# taz.de -- Kommentar Mercedes: Mercedes wird Volkswagen | |
> Es zählt nur das Design, der sogenannte Markenkern wird zur | |
> Auto-Suggestion. | |
Bild: Vorstands-Chef Dieter Zetsche wähnt sich trotz Strafe auf der sicheren S… | |
Als Daimler noch eine Welt-AG sein wollte und die Fusion mit Chrysler | |
bekannt gab, musste der damalige Konzernchef Jürgen Schrempp immer wieder | |
ein Versprechen abgeben: Niemals werde ein billiges Chrysler-Teil in einen | |
Mercedes eingebaut. Denn die Aktionäre hatten Angst vor Kratzern im | |
hochglanzpolierten Edel-Image der Marke, die für sich in Anspruch nimmt, | |
die besten Autos der Welt zu bauen. | |
Welt-AG war gestern, dem jetzigen Daimler-Chef Zetsche reichen | |
Kooperationen. Und dass die kleineren Mercedes-Modelle künftig mit | |
Renault-Technik angetrieben werden, scheint auch niemanden mehr zu stören. | |
Und tatsächlich ist es gut, wenn das Daimler-Management nicht mehr nur | |
selbstverliebt auf seine eigenen Ingenieure schaut, die sich in der | |
Vergangenheit zweimal ziemlich vertan haben. Statt auf Hybrid setzten sie | |
weiterhin auf den Diesel und statt eines serienreifen Elektroantriebs wurde | |
ein Brennstoffzellenprototyp nach dem anderen entwickelt. | |
Wenn der Daimler-Vorstand durch Kostendruck und andere Kundenwünsche nun | |
dazu gezwungen wird, seine Kompetenz bei bezahlbaren umweltfreundlichen | |
Motoren zu verbessern, gibt es keinen Grund, dem technischen Hygienefimmel | |
der vergangenen Jahrzehnte nachzutrauern. Denn die Automobilproduktion ist | |
schon lange globalisiert, Toyota, Peugeot und Citroën bieten zum Beispiel | |
das technisch exakt gleiche Auto unter verschiedenen Namen an, und die | |
Plattformstrategie von Volkswagen wird längst weltweit kopiert. Jeder weiß, | |
dass Audi, Seat, VW und Skoda sich unterm Blechkleid in weiten Teilen | |
gleichen. | |
Und dennoch kauft nicht jeder die billigere Variante aus den Werken in | |
Osteuropa oder Spanien, sondern wählt Golf oder A 3. Den Marketingleuten | |
und den Markenfans scheint es egal zu sein, ob es tatsächlich noch einen | |
Vorsprung durch Technik gibt. Wichtiger sind Image und Status, die dem | |
Käufer allein durch die Aufladung einer Marke verliehen werden. | |
Damit dieses Spiel weiter funktioniert, müssen die Konzerne viel Geld für | |
Marketing und Werbung ausgeben, gleichzeitig drücken sie die Kosten bei der | |
Forschung und Entwicklung und suchen ihr Heil in Technikkooperationen. Die | |
Verpackung ist wichtiger als der Inhalt, der sogenannte Markenkern wird zur | |
Auto-Suggestion. | |
8 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Stephan Kosch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Umweltstrafen und Iran-Engagement: Daimler will sich bessern | |
Die nächste S-Klasse soll ein Drei-Liter-Fahrzeug sein, verspricht | |
Daimler-Chef Zetsche den Aktionären. Zudem zieht sich das Unternehmen aus | |
dem Iran zurück. | |
Nach blutigen Unruhen: Machtwechsel in Kirgistan | |
Laut kirgisischen Medien hat der autoritäre Präsident Bakijew sein Amt | |
aufgegeben. Die Opposition kontrolliert die Hauptstadt Bischkek und | |
Ex-Außenministerin Otunbajewa führt die Übergangsregierung. | |
Globale Kooperation: Daimler traut sich wieder | |
Daimler wagt eine neue Ehe mit den Automobilherstellern Renault und Nissan. | |
Chef Dieter Zetsche will zwei Milliarden Euro sparen und die Smart-Sparte | |
stärken. |