# taz.de -- Druck auf Kroatiens Regierung: Kriegsveteranen verschanzen sich | |
> Seit Monaten setzen die Invaliden die kroatische Regierung unter Druck. | |
> Sie fühlen sich alleingelassen und kämpfen für bessere soziale | |
> Absicherung. | |
Bild: Die Kriegsveteranen letzten Dezember in einem der Zelte in Zagreb. | |
ZAGREB dpa | Nach monatelangen Auseinandersetzungen mit der Regierung haben | |
sich 130 kroatische Kriegsveteranen in der historischen Markus-Kirche im | |
Zentrum von Zagreb verschanzt. „Sie können uns nur tot von hier | |
wegbringen“, sagte ihr Anführer Djuro Glogoski, er ist der Präsident des | |
Verbandes der 100-Prozent-Invaliden. Die Polizei hat den Platz vor der | |
Kirche, der auch an das Parlament und den Regierungssitz grenzt, | |
abgesperrt. | |
Die Invaliden aus dem Bürgerkrieg (1991-1995) kampieren seit über 200 Tagen | |
in Zelten vor dem Veteranenministerium am Rande des Zentrums der | |
Hauptstadt. Sie wollen damit den Rücktritt der Ministeriumsspitze | |
erzwingen. Ihnen geht es um eine bessere soziale Absicherung, obwohl sie | |
bisher keine konkreten Forderungen gestellt haben. Vom Parlament verlangen | |
sie, dass die Rechte der Veteranen in einem besonderen Verfassungsgesetz | |
geregelt werden. | |
Die ehemaligen Kämpfer, viele in Rollstühlen, fordern ein Treffen mit | |
Regierungschef Zoran Milanovic. Der lehnt das ab und verweist auf das | |
zuständige Ministerium. Milanovic behauptet, die Veteranen würden von der | |
Opposition gegen die Regierung aufgehetzt. Einige heimische Medien | |
kritisierten einen „schleichenden Staatsstreich“ der Invaliden. | |
Der Machtkampf zwischen den Veteranen und der Regierung von Zoran Milanovic | |
dürfte sich auch auf die bevorstehende Parlamentswahl auswirken. Die | |
ohnehin in allen Meinungsumfragen führende Opposition unterstützt die | |
früheren Kämpfer, während Milanovic das Gespräch partout verweigert. | |
## Veteranen kommen zu kurz | |
Kroatien hatte im Bürgerkrieg, dem sogenannten Vaterländischen Krieg, gegen | |
die eigentlich übermächtige serbische Armee ums Überleben gekämpft. Am Ende | |
war die nach der Abspaltung von Jugoslawien ausgerufene Selbständigkeit | |
verteidigt. Heute ist das südosteuropäische Land EU-Mitglied. | |
Hunderttausende Veteranen fühlen sich aber als zu kurz gekommen. | |
Vergangenen Dezember machten rund 1.500 von ihnen ihrem Unmut mit einer | |
Demonstration auf dem zentralen Ban Jelacic-Platz im Zentrum Zagrebs Luft. | |
Sie forderten den Rücktritt des Ministers und seiner Stellvertreter, weil | |
sie die Gesundheitsprobleme der Veteranen mit den medizinischen | |
Schwierigkeiten der serbischen Aggressoren in einen Topf geworfen hätten. | |
„Die Gleichsetzung von Tätern und Opfern ist skandalös“, empörte sich Dj… | |
Glogoski damals. | |
Es herrscht Wut und Frust. Viele von ihnen sind an den Rollstuhl gefesselt. | |
Bei den Demos schwarze T-Shirts mit weißen Kreuzen in Erinnerung an die | |
vielen Kameraden, die sich wegen psychischer Probleme das Leben genommen | |
hatten. | |
Anfang Mai setzten die Kriegsveteranen die Regierung dann durch eine | |
Demonstration mit mehr als 10.000 Teilnehmern weiter unter Druck. Sie | |
drohten mit einem gewaltsamen Marsch auf das Regierungsgebäude. | |
29 May 2015 | |
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