# taz.de -- Globale Kooperation: Daimler traut sich wieder | |
> Daimler wagt eine neue Ehe mit den Automobilherstellern Renault und | |
> Nissan. Chef Dieter Zetsche will zwei Milliarden Euro sparen und die | |
> Smart-Sparte stärken. | |
Bild: Ein neuer Anlauf für Daimler nach vielen gescheiterten Ehen. | |
Daimler-Chef Dieter Zetsche versuchte, die bösen Geister der Vergangenheit | |
kühl und analytisch zu vertreiben. "Offen gesagt, während ich die | |
Kooperation heute bekannt gebe, haben wir bereits mehr gemeinsame Projekte | |
als nach neun Jahren zwischen Chrysler und Daimler", sage Zetsche am | |
Mittwoch in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. | |
Es geht für den Stuttgarter Autokonzern um einen neuen Anlauf nach vielen | |
gescheiterten Ehen in den vergangenen Jahren. Am Mittwoch besiegelte | |
Daimler eine Kooperation mit Renault-Nissan. Beide Seiten wollen in den | |
nächsten fünf Jahren jeweils 2 Milliarden Euro einsparen, vor allem über | |
eine bessere Auslastung der Werke: Renault soll kleine Motoren für den | |
Smart oder die A- und B-Klasse liefern, Daimler dafür für die Limousine | |
"Infiniti" des neuen Partners. Zudem will Daimler Vans ab 2012 einen neuen | |
Stadtlieferwagen im Renault-Werk in Maubeuge fertigen. | |
Vor allem aber will Daimler in den Markt für Kompaktwagen. Ab 2013 sollen | |
gemeinsam entwickelte Modelle des Smart Fortwo und des Renault Twingo auf | |
den Markt - auf Basis des Smart-Designs. Auch Varianten mit Elektroantrieb | |
soll es geben. Die Zweisitzer sollen im Smart-Werk im französischen | |
Hambach, die Viersitzer im Renault-Werk im slowenischem Novo Mesto gebaut | |
werden. Zwar schreibt Smart schwarze Zahlen, allein würde Daimler mit dem | |
Smart künftig aber nicht auf die nötige Stückzahl kommen, um | |
überlebensfähig zu sein, sagte Zetsche. Auch für Renault-Nissan-Chef Carlos | |
Ghosn lohnt sich der Einstieg: "Daimler ist für uns der optimale Partner. | |
Wir profitieren alle voneinander." Um die Ehe zu besiegeln, erhält Daimler | |
je 3,1 Prozent an Renault und Nissan. 1,55 Prozent Daimler-Anteile gehen | |
jeweils an die beiden anderen Partner. | |
Eine Fusion stand nie zur Debatte, wohl auch weil Daimler ein gebranntes | |
Kind ist. Die "Hochzeit am Himmel" zwischen Chrysler und Daimler 1998 | |
kostete den damaligen Daimler-Chef Jürgen Schrempp 40 Milliarden Dollar. | |
Ein Milliardengrab, das Zetsche 2007 beendete und noch 2009 die Bilanz | |
belastete. Auch Beteiligungen an Hyundai und Mitsubishi im Jahr 2000 auf | |
dem Weg zur selbst ernannten "Welt-AG" endeten 2005 mit | |
Milliardenverlusten. Allerdings brauchte Daimler angesichts der Konkurrenz | |
dringend einen Partner: VW hält 20 Prozent an Suzuki, Fiat 20 Prozent an | |
Chrysler, Toyota kooperiert mit Mazda, Mitsubishi baut mit Peugeot | |
Elektroautos und BMW mit den Franzosen Motoren. | |
Renault hat mit Allianzen ohnehin gute Erfahrungen: Vor elf Jahren stiegen | |
die Franzosen als größter Anteilseigner bei Nissan ein. Das damals marode | |
Unternehmen ist heute ertragreich. Dabei ist Renault-Nissan nicht unbedingt | |
erste Wahl. Mit Massenherstellern wie Volkswagen und Fiat sprachen die | |
Stuttgarter nach Presseberichten erfolglos. Und mit Wunschpartner BMW kommt | |
die Zusammenarbeit bisher nicht über Randbereiche hinaus. Am Ende blieb | |
wohl nur Renault als Partner übrig. Zu groß war der Druck auf Daimler, im | |
Kleinwagenbereich endlich einen Partner zu finden. | |
Keine Rolle haben bei der Zusammenarbeit die CO2-Grenzwerte der EU | |
gespielt. Ab 2012 dürfen die Neuwagen eines Autobauers im Schnitt nur noch | |
120 Gramm pro Kilometer ausstoßen. Hersteller können sich aber zu einer | |
"Emissionsgemeinschaft" zusammenschließen, die auch nicht an eine | |
wechselseitige Beteiligung gebunden ist. Sowohl Ghosn als auch Zetsche | |
gaben aber an, die Emissionseinsparungen in ihrer Flotte selbst erreichen | |
zu wollen. | |
Das größte Kapital von Daimler ist ohnehin der Markenname. Kunden zahlen | |
für einen Mercedes bei gleicher Motorisierung und Ausstattung bis zu 37 | |
Prozent mehr als für einen Toyota. Zetsche baute einer eventuellen | |
Verwässerung der Marke schon mal vor: "Wir werden Sorge dafür tragen, dass | |
ein Mercedes ein Mercedes bleibt." | |
8 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
Ingo Arzt | |
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Chrysler | |
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