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# taz.de -- CCC-Jahreskongress in Berlin: Clubmate, Kabel und Computer
> Die Hacker-Bewegung ist vielfältig. Der CCC ist längst zu einer
> professionell arbeitenden Lobby-Organisation geworden, den schrägen
> Charme eines Hackerclubs hat er sich erhalten.
Bild: Hat mit dem eigentlichen Mate-Tee nur noch das Aufputschen gemeinsam: Clu…
Der 3-D-Drucker druckt Drachen. Drachenköpfe aus klebrigem Plastikharz.
"Nein, Katzen gibts nicht. Nächstes Jahr vielleicht", sagt Jonas. Kein
Wunder, das diesjährige Motto lautet ja auch "here be dragons".
Im BCC, einem Kongresszentrum am Berliner Alexanderplatz, findet
alljährlich zwischen Weihnachten und Silvester der Kongress des Chaos
Computer Clubs (CCC) statt. In diesem Jahr sind mehr als 3.000 Teilnehmer
gekommen, die Vier-Tages-Karten waren schon am frühen Mittag des ersten
Tages ausverkauft.
Saal 1, Hacker-Jeopardy. Am Ende zieht doch einer den Fefe-Joker.
"Vertraust du Fefe?", fragt der Moderator noch. Sicherheit und Vertrauen
sind wichtig, manche kommunizieren nur verschlüsselt selbst mit denen,
denen sie vertrauen können. Fefe heißt mit bürgerlichem Namen Felix von
Leitner, kennt sich mit IT-Sicherheit aus und betreibt ein unter Hackern
sehr beliebtes Blog mit "schönen Verschwörungslinks".
Beim Hacker-Jeopardy geht es um Erkennungsmelodien von Computerspielen, um
Mikrocontroller, Programmiersprachen, Politik und um die CCC-Geschichte.
Und da kann Fefe dann tatsächlich helfen: Der 15C3, der 15. Chaos
Communication Congress, fand 1998 "schon in Berlin" statt - und "nicht mehr
in Hamburg".
Der Gewinner darf sich aussuchen, ob er eine "Zensurbrille" oder eine
RFID-Schutzhülle für seinen Reisepass möchte. Alles gesponsert vom Foebud
(Verein zur Förderung des öffentlich bewegten und unbewegten
Datenverkehrs), ein dem CCC nahe stehender Bürgerrechtsverein.
Auch der AK Vorratsdatenspeicherung ist wie der Foebud mit einem Infostand
vor Ort, außerdem bietet der "AK" beim Kongress Vernetzungstreffen und
Aktionen an. Dieses Jahr ist es die Aktion "Here be Orwell - Happy New
1984", die via Twitter verbreitet wird. Bastelmaterialien gibt es "am
AK-Vorrat-Stand im Erdgeschoss beim Saal 3".
Foebud, Piraten, AK Vorratsdatenspeicherung, AK Zensur: "Inzwischen gibt es
immer mehr Gruppen, die sich mit unterschiedlichem Fokus für digitale
Freiheiten einsetzen", sagt ein langjähriger CCCler erfreut. Die Bewegung
hat an Schwung gewonnen, vor allem dank der seit diesem Sommer laufenden
"Zensursula"-Debatte.
Der CCC hat beim Thema Netzpolitik Pionierarbeit geleistet. Thematisch hat
sich seit der Gründung im Jahr 1981 wenig geändert, seit jeher setzt man
sich gegen Überwachung und für Informationsfreiheit ein. Ziviler Ungehorsam
wie einst die Benutzung illegaler Modems gehört genauso zum
Selbstverständnis der Computer-Hacker wie der Diskurs über die Auswirkungen
von Computer und Technik auf die Gesellschaft. "Wenn ihr keinen Bock auf
Politik habt, macht wenigstens gute Software!", ruft CCC-Sprecher Frank
Rieger der versammelten Community in der Keynote, dem Auftaktvortrag, zu.
Systeme wie Wikileaks, Wikipedia oder der Anonymisierungsdienst Tor seien
technisch noch verbesserungswürdig.
"Man könnte den Eindruck gewinnen, das Einzige, was zwischen uns und dem
Überwachungsstaat steht, sind die technische Inkompetenz der Überwacher und
das Bundesverfassungsgericht", sagt Rieger. Er fordert überdies eine
öffentlich finanzierte, vom Staat unabhängige "Stiftung Datenschutz" sowie
einen "Datenbrief".
Das ist pure Realpolitik: Eine Stiftung Datenschutz findet sich auch im
schwarz-gelben Koalitionsvertrag. Früher forderte der CCC wolkig "Internet
für alle" - heutzutage ist der Club realistischer und betreibt profanes
Politik-Lobbying. Laut Andreas Bogk vom CCC soll Gesundheitsminister Rösler
die Gesundheitskarte "auf die in der Anhörung von uns gemachten Vorschläge
beschnitten" haben.
Ab in den Keller. Da findet "Orgy in progress" statt. Die Orgien-Warnung
soll aber nur dazu motivieren, die Tür zu schließen, damit Tabak- und
Cannabisrauch nicht von der Lounge ins "Hackcenter" ziehen können. In der
Lounge spielen Berliner DJs Tag und Nacht elektronische Musik ab, an den
Wänden zucken Visuals. Dicht an dicht auf den Sofas sitzen Hacker und
Haecksen mit Laptops auf den Knien, auf den Tischen davor Clubmate, Kabel
und Aschenbecher. Wenn einer geht, füllt sich der leer gewordene Platz wie
von selbst auf. Am Rand die Bar, da wird "Chunk" getrunken, ein Cocktail,
gemixt aus Clubmate mit Rum.
"Kann ich dir jemand vorstellen", heißt es in der Lounge häufig. Genauso
wichtig wie die netzpolitischen und technischen Vorträge und Workshops ist
das Netzwerken. Gerade kommt einer von "la quadrature du net" vorbei, einer
französischen Aktivistengruppe, die sich für Netzneutralität einsetzt. Er
hat einen von der französischen Anti-Wahlcomputer-Kampagne mitgebracht.
30 Dec 2009
## AUTOREN
Julia Seeliger
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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