# taz.de -- Homophobie im Fußball: Korruption, Ballspiel, Sex | |
> Ein Funktionär tritt zurück – wegen Homophobie, sagt er. Wegen | |
> Vetternwirtschaft, sagen seine Gegner. Und der Präsident will seine Ruhe | |
> haben. | |
Bild: Erwin Bugar, Präsident des Fußballverbands Sachsen-Anhalt will vom Ärg… | |
Erwin Bugar, der Präsident des Fußballverbands Sachsen-Anhalt (FSA), geht | |
lieber in Deckung. „Kein Kommentar“, sagt er. Man müsse doch auch mal zur | |
Ruhe kommen. Dass sein Stellvertreter Matthias Albrecht vergangene Woche | |
mit der Begründung das Handtuch warf, er sei von den Kreisfunktionären des | |
Landesverbandes wegen seiner Homosexualität massiv angefeindet worden, | |
passt Bugar so gar nicht. | |
Schließlich ist [1][sein Verband auch wegen seiner Passivität im Fall des | |
rechtsextrem durchsetzten Vereins FC Dornburg] in die Kritik geraten. Über | |
Albrecht wurde zudem in den vergangenen Monaten von den Präsidenten der | |
Kreisfachverbände (KFV) auch rege diskutiert. Offiziell ging es da aber um | |
die Behauptung einer „Vetternwirtschaft“. Albrechts Homphobievorwurf wirft | |
nun kein gutes Licht auf das Verbandsleben. | |
Vizepräsident Albrecht teilte in einem vierseitigen Schreiben mit, die | |
KFV-Präsidenten hätten sich „gegenüber Mitarbeitern des FSA abfällig über | |
mich und meine Sexualität geäußert“ und Medienvertreter hätten in seinem | |
Privatleben geschnüffelt. Zum eigenen Schutz und zu dem seiner Familie | |
verzichte er künftig auf sein Amt. Bugar behauptet nun, Albrechts | |
Homosexualität sei im Verband nie Thema gewesen. Albrecht wiederum sagt, im | |
April habe er die homophoben Anfeindungen gegen ihn in einer | |
Vorstandssitzung angesprochen. | |
Als „Schwuchtel“, von der man sich nichts sagen lassen wolle, sei er etwa | |
von einem KFV-Präsidenten bezeichnet worden. Eine Mitarbeiterin des | |
Verbands habe ihm dies zugetragen. Ein anderer Funktionär habe ihm ins | |
Gesicht gesagt, einen Regelverstoß könne man ihm eigentlich nicht | |
vorwerfen, man wolle ihn bloß nicht. „So jemand wie ich könne nicht 1. | |
Vizepräsident des Verbands sein.“ | |
## Seine Absetzung stand an | |
Möglicherweise ist Albrecht mit seinem nun erfolgten Rücktritt seiner | |
Absetzung zuvorgekommen. Eigentlich sollte er nämlich auf einem | |
Außerordentlichen Verbandstag des Landesverbandes am 27. Juni abgewählt | |
werden. 13 der 14 KFV-Präsidenten hatten zu diesem Zweck die Versammlung | |
beantragt. Mit seiner sexuellen Orientierung habe das aber überhaupt nichts | |
zu tun, erklärt KFV-Präsident Detlef Rutzen. Stattdessen konkretisiert er | |
den Vorwurf der Vetternwirtschaft: Albrecht habe seinen Freund Maik | |
Tränkler im Eilverfahren als Vizegeschäftsführer in den Verband geholt, | |
ohne die Gremien des Verbands einzubeziehen. | |
Dabei finanzierten die Klubs die Stelle durch erhöhte Gebühren. Auf | |
Nachfragen, ob Tränkler aus seinem persönlichen Umfeld stamme, habe man von | |
Albrecht die Antwort erhalten: „Das geht euch nichts an.“ Das Tempo der | |
Einstellung habe Albrecht mit der Mehrarbeit durch eine DFB-Verordnung | |
begründet, welcher der Verband endlich nachkommen müsse. | |
Albrecht verwahrt sich gegen die Vorwürfe und sagt, dass er künftig | |
strafrechtlich dagegen vorgehen will. Alles sei statutengemäß verlaufen. | |
Auf einer Sitzung vergangenen November habe Präsident Erwin Bugar selbst | |
vermerkt, dass eine Stelle bis zum 1. Januar besetzt werden müsse, und | |
gefragt, ob Albrecht jemand kenne, der helfen könne. Daraufhin habe Bugar | |
zusammen mit dem Schatzmeister der Einstellung von Tränkler zugestimmt. Von | |
einem Alleingang könne keine Rede sein. | |
## Amtsmissbrauch im Kreisverband | |
Unterdessen aber hat Bugar den Protesten der Kreisfunktionäre nachgegeben: | |
Tränkler wurde im April entlassen – in seiner Probezeit. Eine kostspielige | |
Korrektur für den Verband, sagt Albrecht. Vor Gericht habe Tränkler eine | |
Abfindung in einem hohen vierstelligen Bereich zugesprochen bekommen. | |
Matthias Albrecht ist davon überzeugt, dass die homophoben Vorbehalte gegen | |
ihn auch in Verbindung mit den Aufgaben seines Amtes standen. Eine kleine | |
Gruppe von KFV-Präsidenten hätten in Sachsen-Anhalt Verbandsvermögen | |
missbraucht: Beispielsweise wären feudale Weihnachtsfeiern für 5.000 Euro | |
veranstaltet worden, Privathandys seien über den Verband abgerechnet oder | |
illegale Geldprämien vergeben worden. Albrecht resümiert: „Von einem wie | |
mir wollten sich das die Herrn nicht vorhalten lassen.“ | |
Dem Verband war im Übrigen der Rücktritt von Albrecht keine Nachricht wert | |
auf seiner Website. Man nahm lediglich sein Foto und seinen Namen von der | |
Seite, auf der alle Funktionäre abgebildet sind. | |
6 Jun 2015 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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