| # taz.de -- BVerfG zum Vermittlungsausschuss: Die Rechte der Linken | |
| > 2011 wurde im Vermittlungsausschuss ein Kompromiss für Hartz IV gesucht, | |
| > die Linke blieb ausgeschlossen. Jetzt muss das BVerfG entscheiden. | |
| Bild: Auch Linke wollen ihre Rechte gewahrt sehen: Gregor Gysi | |
| KARLSRUHE taz | Kann die Linke bei Verhandlungen des | |
| Vermittlungsausschusses weitgehend ausgeschlossen werden? Darüber | |
| verhandelte am Dienstag das Bundesverfassungsgericht. Die Linke will auch | |
| bei informellen Kompromisssuchen beteiligt werden. | |
| Anlass war ein Vorgang Anfang 2011. Damals verhandelte der | |
| Vermittlungsausschuss über die Erhöhung der Hartz-IV-Sätze. Das | |
| Verfassungsgericht hatte eine Neuberechnung gefordert. Die Koalition aus | |
| Union und FDP hatte daraufhin im Bundestag eine Erhöhung um fünf Euro sowie | |
| ein Bildungspaket für Kinder beschlossen. | |
| Doch der Bundesrat, in dem Schwarz-Gelb die Mehrheit verloren hatte, | |
| blockierte. Die SPD forderte eine Erhöhung um elf Euro. Am Ende einigte man | |
| sich im Vermittlungsausschuss auf ein Plus von acht Euro in zwei Stufen, | |
| Verbesserungen beim Bildungspaket sowie einen Mindestlohn für Leiharbeiter. | |
| Der Vermittlungsausschuss soll Kompromisse zwischen Bund und Ländern | |
| finden, insbesondere wenn der Bundesrat einem zustimmungsbedürftigen Gesetz | |
| sein Plazet versagt. Dem Ausschuss gehören 32 Politiker an. Dabei entsendet | |
| jedes der 16 Bundesländer ein Regierungsmitglied. Weitere 16 Mitglieder | |
| schickt der Bundestag entsprechend der Fraktionsstärken. | |
| ## „Oppositionsrechte gezielt ausgehebelt“ | |
| Die Linke moniert nun den Ablauf der damaligen Verhandlungen. Denn der | |
| Vermittlungsausschuss richtete zunächst eine Arbeitsgruppe aus 18 | |
| Mitgliedern ein – zu der die Linke nicht eingeladen wurde. Die Linke erhob | |
| eine Organklage beim Bundesverfassungsgericht und stellte einen Eilantrag. | |
| Dann wurde die Linke an der Gruppe doch beteiligt, worauf der Eilantrag | |
| zurückgenommen wurde. | |
| Als die Arbeitsgruppe ergebnislos blieb, wurde ein informeller | |
| Gesprächskreis einberufen — wieder ohne die Linke. Die informellen | |
| Verhandlungen blieben ebenfalls erfolglos. Doch ein neuer informeller | |
| Anlauf brachte dann Mitte Februar 2011 die Einigung. | |
| Vier Jahre später verhandelte nun der Zweite Senat des | |
| Bundesverfassungsgerichts über den Fall. „Das Recht der Linken auf | |
| gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung wurde | |
| erheblich verletzt“, kritisierte Wolfgang Ewer, der Anwalt der | |
| Linksfraktion. | |
| ## „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“ | |
| Die anderen Parteien hatten den Ausschluss der Linken aus den Verhandlungen | |
| mit deren Fundamentalopposition gegen Hartz IV gerechtfertigt. Der Anwalt | |
| des Vermittlungsausschusses, Heinrich Amadeus Wolff, erklärte, es sei | |
| „ständige Praxis“, die Linke zu „informellen Gesprächskreisen“ des | |
| Vermittlungsausschusses nicht einzuladen. Rechte der Linken seien nicht | |
| verletzt. Bei der Diskussion und Abstimmung im Plenum des | |
| Vermittlungsausschusses sei die Linke ja beteiligt. | |
| Linken-Anwalt Ewer dankte für die „erfrischend deutliche“ Darstellung. Hier | |
| gelte das Motto „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“, wenn die Linke | |
| routinemäßig bei den eigentlichen Verhandlungen ausgeschlossen werde. Die | |
| Beteiligung an der Schlussabstimmung im Plenum komme viel zu spät. | |
| Ewer konnte sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2004 | |
| berufen. Damals entschied Karlsruhe, dass die Bundestagsbank im | |
| Vermittlungsausschuss „spiegelbildlich“ zu den Mehrheitsverhältnissen im | |
| Bundestag besetzt sein muss. Die Beteiligung im Plenum des | |
| Vermittlungsausschusses kann der Linken also nicht verweigert werden. Die | |
| Frage war, ob das für jede Arbeitsgruppe und jeden informellen Zirkel | |
| gelten muss. | |
| Andreas Voßkuhle, der Präsident des Verfassungserichts, deutete an, dass | |
| man auch für Arbeitsgruppen an der Spiegelbildlichkeit festhalten will. | |
| Ausnahmen könne es aber für kleine Gruppen „von nur drei oder fünf | |
| Personen“ geben. Für informelle Gespräche werde man kaum eine | |
| spiegelbildliche Besetzung fordern können. Das Urteil wird im Herbst | |
| erwartet. | |
| 20 May 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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