
Gerichtssaal. Mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze geht Reinhard G. zum
Zeugentisch. Offenbar ist der Verfassungsschützer gewillt, im NSU-Prozess
möglichst wenig preiszugeben. Das geht schon bei Richter Manfred Götzls
Frage nach seinem Vornamen los. „Meiner?“, fragt G. „Ja, natürlich“,
antwortet Götzl. Danach folgt fast nur noch eine Antwort: „Daran kann ich
mich nicht erinnern.“
Dabei hatte Reinhard G. durchaus eine relevante Rolle. Der Brandenburger
Verfassungsschützer betreute einen der berüchtigsten V-Männer im
NSU-Komplex: Carsten Sz., Tarnname „Piatto“. Von 1994 bis 2000 informierte
der Neonazi den Geheimdienst über die rechte Szene. Angeworben wurde Sz.
noch aus der JVA heraus: Er war nach einem Mordversuch an einem Nigerianer
zu acht Jahren Haft verurteilt worden.
„Sehr hohe Qualität“ hätten die Informationen von Carsten Sz. gehabt, sag…
bereits kürzlich dessen zweiter V-Mann-Führer, Gordian Meyer-Plath, heute
Verfassungsschutzchef in Sachsen. Am Dienstag spricht auch Reinhard G. von
„umfangreichen Informationen“ durch den V-Mann.
Dazu gehörten auch fünf Hinweise aus dem Jahr 1998 zu dem gerade
untergetauchten Bombenbauer-Trio Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt. Die Drei
wollten ins Ausland fliehen, erzählte Sz. damals Reinhard G., finanziert
durch Banküberfälle. Der V-Mann nannte auch Kontaktpersonen, die dem Trio
Waffen und Pässe liefern sollten.
An die Meldungen könne er sich nicht mehr genau erinnern, sagt G. vor
Gericht. „Aber wenn das da so steht, stimmt es schon.“ Ob die Informationen
weitergeleitet wurden? Auch keine Erinnerung. Reinhard G. fällt eine
Besprechung mit Thüringer Verfassungsschützern ein. „Da soll ich dabei
gewesen sein.“ Der Inhalt? Keine Erinnerung.
Selbst Zschäpe zieht die Augenbrauen hoch bei diesen Antworten. Richter
Götzl reicht es irgendwann. „Zur Pflicht eines Beamten gehört es auch, sich
vorzubereiten. Das ist Ihnen bekannt?“ Reinhard G. nickt. „Ja.“
Das Mauern passt zum damaligen Ende der durchaus erfolgversprechenden
Hinweise von Carsten Sz. – sie versiegten. Auch weil das Brandenburger Amt
damals Hilfe wegen „Quellenschutzes“ verweigerte.
1 Jul 2015
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
NSU-Prozess
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
NSU-Prozess
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Rechter Terror
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