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# taz.de -- Kritik aus Wirtschaftsflügeln: Vier Minister für Datenbrief
> Der "Datenbrief" findet immer mehr Unterstützung - schon vier Minister
> haben sich für ihn ausgesprochen. Dem schwarz-gelben Wirtschaftsflügel
> passt das gar nicht.
Bild: Widerstand vom Wirtschaftsflügel der schwarz-gelben Koalition.
Bis vor kurzem war der Datenbrief kaum mehr als eine kuriose Forderung von
Datenschützern und dem Chaos Computer Club. Originell, sympathisch, aber
mit wenig Chance auf Realisierung. Doch in den vergangenen Tagen haben
gleich vier Ministerinnen und Minister der Bundesregierung Unterstützung
für das Vorhaben signalisiert.
Am Wochenbeginn hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)
angekündigt, Vertreter der Netz-Community, des Datenschutzes und der
Wirtschaft einzuladen, um ein Konzept für einen Datenbrief zu erarbeiten.
Daraufhin hatten auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
(FDP), Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) und Familienministerin
Kristina Schröder (CDU) Unterstützung für den Vorschlag signalisiert.
Doch jetzt kommt Widerstand vom Wirtschaftsflügel der schwarz-gelben
Koalition. Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der
Unionsfraktion, warnte davor, ein "bürokratisches Monstrum" zu schaffen.
"Für die Betriebe entsteht dadurch ein beträchtlicher Mehraufwand, der auch
mit erheblichen Kosten verbunden ist", sagte er der taz. Denkbar sei daher
eher, dass die Bürger "nur bei einem begründeten Anlass ihre Daten von den
Unternehmen einfordern können". Was genau das bedeutet, ließ er offen.
Fast wortgleiches ist auch von Kurt Lauk, Präsident des
CDU-Wirtschaftsrates, zu hören. "Ein jährlicher Datenbrief würde zu
unverhältnismäßigem Aufwand für die Unternehmen führen", sagte er der taz.
"Dem Kunden dagegen droht, dass er nicht nur zwangsweise mit Informationen
überschwemmt wird, sondern dass vor allem die zusätzlichen Kosten auf ihn
abgewälzt werden."
Aufgeschlossener, aber dennoch skeptisch ist Hermann Otto Solms,
Vorsitzender des Arbeitskreises Wirtschaft und Finanzen der
FDP-Bundestagsfraktion. Er findet zwar, dass die Auskunftsmöglichkeiten der
Bürger ausgeweitet werden müssen. "Jeder Bürger muss unbürokratisch
erfahren können, welche seiner personenbezogenen Daten gespeichert werden",
sagte er der taz. "Jedoch gilt es, intensiv zu prüfen, ob ein jährlich zu
verschickender Brief hier das Mittel der Wahl ist."
Der Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, hält den Datenbrief dagegen
für eine gute Idee. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung sei es
richtig, dass Behörden und Unternehmen von sich aus die Bürger darüber
informieren sollten, welche Daten über sie gespeichert sind, sagte er am
Dienstag in Berlin.
"Die Grundidee des Datenbriefs ist sehr gut", sagt auch Thilo Weichert,
Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein. Denn vor allem an Stellen,
an denen Daten ohne das Wissen der Betroffenen gespeichert würden, sei mehr
Transparenz nötig: Bei Auskunfteien, Detekteien oder Adresshändlern.
Aber jedes Jahr ausnahmslos von jeder Behörde und von jedem Unternehmen,
das Daten der Bürger speichere, einen Auszug zugeschickt zu bekommen, hält
Weichert für übertrieben. "Den Bürgern Banalitäten mitzuteilen, macht
keinen Sinn", sagte er der taz. Etwa, wenn ein Telefonunternehmen jährlich
die Kunden darüber informieren müsste, dass es die Adresse und
Telefonnummer gespeichert hat. Das wäre dann aus Sicht von Weichert nur
eines: "Ein Beschäftigungsprogramm für die Post."
4 Mar 2010
## AUTOREN
Wolf Schmidt
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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