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# taz.de -- Sigmar Gabriels Vorschlag zum Kitastreik: Endlich Ernst machen
> Der Arbeitskampf der Erzieherinnen und Sozialpädagogen geht weiter. Nun
> stellt sich der SPD-Chef auf die Seite der Streikenden.
Bild: Töpfchen in Brandenburg: Die hängen dann jetzt erstmal nur rum.
BERLIN taz, dpa | Der Blick aus den blauen Kulleraugen klagt an, der
Schnuller im Mund signalisiert Stress – dem Kind auf dem Plakat ist ganz
eindeutig zum Heulen zumute. Eine Frau legt ihm tröstend die Hände auf den
Kopf. „Ohne seine Erzieherinnen geht gar nichts. Also bezahlt sie
anständig.“ So die Botschaft, die die Gewerkschaft Verdi zum Auftakt der
zweiten Streikwoche bundesweit plakatiert.
Ab dem heutigen Montag müssen das Plakatkind und seine Kumpels vorerst
wieder auf ihre ErzieherInnen verzichten. Die werden zu Kundgebungen in
München, Ludwigshafen und Leipzig erwartet. „Der Streik geht ganz normal
weiter“, sagt Norbert Hocke, Kitaexperte der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft (GEW), der taz. Mit dem Rückenwind der Medien und der Eltern
werde man sicher noch zulegen.
Allein in Nordrhein-Westfalen sind nach Angaben der Gewerkschaft am Montag
erneut etwa 1.000 Kitas betroffen, von denen der größte Teil geschlossen
bleiben soll. Auch im Südwesten Deutschlands sowie in Schleswig-Holstein,
in Sachsen und in Thüringen setzten die Erzieherinnen und Erzieher ihren
unbefristeten Arbeitskampf fort.
Nicht nur Kitas, auch Jugend- und Behinderteneinrichtungen in kommunaler
Hand bleiben zu. Für Stefan Hoppe, der einen Jugendtreff im bayerischen
Neuaubing leitet und Jugendliche etwa bei Bewerbungen berät, stehen dabei
nicht die Gehaltserhöhungen im Mittelpunkt – in seinem Fall gut 200 Euro.
„Wir müssen den Beruf des Sozialarbeiters deutlich aufwerten, damit er
attraktiv bleibt, und uns nicht in Zukunft die Arbeitskräfte fehlen.“
Hoppe hat allerdings das Gefühl, dass er und seine 55.000 KollegInnen im
kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst derzeit etwas untergehen. „Wir sind
nicht so sichtbar, wie wir das gern hätten“, sagt der Sozialpädagoge. In
den Medien sei meist die Rede vom „Kita-Streik“.
## Geschichten von gierigen Erziehern
Die GEW hatte gemeinsam mit dem Deutschen Beamtenbund und Verdi Ende April
zum unbefristeten Streik aufgerufen. Die Gewerkschaften wollen vor allem
ein höhere Eingruppierung der 240.000 Erzieherinnen und Sozialpädagogen
erreichen, die bei den Kommunen angestellt sind. Die Arbeitgeber lehnen das
mit Verweis auf leere Kassen ab.
Auch die Arbeitgeber agitieren daher. Ihre Geschichte handelt nicht von
traurigen Kindern, sondern von gierigen Erziehern. Der Erzieherberuf sei im
öffentlichen Dienst die am besten bezahlte Ausbildung, sagte der Chef der
kommunalen Arbeitgeberverbände, Thomas Böhle, der Süddeutschen Zeitung. Man
habe den Gewerkschaften nun Vorschläge unterbreitet, wonach Erzieherinnen
bis zu 443 Euro mehr verdienen würden.
Alles Lüge, ärgert sich GEW-Mann Hocke. Der Vorschlag der VKA beträfe nur
eine ganz kleine Gruppe der Streikenden. Man werde so lange streiken, bis
die Arbeitgeber ein Angebot machten, das substanzielle Verbesserung für
alle Kollegen brächte.
Der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel schlug
sich am Wochenende auf die Seite der ErzieherInnen. Der Streik biete die
Gelegenheit, endlich Ernst zu machen mit der anständigen Bezahlung in
traditionellen Frauenberufen. Um den Kommunen finanzielle Spielräume zu
eröffnen, schlägt Gabriel vor, dass der Bund die Unterbringung der
Flüchtlinge komplett übernimmt.
Damit bekräftigt Gabriel einen im Mai gefällten Beschluss des
SPD-Präsidiums. Dort geht man davon aus, dass Länder und Kommunen in diesem
Jahr 3,5 Milliarden für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen
ausgeben werden. Gabriel warnte aber davor, Erzieherinnen gegen Flüchtlinge
auszuspielen. „Das wäre sozialer Sprengstoff.“
18 May 2015
## AUTOREN
Anna Lehmann
Tobias Maier
## TAGS
Erzieher
Sigmar Gabriel
Streik
Kita
Kita-Streik
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