Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verteidigung des Krabbenbrötchens: Leider lecker!
> Ihr Fang ist ökologisch bedenklich, die Wege, die sie zurücklegen, sind
> absurd. Und doch werden sie weiter gefangen – und gegessen. Zu Recht,
> findet Lena Kaiser.
Bild: Krabben? Der "lieblichsten Geschmack, den das Meer hier zu bieten hat"!
HAMBURG/BREMERHAVEN taz | Auf Krabben lass ich nichts kommen.
Na gut, wer will sich schon nachsagen lassen, sich gegenüber vernünftigen
Argumenten zu versperren. Da ist das Leid der Tiere, jenes der
ArbeiterInnen, die Zerstörung der Meere und so fort.
Doch ohne das Elend der Erde lapidar abzutun, sei es einen Moment lang
beiseite geschoben. Blinde Flecken hat schließlich jeder – wie sich auch
jeder, so gut es eben geht, in seiner geschmacklichen Welt eingerichtet
hat. Spätestens dort, wo sich mir jemand erhobenen Zeigefingers in den Weg
stellt und in die Krabbensuppe spucken will, hört der Spaß auf.
Kulinarisch kann ich als Norddeutsche auf wenig bauen. Für mich verfügt die
Krabbe immer noch über den lieblichsten Geschmack, den das Meer hier zu
bieten hat. Wäre ich da nicht dumm, mich nicht wenigstens dann und wann an
einem Krabbenbrötchen oder einem anständigen Teller [1][Fischerfrühstück]
festzuhalten? Unter all den Krustentieren ist die Nordseekrabbe immer noch
die bodenständigste, aber eben auch die erste Wahl.
Immerhin, ich habe mich beim Pulen versucht – aber dann habe ich es wieder
verworfen. Es war der Fortschrittsgeist, der mir einmal versprochen hat,
dass solche Arbeiten künftig Maschinen erledigen. Übrig blieb, dass ich
mich seither im Fischladen brav erkundige, ob das Krabbenfleisch zufällig
aus einer der Maschinen kommt, die es hier irgendwo geben soll. Doch die
VerkäuferInnen winken stets ab.
Zugegeben, käme ich häufiger an Stoff, wahrscheinlich würde ich zugreifen.
„Das ist so ein Kindheitsding“, erklärt eine Freundin. Sie sähe immer noch
ihre Mutter neben der Oma auf der Küchenbank sitzen, vor ihnen der große
Haufen mit der Schale, und in der Schale das mühsam erpulte Krabbenfleisch.
Ein Bild, das erst über die Jahre schönfärbte, mochte sie die kleinen
Tierchen doch früher weder schmecken noch riechen.
Ich dagegen mochte sie zwar, aber zum rechten Genuss wuchs sich der
Krabbenkonsum auch erst mit der Zeit aus. Heute teilen wir ihn und es kommt
vor, dass sie mich anruft und fragt: „Kommst du zum Abendbrot vorbei? Ich
hab’ Krabben.“
Wie konnte die Krabbe bloß ihre Unschuld verlieren? Dass sie mir heute, von
wenigen Ausnahmen abgesehen, unter den Bedingungen des heutigen Weltmarktes
auf den Teller kommt, ist zwar bedauerlich – doch soll man mir nicht
ausgerechnet dann damit kommen, wenn es um meine Krabbenbrötchen geht.
Den ganzen Krabben-Schwerpunkt lesen Sie in der gedruckten
Norddeutschland-Ausgabe der taz.am Wochenende oder [2][hier.]
22 May 2015
## LINKS
[1] http://www.daskochrezept.de/rezepte/fischerfruehstueck_207683.html
[2] /ePaper/!p4350/
## AUTOREN
Lena Kaiser
## TAGS
Esskultur
Nordsee
Fischerei
Essen
Industrialisierung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fangmenge von Nordseekrabben: Wird das Krabbenbrötchen zum Luxus?
Ein Brötchen mit Krabben kostet mitunter 15 Euro. Andere Betriebe bieten
sie nicht mehr an, verzichten auf Gewinn oder servieren nur geringe Mengen.
Alltagsforscher übers Abendbrot: „Der ganze Tag kommt auf den Tisch“
Das Abendbrot kennt keine Hierarchien. Es ist die demokratische Mahlzeit
schlechthin, finden zwei Alltagsforscher.
Die Erfindung der Schälmaschine: Der Traum vom Pulautomaten
Alwin Kocken hat sein Leben mit Krabben verbracht. Erst als Fischer, dann
als Ingenieur. Er hat erfunden, wovon viele träumen: eine Maschine, die
Krabben schält. Dennoch verdient er keinen Cent damit
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.