# taz.de -- Unterwegs auf Berlins Straßen: Es läuft gut | |
> Eine Studie belegt: Die BerlinerInnen nehmen ganz langsam Abschied vom | |
> Auto. Stärker wird die Kombination von ÖPNV, Fahrrad und dem guten alten | |
> Zu-Fuß-Gehen. | |
Bild: Das trocknet wieder: Auch bei Regen gehen die Leute in Berlin auf die Str… | |
Oft stimmen ja die gefühlten nicht mit den messbaren Tatsachen überein. | |
Manchmal aber doch: Dass die BerlinerInnen immer weniger Auto fahren, dafür | |
aber mehr mit dem Fahrrad und dem öffentlichen Nahverkehr, das stimmt | |
wirklich. Die Ergebnisse einer Studie zum Mobilitätsverhalten, die am | |
Mittwoch von der Verkehrsverwaltung vorgestellt wurde, belegt es. | |
Die Haushaltsbefragung „Mobilität in Städten“ wird alle fünf Jahre von d… | |
TU Dresden in ganz Deutschland durchgeführt. Dass die nun vorliegende | |
Studie noch von 2013 datiert, liegt an einer zwischenzeitlichen Umstellung | |
der Erhebungsmethodik. Sie soll jetzt noch präziser messen können, wann wer | |
womit wohin unterwegs ist. In Berlin wurden 15.500 Personen befragt - eine | |
aussagekräftige Stichprobe. | |
Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD), der die Ergebnisse | |
vorstellte, sieht die Verkehrspolitik des Senats von den Zahlen bestätigt. | |
Man bewege sich klar in Richtung des angestrebten modal split von 75:25 - | |
sprich: 75 Prozent der Wege werden mit dem „Umweltverbund“ aus ÖPNV, Rad | |
und zu Fuß zurückgelegt, der Rest im Pkw. Bei der Erhebung von 2008 stand | |
es noch 67:33, jetzt liegt Berlin bei 70:30. Die Richtung stimmt also. | |
## Veränderte Gewohnheiten | |
Während der Anteil der mit dem Fahrrad bewältigten Wege von 11 auf 13 | |
Prozent gewachsen ist, gilt für den ÖPNV ein Plus von 24 auf 27 Prozent. | |
Leicht zurückgegangen ist der Fußverkehr. Dahinter stecken Veränderungen | |
bei den Mobilitätsgewohnheiten, aber auch bei gesellschaftlichen Standards. | |
Beispielsweise, so Burkhard Horn, Abteilungsleiter Verkehr in der | |
Senatsverwaltung, sei aus den Zahlen bereits erkennbar, dass die | |
Pkw-Orientierung bei jungen Menschen abnehme: Nicht nur schaffen sich | |
weniger ein eigenes Auto an, es machen auch weniger den Führerschein. Der | |
eigene Wagen ist nicht mehr das Statussymbol von einst. Allerdings haben | |
immer noch 82 Prozent der Frauen und 83 Prozent der Männer zwischen 17 und | |
45 Jahren eine Fahrerlaubnis. | |
Besonders erfreulich ist für den Staatssekretär, dass Berlins | |
Bevölkerungszunahme fast zur Gänze in den Umweltverbund fließt. Will sagen: | |
Mit der Stadt wächst auch der Verkehr, aber vom Gesamtplus macht der | |
Pkw-Anteil nur 5 Prozent aus. Am meisten neue Verkehrsteilnehmer absorbiert | |
der ÖPNV (50 Prozent), es folgen Fuß (25) und Fahrrad (20). | |
Trotzdem gibt sich Gaebler konziliant: „Es geht nicht darum, die eine gegen | |
die andere Verkehrsart auszuspielen.“ Das Auto bleibe natürlich ein | |
wichtiges Verkehrsmittel. Es ergäben sich allerdings klare Aufgaben aus der | |
beobachteten Entwicklung: unter anderem ein Mehr an Verkehrssicherheit, die | |
Umsetzung der Radverkehrsstrategie sowie ein verdichtetes und erweitertes | |
Angebot beim ÖPNV. Als Beispiel für Letzteres nannten Gaebler und Horn die | |
baldige Inbetriebnahme der Tramstrecke zwischen Nord- und Hauptbahnhof (an | |
der seit Jahren gebaut wird), aber auch neue Radstreifen. „Wer mit offenen | |
Augen durch die Stadt geht, sieht, dass sich schon viel getan hat“, meint | |
Gaebler. | |
Da hat die Opposition naturgemäß einen anderen Blickwinkel. Für Stefan | |
Gelbhaar von den Grünen steht fest, dass der Senat die positive Entwicklung | |
nicht ausreichend finanziell unterfüttert: „Wir erwarten, dass die | |
rot-schwarze Koalition in den anstehenden Haushaltsberatungen die | |
Investitions- und Personalmittel insbesondere im Bereich Radverkehr | |
vervielfacht“, so der Verkehrsexperte. Was völlig fehle, sei eine Anweisung | |
an die Verkehrslenkung, dem ÖPNV und dem Rad Vorrang zu geben. | |
## Auf in die Debatte! | |
Zumindest die Einsicht in die Notwendigkeit scheint bei Christian Gaebler | |
vorhanden zu sein: Mehrmals betonte er am Mittwoch, die Aufteilung des | |
Straßenraums sei künftig das große Thema. Müsse man wirklich so viel | |
Straßenfläche wie jetzt zum Abstellen von Pkws bereithalten? Schon bald | |
kann über solche Fragen öffentlich debattiert werden: Am 22. Juni lädt die | |
Senatsverwaltung zum „Stadtforum“ ins Tempodrom. Thema: „Wem gehört der | |
öffentliche Raum?“ | |
18 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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