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# taz.de -- Zensur und Überwachung: Chinas Cyberkrieg gegen die Welt
> Seit Jahren betreibt China systematisch elektronische Spionage. Der
> Zweck: politische Gegner aushorchen und technologisch zum Westen
> aufschließen.
Bild: Japanische Journalisten während der olympischen Spiele 2008 in Peking. J…
BERLIN taz | Von einer "außerordentlich raffinierten und gezielten Attacke"
zur Ausforschung von Regimekritikern spricht der Internetkonzern Google,
ohne dabei die mutmaßlichen Verantwortlichen namentlich zu benennen. Doch
auch so deutet vieles auf eine Urheberschaft der chinesischen Regierung
hin.
Ein aggressiver Cyberkrieg um Informationen zählt seit langem zu den
Kernstücken der chinesischen Militärstrategie und ist seit 2003 auch
offizielle Parteilinie. Damals beschloss das Zentralkomitee der
Kommunistischen Partei das Konzept der "dreifachen Kriegsführung". Dieses
betont, dass eine frühzeitige Dominanz in der elektronischen Kriegsführung
die zentrale Voraussetzung für jeden militärischen Erfolg ist. Dazu gehören
psychologische Maßnahmen, um Gegner der Volksrepublik "zu schocken und zu
demoralisieren" und von Maßnahmen abzuhalten, "Standpunkte zu verfolgen,
die sich gegen die Interessen Chinas wenden".
Chinesische Cyberangriffe gegen politische Aktivisten sind hinlänglich
dokumentiert. So analysiert der britische Forscher Ross Anderson in einer
Studie detailliert, wie der chinesische Geheimdienst die tibetische
Opposition aushorchte, indem er "Rootkit"-Spionage-Programme in die
Bürocomputer des Dalai Lama einschleuste.
"Seit dem Jahr 2004 verfolgt China für seine elektronischen
Schnüffelaktivitäten das Konzept des ,informationellen Erstschlags' ",
schreibt Timothy Walton vom Center for Advanced Defense Studies in seiner
Analyse der chinesischen Streitkräfte. "China will damit nicht nur die
militärische und politische Hegemonie der USA brechen, sondern auch ihre
mediale und kulturelle Vorherrschaft."
Experten gehen davon aus, dass das Land insbesondere im Internet mit großem
personellen und technischem Aufwand alle Formen der elektronischen Spionage
und Sabotage einsetzt. So sollen chinesische Militärhacker 2007 der
Financial Times zufolge einen Teil des EDV-Systems im Büro des damaligen
Verteidigungsministers Robert Gates zum Einsturz gebracht haben. Im selben
Jahr kam es in Deutschland zum Eklat, als auf zahlreichen Computern im
Kanzleramt und im Wirtschaftsministerium chinesische Spionageprogramme
gefunden wurden.
Zentral ist für China nach Auffassung des Bundesamtes für Verfassungsschutz
die Wirtschaftsspionage. Mit ihrer Hilfe wolle man den technischen
Vorsprung des Westens bis zum Jahr 2020 aufholen. "Chinesische
Ausspähattacken sind eine echte und konkrete Bedrohung", sagt Burkhard
Even, der die Spionageabwehr in der Behörde leitet. Die Ende 2009 von
Spiegel Online kolportierte Zahl von 30.000 Personen, die allein in
Deutschland für chinesische Geheimdienste tätig sein sollen, wies der
Verfassungsschutz auf Nachfrage der taz aber zurück: "Uns liegen keine
Erkenntnisse über die Zahl der Mitarbeiter vor", sagte eine Sprecherin.
Chinas Cyberwar verursacht insbesondere bei innovativen Mittelständlern,
deren Sicherheitsmaßnahmen oft unzureichend sind, Milliardenschäden durch
den Know-how-Diebstahl. Dabei beschränkt sich elektronische Spionage
beileibe nicht nur auf China. Auch westliche Geheimdienste und insbesondere
die USA bedienen sich der Technik. "Das geht so weit, dass sich kriminelle
Hacker darauf spezialisiert haben, extra Software zur Internetspionage zu
schreiben. Nicht nur für Geheimdienste, sondern auch für Unternehmen, die
andere Unternehmen ausspionieren", sagt Jürgen Kuri von der
Computerzeitschrift ct.
Mit einem Anteil von 38 Prozent an allen globalen kriminellen
Internetaktivitäten werden die meisten dieser Straftaten noch immer aus den
USA verübt. China liegt mit einem Anteil von 13 Prozent auf Platz zwei, hat
die Internetsicherheitsfirma Symantec ermittelt.
14 Jan 2010
## AUTOREN
Tarik Ahmia
Tarik Ahmia
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Schwerpunkt Überwachung
China
Schwerpunkt Überwachung
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