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# taz.de -- Europawahl in Deutschland: Die Kleinen sind die Größten
> Die drei kleinen Parteien Grüne, Linke und FDP haben alle zugelegt. Vor
> allem die FDP konnte ihr Ergebnis im Vergleich zu 2004 stark verbessern.
Bild: Sieger lächeln: Silvana Koch-Mehrin und Guido Westerwelle.
BERLIN taz | Klarer Gewinner der Europawahl - zumindest unter den kleinen
Parteien - war am Sonntag die FDP. Sie konnte nach dem vorläufigen
amtlichen Endergebnis 11 Prozent der Wählerstimmen gewinnen – ein satter
Zuwachs um fast fünf Prozent. Die Grünen legten mit 12,1 Prozent ganz
leicht zu, und die Linken kamen auf deutlich mehr mit 7,5 Prozent.
FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte sich strahlend und hocherfreut über das
beste Europawahl-Ergebnis in der Geschichte der Liberalen. "Keine Partei
hat so zugelegt wie wir", sagte er am Sonntagabend in Berlin. "Freude
schöner Götterfunken", jubelte er. Bei der letzten Europawahl 2004 hatte
die FDP noch bei 6,1 Prozent gelegen.
Westerwelles Amtsvorgänger Wolfgang Gerhard wertete das Resultat als gutes
Zeichen für die Bundestagswahl. Es bedeute, dass die Aussichten für ein
Regierungsbündnis von Union und FDP für die Bundestagswahl gut ständen,
sagte er in der ARD. "Wir sind auf einem guten Weg."
Auch die Grünen zeigten offene Freude: Sie blieben auf hohem Niveau stabil
und damit drittstärkste Kraft. Sie übertrafen ihr bisheriges Bestergebnis
von 2004 noch einmal um 0,2 Prozentpunkte.
Sie waren überzeugt, dass man in dieser wirtschaftlich schlechten Zeit
einen Green-New-Deal braucht - und Armut, Klimawandel und Rezession
zugleich bekämpfen kann. Darum plakatierten sie die Republik mit dem
Slogan: "Mit Wums! für ein besseres Europa".
Auch wenn sie für den Kunstbegriff "Wirtschaft, Umwelt, Menschlich und
Sozial" viel belächelt wurden - bei der Stammklientel kam die Botschaft
offenbar an. Mit "Wums" kamen die Grünen auf ein "saustarkes Ergebnis",
sagte die Wahlkampfleiterin Steffi Lemke.
Bisher waren die deutschen Grünen mit 13 Abgeordneten im Europaparlament
vertreten, dabei wird es in etwa bleiben. Rebecca Harms ist eine von ihnen.
Die niedersächsische Anti-Atomaktivistin sagte am Sonntag auf der grünen
Wahlparty in der Berliner Heinrich-Böll-Stiftung: "In der Krise zählt nicht
die Konkurrenz der Nationalstaaten sondern das Zusammen." Die Grünen seien
die einzige Partei, die wirklich auf Europa setze.
Harms war schon fünf Jahre Europaabgeordnete, stand an der Spitze der
Kandidatenliste, vor Ex-Parteichef Reinhard Bütikofer. Bütikofer geht als
Newcomer nach Straßburg - und freut sich drauf. Er ist überzeugt: "Es wird
eine europäische grüne Fraktion geben, die stärker ist als je zuvor." Die
Grünen schneiden bei Europawahlen traditionell ganz gut ab. Sie können ihre
Klientel zur Stimmabgabe motivieren - das macht sich bei einer geringen
Wahlbeteiligung besonders bemerkbar.
Dazu kam allerdings etwas Neues: Die Financial Times Deutschland hat vor
wenigen Tagen erstmals eine grüne Wahlempfehlung ausgesprochen, die war
bisher schwarz oder gelb. Den Grünen wird in diesen schlechten Zeiten von
neuer Seite etwas zugetraut. Richtig hinzugewinnen konnten die Grünen darum
aber nichts.
Die Partei selbst hatte vor allem um jene geworben, die sich von ihnen in
rot-grünen Regierungszeiten abgewandt hatten - mit Prominenz aus der
außerparlamentarischen Bewegung. Sie hievten Sven Giegold, den Mitbegründer
von Attac-Deutschland, auf Platz vier der Europaliste und Barbara
Lochbihler, die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty
International auf Platz fünf. Dazu holten sie den DDR-Bürgerrechtler Werner
Schulz ins Europateam und für die jüngeren Wähler auch die 27-jährige Ska
Keller aus Brandenburg.
Die Grünen wollen für die Bundestagswahl den Platz drei, hinter den
Konservativen und den Sozialdemokraten, sagte Bütikofer. Ob sie bei ihrem
Slogan "Wums" bleiben, wissen sie aber noch nicht.
Diesmal wird es eine richtige Party werden - die Linke wollte das Ergebnis
für die Europawahl nicht mehr in der engen grauen Parteizentrale feiern,
sondern zog in den Szenetreffpunkt Kulturbrauerei in Berlin-Prenzlauer
Berg. Mehr Pop, weniger Gewerkschaftssound und verkniffene Kämpferposen.
Das hätte auch klappen könne, hätte die Partei auch nur annähernd ihr
Wahlziel erreicht: 10 Prozent plus X. Doch bei 7,5 Prozent war Schluss.
2004 war sie nicht angetreten, dafür erhielt aber die PDS 6,1 Prozent.
Lother Bisky, Parteichef und Spitzenkandidat für die Europawahl versuchte,
das Ergebnis in einen Sieg umzureden. "Wir haben als Linke zugelegt, das
ist nicht selbstverständlich", sagte Bisky. Das klang wenig inspiriert,
aber das war egal, sein Publikum klatschte trotzdem nach jeder Pause artig.
7 Jun 2009
## AUTOREN
N. Janz
H. Gersmann
D. Schulz
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