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# taz.de -- Kolumbien bei der WM 2015: Die Provinzmeisterinnen
> Das Team ist jung, die Strukturen sind schwach. Dennoch spielt Kolumbien
> nun im Achtelfinale. Nur eine Trainerin fehlt den Spielerinnen noch.
Bild: Kolumbianische Freude: Carolina Arbelaez herzt Teamkollegin Leicy Santos
BUENOS AIRES taz | Die Übermächtigen, die SuperPoderosas, werden die
kolumbianischen Auswahlspielerinnen in ihrem Heimatland vollmundig genannt.
Mit deren Einzug ins Achtelfinale hat aber selbst dort wohl kaum einer
gerechnet. Anders als der Spitzname vermuten lässt, hinkt doch das
südamerikanische Team der Weltspitze recht weit hinterher. Zum zweiten Mal
erst nimmt Kolumbien an einer WM teil. Vor vier Jahren in Deutschland
gelang bei der Premiere nicht ein einziges Tor. Sang- und klanglos schied
man aus.
Und vor dem Turnier in Kanada waren durchaus Zweifel angebracht, ob diese
Erfahrungswerte viel weiterhelfen würden. Schließlich stellen die
Kolumbianerinnen gemeinsam mit Costa Rica den jüngsten WM-Kader. Das
Durchschnittsalter der beiden Teams liegt bei exakt 23,46 Jahren. Der
Achtelfinalgegner am Montag (2 Uhr früh am Dienstagmorgen in Europa), die
US-Amerikanerinnen liegen knapp unter der 30-er Marke (29,43 Jahre). Das
Duell gegen den zweimaligen Weltmeister ist also auch eines zwischen Jugend
und Erfahrung.
Mit ihren bisherigen Resultaten in Kanada haben die Super-Poderosas bereits
jetzt Geschichte geschrieben. Dem 1:1-Auftakt gegen Mexiko folgte ein
sensationeller 2:0-Sieg gegen Frankreich und eine knappe 1:2-Niederlage
gegen England.
Trainer Fabian Taborda lässt sein Team einen modernen Fußball spielen. Vor
der Torfrau Sandra Sepúlveda steht eine Viererabwehrkette, davor im
Mittelfeld eine defensive Zweierreihe und eine offensive Dreierreihe, die
die einzige echte Spitze bedienen soll. Jeder Teil hat ihren Star: Im Tor
ist es Sandra Sepúlveda, in der Abwehr Natalia Gaitán, im Mittelfeld Yoreli
Rincón und im Sturm Lady Andrade, die zwei der bisher erzielten drei
Treffer markieren konnte.
## Auf den Titelseiten des Landes
Den dritten erzielte María Usme nach ihrer späten Einwechslung zum 2:0
gegen Frankreich und bewies damit, das Trainer Taborda auch auf der Bank
gute Alternativen sitzen hat. Die Frauen haben sich mit ihrem Einzug ins
Achtelfinale auf die Titelseiten geschossen, obwohl in Kolumbien derzeit
überwiegend von der laufenden Copa America, dem Kontinentalturnier der
Männer in Chile, berichtet wird.
Eine nationale Liga für Frauenfußball gibt es in Kolumbien nicht. Gespielt
wird in verschiedenen Provinzligen. Es sind denn auch Auswahlmannschaften
der Provinzen, die seit Anfang der 1990er Jahre die nationale Meisterschaft
unter sich ausspielen.
Taborda kennt seine Spielerinnen. Als früherer Trainer der U17 hatte er
fast das gesamte Team bereist unter seiner Leitung. „Fabian Taborda ist ein
hervorragender Trainer, und zudem fast so etwas wie ein Vater“, lobt ihn
denn auch Yoreli Rincón. Allerdings verschweigt sie nicht, dass sie lieber
eine Frau als Trainerin hätte. „Eine Frau würde uns viel besser verstehen,
wenn es um weibliche Probleme geht.“
## Fast alle spielen noch in Kolumbien
Vom 23-köpfigen Kader spielen lediglich sechs Spielerinnen nicht im
Heimatland. Drei kicken bei verschiedenen Universitätsteams in den USA,
eine in der ersten US-Liga, eine in der zweiten US-Spielklasse. In Europa
spielt lediglich die 21-jährige Rincón, beim italienischen Erfolgsklub ASD
Torres Calcio. Zuvor war sie in Schweden aktiv.
Als Wiege den kolumbianischen Fußballs gilt das Caucatal. Die Region Cauca
ist zudem die am meisten unter dem Bürgerkrieg zwischen Guerilla,
Paramilitärs und Armee zu leiden hat. Von hier kamen auch die meisten der
Spielerinnen und Impulse für den Frauenfußball. Nachdem die weiblichen
Kickerinnen der Provinz vergeblich verlangten mit den Männern spielen zu
dürfen, gründeten sie ihre eigene Liga. Andere Provinzen folgten erst
später dem Beispiel.
Torhüterin Sandra Sepúlveda sehnt sich nun nach professionelleren
Strukturen. Sie sagt: „Der Frauenfußball in Kolumbien hat eine eigene Liga
verdient.“ Ein Sieg gegen die USA könnte die Entwicklung dahin gewiss
beschleunigen. Die 27-jährige Sepúlveda, die mit grandiosen Paraden
maßgeblich für den Überraschungssieg gegen Frankreich verantwortlich war,
wird darauf aber keinen Einfluss nehmen können. Die zweite Gelbe Karte
zwingt sie zum Aussetzen. Gegen die offensivstarken US-Amerikanerinnen wird
sie ihren Mitspielerinnen gewiss sehr fehlen.
22 Jun 2015
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
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Fußball
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