| # taz.de -- Tod von Malcolm McLaren: Vielen Dank für den Punk! | |
| > Als Manager der Sex Pistols verband Malcolm McLaren Kunst und Mode, Pop | |
| > und Gesellschaftskritik. Am Donnerstag ist er 64-jährig einer | |
| > Krebserkrankung erlegen. | |
| Bild: "Unstillbarer Hass aufs Fernsehen": Malcolm McLaren. | |
| Schon im Bandnamen Sex Pistols steckt ein Verweis auf Malcolm McLaren. Es | |
| ist der Name der Boutique "Sex", die er mit seiner damaligen Partnerin, der | |
| Modedesignerin Vivienne Westwood, in den Siebzigerjahren in der Londoner | |
| Kings Road eröffnen. | |
| Heute sind die Verbindungen zwischen Mode, Kunsttheorie und den Insignien | |
| der Popkultur auch im Mainstream verbreitet. Von den Pet Shop Boys über die | |
| Künstlerin Tracy Emin bis zum Modemacher Helmut Lang - viele beherrschen | |
| das Spiel mit den Bezügen aus Mode, Kunst und Pop, das mit Andy Warhol und | |
| Velvet Underground begann und von Malcolm McLaren und Vivienne Westwood | |
| radikalisiert wurde. Der 1946 als Kind einer jüdischen Mutter geborene | |
| McLaren besucht namhafte Kunsthochschulen. Er ist ein Produkt der | |
| Hippiekultur, von der er sich zu Beginn der Siebziger emanzipiert. 1974 | |
| versucht er erfolglos, die US-Glamrockband New York Dolls zu Stars zu | |
| machen. | |
| Zurück in London, lesen McLaren und Westwood die späteren Mitglieder der | |
| Sex Pistols in ihrer Boutique auf. "Londoner Teenager aus Finsbury Park und | |
| Shepherds Bush: Wir hassen alles", beschreibt McLaren die Band 1976 in | |
| einer Pressemitteilung. | |
| McLarens Ambitionen als Bandmanager sind ein ironischer Bezug auf die | |
| Fünfzigerjahre, die Flegeljahre der Popkultur, als manipulative Impresarios | |
| Rock-n-Roll-Sänger mit stereotypen Künstlernamen instrumentalisieren, um in | |
| den Charts zu landen. McLaren treibt die Umformung von Künstleridentitäen | |
| auf die Spitze: Was zuvor Duffy Power oder Billy Fury heißt, wird 1976 zu | |
| Johnny Rotten oder Sid Vicious. | |
| Hinzu kommt das Outfit der Pistols: Aus der S/M-Subkultur entlehnte enge | |
| Bondage-Hosen, Sicherheitsnadeln, zerrissene T-Shirts von Mainstream-Bands, | |
| deren Logos übermalt sind, dazu Creepers genannte Schuhe mit dicker | |
| Kreppsohle. Alle anderen tragen die Haare lang und die Hosen weit, die Sex | |
| Pistols sehen mit ihren Stachelhaaren wie Aliens aus. Als Antihelden | |
| entfachen sie mit ihrer Musik einen unglaublichen gesellschaftlichen | |
| Aufruhr. Inzwischen ist die grelle Inszenierung im Pop allgemein anerkannte | |
| Kulturtechnik. | |
| Pop ist Mitte der Siebzigerjahre klinisch tot. Ein saturierter Haufen | |
| beherrscht das Geschäft. Die Sex Pistols machen Schluss damit, spielen | |
| brachial laut zu zynischen Texten. "Your future dream is a shopping scheme" | |
| ("Dein Zukunfstraum ist ein Marketingplan"), singen sie in "Anarchy in the | |
| UK". McLaren nutzt ihre jugendliche Devianz, er hat ein Näschen für den | |
| medial inszenierten Krawall. "Was mich mit den Sex Pistols verbunden hat, | |
| waren Langeweile und unstillbarer Hass aufs Fernsehen", wird McLaren später | |
| sagen. | |
| Punk ist zutiefst antiautoritär, und McLaren bringt diese Haltung in den | |
| Massenmedien zur Explosion, inszeniert Pressekonferenzen vor dem Buckingham | |
| Palace und schickt die Band am Geburtstag der Queen auf Bootstour. Punk ist | |
| zugleich abgestoßen und fasziniert von den Massenmedien. Das ist etwas, was | |
| Malcolm McLaren von den französischen Situationisten gelernt hat. "Er hasst | |
| alles, was orthodox ist", hat Vivienne Westwood einmal über Malcolm McLaren | |
| gesagt. Am Donnerstag ist er 64-jährig einer Krebserkrankung erlegen. | |
| 10 Apr 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Julian Weber | |
| Julian Weber | |
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