# taz.de -- Korruption in China: Lebenslang für den dicksten Tiger | |
> Chinas Ex-Sicherheitschef Zhou Yongkang wurde zu lebenslanger Haft | |
> verurteilt. Er soll sich bereichert und Geheimnisse verraten haben. | |
Bild: Zhou Yongkang bei seiner Verurteilung. Videostandbild eines chinesischen … | |
PEKING taz | Bislang scheinen anderthalb Jahre Untersuchungsgefängnis Zhou | |
Yongkang keinen gesundheitlichen Schaden zugefügt zu haben. Chinas einst | |
oberster Sicherheitschef blickt genauso grimmig drein, wie es die | |
Volksrepublik mehr als zwei Jahrzehnte von ihm gewohnt war. | |
Nur seine Haare sind nicht mehr schwarz gefärbt, sondern natürlich weiß. | |
Haarfärbemittel wurde ihm im Gefängnis offensichtlich verweigert. Sie | |
werden weiß bleiben. Denn der 72-Jährige erhält lebenslänglich. | |
Ein Volksgericht der Stadt Tianjin hat ihn am Donnerstag zu einer | |
lebenslänglichen Haft verurteilt. Die Richter sehen es als erwiesen an, | |
dass der einst mächtige Spitzenpolitiker seine Ämter missbraucht und | |
absichtlich Staatsgeheimnisse weitergegeben hat. | |
Er soll Bestechungsgeld in Höhe von umgerechnet rund 19 Millionen Euro | |
angenommen haben. Zhou habe sich „schuldig bekannt“, schreibt Chinas | |
amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Er werde nicht in Berufung gehen. | |
Der Zeitpunkt des Urteils kommt überraschend. Der chinesischen | |
Öffentlichkeit war nicht einmal bekannt gewesen, dass er überhaupt vor | |
Gericht stand. Ein parteiinternes Disziplinierungsverfahren und den | |
Ausschluss der Kommunistischen Partei hatte es aber bereits gegeben. Das | |
kommt in China einem Urteil gleich. Der Prozess sei nicht öffentlich | |
gewesen, weil es um Staatsverrat gegangen sei, heißt es offiziell zur | |
Begründung. | |
## Ruf als Hardliner | |
Seit Xi Jinping vor zwei Jahren das Amt des Staatsoberhaupts angetreten | |
ist, geht er massiv gegen die weit verbreitete Korruption vor. Xi | |
versprach, weder „Tiger noch Fliegen“ zu verschonen. Zhou ist ein besonders | |
dicker Tiger. Bis Ende 2012 gehörte er dem mächtigen Ständigen Ausschuss | |
des Politbüros der Kommunistischen Partei an und baute als Chinas oberster | |
Sicherheitschef einen mächtigen Polizei- und Geheimdienstapparat auf, der | |
größer ist als die Armee. Er war einer der mächtigsten Männer Chinas. | |
Selbst innerhalb der chinesischen Führungsspitze hatte der 1942 in der | |
ostchinesischen Stadt Wuxi geborene Spitzenpolitiker einen Ruf als | |
Hardliner. Auf ihn geht das harte Urteil gegen den Friedensnobelpreisträger | |
Liu Xiaobo zurück. | |
Schon bei dem Parteiausschlussverfahren warf die Parteispitze Zhou vor, er | |
habe seine Macht missbraucht, „um Verwandten, Geliebten und Freunden zu | |
großen Profiten zu verhelfen“. Die Vorwürfe gehen unter anderem auf die | |
neunziger Jahre zurück, als er als Vize-Minister zuständig für die | |
Ölindustrie zahlreiche Verbündete in den staatlichen Erdöl-Unternehmen zu | |
enormen Reichtum verhalf. Auch seine Frau und seine beiden Söhne sind | |
involviert. | |
Doch bei dem Urteil dürfte es keineswegs nur um Zhous Machenschaften gehen | |
– Chinas Justiz ist nicht unabhängig – sondern auch um parteiinterne | |
Machtkämpfe. Zhou war enger Verbündeter von Bo Xilai, einem weiteren | |
Spitzenpolitiker, der bis zum Sturz 2012 größter Widersacher von Xi Jinping | |
war. | |
Nach einer spektakulären Affäre um Sex, Mord an einen Ausländer und | |
Staatsverrat wurde Bo gestürzt. Es halten sich bis heute die Gerüchte, dass | |
Zhou und Bo einen Putsch gegen Xi geplant hatten. Bo sitzt bereits | |
lebenslang in Haft. Nun folgt ihm auch sein Mentor. | |
11 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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