# taz.de -- Wirtschaft gegen Biotopkartierung: Angst um den Asphalt | |
> Schleswig-Holstein möchte die Biotope im Land dokumentieren. Vertreter | |
> von Wirtschaft und CDU fürchten, dass dadurch der Straßenbau erschwert | |
> wird. | |
Bild: Gefährdete Art, wenn es nach Unternehmensverband und CDU geht: schwere M… | |
HAMBURG taz | Es geht um Straßen, Stromtrassen und das schnelle Internet: | |
Deren Ausbau sieht der Unternehmensverband Nord (UV) bedroht, weil sich die | |
schleswig-holsteinische Landesregierung Natur im Land allzu genau ansehen | |
könnte. Der Verband kritisiert das Vorhaben von SPD, Grünen und SSW, bis | |
2019 alle Biotope im Land zu dokumentieren. „Wir sehen darin eine | |
Investitionsbremse“, so UV-Geschäftsführer Sebastian Schulze. | |
Biotope sind natürliche Lebensräume wie zum Beispiel Tümpel oder auch nur | |
Baumgruppen. 60 Kartierer sollen in den nächsten Jahren solche | |
schützenswerten natürlichen Flächen im Land dokumentieren und in einer Geo- | |
und Sachdatenbank zusammenfassen. Das hat die Landesregierung schon im | |
vergangenen Jahr beschlossen. Die Kosten schätzt das Kieler | |
Landwirtschaftsministerium auf rund acht Millionen Euro. Die Daten sollen | |
als Entscheidungsgrundlage für Bauplanungen und Infrastrukturmaßnahmen | |
dienen. | |
Unternehmervertreter Schulze vermutet jedoch, dass die neuen Daten gerade | |
die Planung und den Bau neuer Infrastruktur erheblich behindern werden: Es | |
sei zu erwarten, dass bei der Erhebung neue Biotope ausgewiesen würden: | |
„Dann wären viele Flächen im Vorhinein für Entwicklungen tabu.“ Auch | |
könnten Investoren von steigenden Kosten durch zu leistenden | |
Ausgleichsflächen abgeschreckt werden, sagt er. | |
Unterstützung bekommt Schulze vom agrarpolitischen Sprecher der | |
CDU-Fraktion, Heiner Rickers. Die Biotopkartierung sei „nur eine | |
millionenschwere Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für den Grünen nahestehende | |
Umweltingenieurbüros auf Kosten des Steuerzahlers“, sagte der | |
Christdemokrat dem Flensburger Tageblatt. Die Kosten stünden in keinem | |
Verhältnis zum Nutzen der Daten. „Alle naturbelassenen Flächen sind schon | |
heute quadratmetergenau bekannt.“ | |
Dem widerspricht Umweltminister Robert Habeck (Grüne): „Die Kartierung ist | |
kein Selbstzweck.“ Gerade die Büros, die Infrastrukturmaßnahmen planten, | |
benötigten Daten über schützenswerte Biotope. Somit sei das Vorhaben nicht | |
nur eine notwendige Grundlage, um die richtigen Schwerpunkte im Naturschutz | |
zu setzen, sondern auch um Planungsprozesse rechtssicher zu gestalten. | |
Auch die Grünen-Abgeordnete Marlies Fritzen ist davon überzeugt, dass die | |
Kartierung am Ende der Planungssicherheit von Bauprojekten zugute käme - | |
und damit auch der Wirtschaft. „Bisher arbeiten wir mit Daten aus den | |
1990er-Jahren“, sagt Fritzen. Und die seien so veraltet wie in keinem | |
anderen Bundesland. | |
Zuspruch für das Projekt kommt von den Naturschutzverbänden: Tobias | |
Langguth vom BUND hat für die späten Einwände der Wirtschaft kein | |
Verständnis: „Man kann doch nicht allen Ernstes fordern, nicht so genau | |
hinzuschauen, weil man dann ja Unschönes entdecken könnte.“ | |
Ingo Ludwichowski vom Nabu schlägt in die gleiche Kerbe: Für kein | |
Wirtschaftsunternehmen sei es vorstellbar, auf eine Inventur zu verzichten. | |
„Beim Naturschutz aber gibt es einen Aufschrei.“ Er vermutet, dass die | |
Begehung der Flächen „einen dramatischen Rückgang naturnaher Strukturen, | |
wie Teiche, Tümpel oder Feuchtwiesen“ offenlegen wird. Ludwichowskis | |
Folgerung: „Wir müssen die Normallandschaft deshalb noch stärker schützen.… | |
10 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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